Wenn „Vintage“ eine Krankheit wäre, bietet uns der Rapper SVRL aus Wuppertal mit seinem Free-Album „Morpus Vintage“ einen beispielhaften Befall davon.
Herkunft, Symptome und Verlauf werden bereits im 1-minütigen Titeltrack/ Intro klargemacht. Nach einer zarten Eröffnung in die altehrwürdige Zeit folgt mit „Alles Okay“ die volle „Vintage-Klatsche“ – eine Hommage an die Oldschool. Nach einer kurzen angeordneten Auszeit überzeugt der Wuppertaler auf „Wie’s Früher War“ und „Wir brauchen Patina“ (dt. „dünne Schicht“) vollends als Oldschooler. Spätestens auf hier wird deutlich, dass SVRL über einen ausgeprägten Wortschatz verfügt und weiß ihn auch gekonnt einzusetzen.
Im Folgenden wechselt die thematische Richtung des Albums. Allerdings nur textlich, dreht SVRL die Zeit wieder ins Hier und Jetzt und behandelt auf „Getrieben & Rastlos“ aktuelle Generationsprobleme wie Unsicherheit, die Globalisierung, das Gefühl von wirtschaftlicher Ersetzbarkeit, der Wunsch, mit dem eigenen Umfeld mithalten zu wollen usw. In „Subkutis“ (dt. Unterhaut) gewährt uns der Rapper einen kleinen Einblick in sein Inneres und reflektiert, weswegen er so geworden und dass er auch nur ein Teil der eben erwähnten Generation ist. Einen Lösungsansatz aus dieser Misere gibt es auf „Weit Weg“ – die Sorgen einfach mal hinter sich lassen und weg!
DOWNLOAD: SVRL – „Morbus Vintage“
Komplettiert wird SVRL’s zweites Release als Rapper vom einzigen Storyteller „Zerbrochen“ – Eine Geschichte über eine verkorkste Kindheit ohne Happy End. Glücklicherweise schafft SVRL es auch auf diesem eher ernsteren Stück weitestgehend mit guter Lyrik zu überzeugen und verfällt nicht gängige Rapklischees und den altbekannten Phrasendreschereien. Dennoch wirkt das Gesamtbild des Tracks nicht sehr rund, da sich Thematik und Soundbild für mich zu sehr beißen.
SVRL macht auf „Morpus Vintage“ eine Menge richtig. Die Beats im 90er Boom-Bap-Style harmonieren hervorragend mit seinem noch ziemlich rohen Flow und seiner unkontrollierten Stimme. Es wird eine gute Portion Soul, staubigen Drums und allzeit schlanke Kulisse aufgefahren, die allesamt den Geist der Golden Era atmen. Eine lässig, coole Begleitmusik. Auch wenn es soundtechnisch alles schon einmal gab. Bei einer Laufzeit von knapp 20 Minuten, wenn wir die Interludes einmal aussen vor lassen, läuft man natürlich keine Gefahr, dass sich beim Hören zwangsläufig Ermüdungserscheinungen breitmachen, allerdings kann man sich dadurch auch kein wirkliches Bild vom Können des Künstlers machen.
Wenn wir einmal die Schablone „Newcomer“ auf das Release setzen würde ich sagen: „Sitzt, passt, wackelt und hat Luft“.
Cover
Tracklist
01. Morbus Vintage
02. Alles Okay (Anspieltipp!)
03. Getrieben & Rastlos
04. Subkutis
05. Interludium A
06. Weit Weg
07. Wie’s früher war (Anspieltipp!)
08. Interludium B
09. Wir brauchen Patina (Anspieltipp!)
10. Zerbrochen
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