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Ali As –„Euphoria“ (Review + Album Stream)

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Ali As Release Party 1

Ali As ist zurück – auf „Amnesia“ folgt nun „Euphoria“. Wir fragen uns: Kann der Münchner Rapper die stetige Weiterentwicklung seiner Skills auch dieses Mal wieder fortsetzen? Checkt mit uns hier die neue Platte!

Einleitung

So sieht es also aus, wenn Künstler ihren zweiten Frühling erleben: Ali As droppt sein drittes Solo-Release und nach „Amnesia“ bereits das zweite Album innerhalb eines Jahres. Wenn man die multimediale Aufmerksamkeit zur aktuellen LP betrachtet, könnte man meinen, dass es den Ali As, der straight rohen Battlerap macht und etwas mehr auf den Rippen hatte, niemals gegeben hätte. Für viele war der Münchner schon immer der „Neuzeithippie“ mit dem leicht extravaganten Auftreten.

In den letzten Jahren durchlief der Rapper quasi eine Art Zauberkugel, in der er sich an der Seite von Pretty Mo als Baåder Meinhøf „Punchline-mäßig“ noch einmal komplett austoben und mit der Band Kellerkommando, die traditionelle fränkische Volksmusik mit Rap mischt, etwas ausprobieren konnte. Die logische Schlussfolgerung erschien 2013 und hörte auf den Namen „Ey mann wo ist mein Output!“. Die EP zeichnete einen neuen Ali As, der nun seine überdurchschnittlichen Reimketten und Flows, mit einer ganz eigenen Atmosphäre zu versehen wußte. Seitdem befindet er sich auf einer musikalischen Reise, mit dem Ziel, dieses Bild immer mehr zu perfektionieren.

Vor dem ersten Anhören stellte sich mir dementsprechend die bange Frage: Macht Ali As einfach da weiter, wo er mit „Amensia“ letztes Jahr so erfolgreich aufgehört hat oder will er wirklich die Geschichte neu schreiben, wie er bereits angekündigt hat?

Album Facts

  • 14 Tracks | 49 Minuten
  • Features: Namika, Malo, Farid Bang, Kollegah und Motrip
  • Produced by ELI
  • