
Interview mit Mädness: Wir haben uns mit dem Darmstädter über sein neues Album „OG“ unterhalten, Foto: (c) Robert Winter
Knapp anderthalb Jahre ist es her, dass Mädness und sein Bruder Döll mit ihrem Album „Ich und mein Bruder“ das JUICE-Cover eroberten. Insgesamt 13 Jahre liegt die Veröffentlichung Mädness erster Online-EP „Aus dem Nichts“ zurück.
Für den „Original Gude“ Zeit für eine musikalische und persönliche Neuausrichtung, festgehalten in seinem aktuellen Album „OG“, das am 23. August in den Handel kommt. Wir haben Mädness zum Interview getroffen, mit ihm über genau diese Neuausrichtung, Zufriedenheit und seine Heimat Hessen gesprochen.
Facebook – Instagram – Twitter
Interview mit Mädness
Mit dem Album „Ich und mein Bruder“ haben du und dein Bruder Döll es auf das JUICE-Cover geschafft. Seitdem werden eure Namen gern in einem Atemzug mit besagtem Cover genannt. Löst das eine gewisse Form von Druck bei dir aus?
Nein. Es gibt von unserer Seite kein weiteres JUICE-Cover zu erobern. Klar, würde es uns nochmal angeboten werden, würden wir es nicht ablehnen – ich bin ja selbst seit Jahren JUICE-Fan. Aber das übt keinen Druck aus.

Für viele Rapper ist das JUICE-Cover eines der Erfolgssymbole überhaupt. Ihr habt es geschafft. Fehlt jetzt eine Art Ziel?
Das JUICE-Cover war kein konkretes Ziel. Eher: Wenn’s passiert, wäre das der Oberhammer, weil ich die JUICE selbst immer gelesen habe. Aber die Ziele sind ganz andere: Sagen zu können, was man möchte und damit Leute abzuholen beziehungsweise ihnen etwas mitgeben zu können, worin sie sich wiederfinden können und natürlich weiterhin von Musik leben zu können.
Du möchtest mit „OG“ neue Wege gehen: musikalisch und persönlich. Sinnbildlich für diesen neuen Weg und neue Zufriedenheit steht die Karikatur eines Mannes, der auf allen Tonträgern auftauchen soll. Was macht persönliche Zufriedenheit für dich aus?
Eine gewisse Unabhängigkeit – beruflich und privat. Zum einen die Möglichkeit beruflich selbstständig arbeiten zu können, egal in welcher Form. Dabei steht Musik natürlich an Position eins. Ich kenne für mich aber noch weitere Fälle, bei denen ich mich gern noch selbstständig betätigen würde.
Zum anderen eine persönliche Zufriedenheit zu erlangen ohne von irgendetwas abhängig zu sein. Von sich selbst zehren zu können ohne auf andere Menschen oder irgendwelche Substanzen angewiesen zu sein. Das ist das Ziel.

Das neue Mädness Album „OG“ kommt am 23. August in den Handel, Foto: (c) Robert Winter
Inwiefern hat der Arbeitsprozess von „OG“ dich dieser Zufriedenheit näher gebracht?
Schon weiter als vor dem Album. Für mich ist das Album quasi ein Vehikel dafür. Je mehr ich von dem Album preisgebe und je mehr Feedback ich bekomme, merke ich, wie zufrieden ich bin, es genau so gemacht zu haben und keine Kompromisse eingegangen zu sein sondern das volle Risiko getragen zu haben – ein Album zu gemacht zu haben, was extrem persönlich und vielleicht softer als ein „herkömmliches“ Rap-Album ist. Ich bin so froh darüber, dass es genau so angenommen wird, wie ich es mir gedacht habe.
Was hat dir in den letzten Jahren gefehlt, dass du dich mit „OG“ für eine musikalische und persönliche Neuausrichtung entschieden hast?
Musikalisch ist alles gut gelaufen. Das „Ich und mein Bruder“-Album war für mich und meinen Bruder ein riesiger Schritt – genau das Richtige für uns beide. Für eine Neuausrichtung persönlicher Natur habe ich mich entschieden, weil ich viele persönliche und berufliche Brüche hinter mir habe.
Das habe ich mit mir rumgeschleppt, was wiederum Auswirkungen auf meinen Charakter und mein Leben hatte und sich in eine Richtung entwickelt hat, von der ich der Meinung war, dass sie nicht die beste für mich ist. Deshalb ist das Album auch so positiv geworden. Ich möchte mich von Negativität in allen Bereichen lösen.

Du hast einen Feature-Gast auf deinem Album: Marteria. Auf dem Track „Kein Ort“ zeichnet ihr ein Bild vom Aufwachsen und Leben in euren Heimatorten. Obwohl du seit drei Jahren in Berlin lebst, beschäftigt dich deine Heimat Hessen noch immer sehr. Warum ist das so?
Weil ich dort die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe, das hallt natürlich nach. Der Sprung nach Berlin hat nochmal eine Veränderung zu meiner Heimat dargestellt: Beziehungen sind abgebrochen und man sieht die Leute, mit denen man sonst täglich Kontakt hatte nicht mehr so oft.
Außerdem die Mentalität, die ich von dort nach Berlin mitgenommen habe, wie mich die Gegend in der ich aufgewachsen bin, geprägt hat – das beschäftigt mich.

Für den Darmstädter ist „OG“ das insgesamt neunte Release, Foto: (c) Robert Winter
Man bekommt beim Hören des Tracks fast den Eindruck, als wäre deine Heimat ein Sehnsuchtsort für dich, den du stetig vermisst aber an dem du auf Dauer nicht glücklich sein kannst.
Das kann man fast so sagen. Dort sind meine Engsten, meine Familie und meine ältesten Freunde und Freundinnen. Aber in der Situation, in der ich mich momentan beruflich und persönlich befinde, kann ich dort nicht glücklich werden. Ich brauche zurzeit das Anonyme, das Große und die Stadt.
Könntest du dir vorstellen perspektivisch nochmal in deinem Heimatort zu leben?
Gerade nicht.
In deinen vergangen Werken ging es primär um Technik, Gespitte und klassische Battle-Rap-Disziplinen. „OG“ hingegen lebt von einem softerem Sound außerdem gibst du viel Persönliches preis. Fiel dir das schwer?
Bei „OG“ selbst nicht. Aber bei dem einen oder anderen Song habe ich mir schon Gedanken gemacht, mich gefragt, ob ich das wirklich so machen könne oder ob das nicht einen Ticken zu viel sei.
Bei welchen Songs ging es dir so?
Bei „Ich mach’s nochmal neu“ oder „Anderer Mensch“. Das sind sehr, sehr, sehr persönliche Songs. Ich denke aber, dass es der falsche Weg ist Songs zu entschärfen, denn dadurch verlieren sie an Kraft. Deshalb ist es mir auch gar nicht so schwer gefallen die Dinger zu schreiben und zu veröffentlichen.
Was mir schwergefallen ist, sind die Songs, die ich früher geschrieben habe. Die bei denen es eben um Technik, Geballer und Representer à la „Ich bin der krasseste MC“ ging. Da hatte ich überhaupt gar keinen Bock drauf. Deshalb ist auch kein Representer oder Ähnliches auf dem Album.

Foto: (c) Robert Winter
Auf deiner ersten Auskopplung zum Album rappst du, du seist einer der letzten Gentlemen inmitten von Chauvis. In Anbetracht der gegenwärtigen Diskussion rundum Gleichbehandlung, Feminismus aber auch ums Frauenbild im Rap, darf die Line einen schon mal aufhorchen lassen. Wie hast du sie gemeint? Hast du bewusst eine Botschaft verpackt?
Ich weiß nicht ob die Botschaft so groß sein sollte, wie sie jetzt vielleicht ankam. Ich habe sie auch nicht explizit auf Rap bezogen. Es geht mir einfach um den Umgang von Männern mit Frauen – und was das betrifft, wollte ich schon eine Botschaft senden. Ich finde es einfach nicht geil, dass viele Männer noch immer meinen ein „Alpha-Tier“ zu sein und die Frau quasi als „Anhängsel“ oder ähnliches beschreiben oder behandeln.
So etwas bekommt man schon oft mit, vergleichsweise im Rap häufiger als sonst, und das nervt mich. Das wollte ich einfach mal angesprochen haben.
Dein Outro, „Ich mach’s nochmal neu“ hast du deinem Bruder und deiner Mutter gewidmet. Man könnte es als Antwort auf „Ich bleib“ auffassen. Wie war die Reaktion deines Bruders als du ihm den Track vorgespielt hast?
Ich glaube er hat fast genauso reagiert, wie ich als ich zum ersten Mal „Ich bleib“ gehört habe. Man kann den Song durchaus als Antwort betrachten, auch wenn ich beim Schreiben nicht bewusst „Ich bleib“ ihm Kopf hatte. Der Song hat sich einfach mega schnell runter geschrieben.
„OG“ // Musikvideos
„OG“ // Album Cover + Tracklist

Das Album Cover zum neuen Mädness Album „OG“
01. Mässisch
02. Team allein
03. Endlich neue Freunde
04. Andere Mensch
05. Kein Ort (ft. Marteria)
06. Arbeit/Urlaub
07. OG
08. Was soll ich dir schon erzählen?
09. So wie sie
10. Ich mach’s noch mal neu
Der Beitrag „Was mir schwergefallen ist, sind die Songs, die ich früher geschrieben habe“ – Interview mit Mädness über sein neues Album „OG“ erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.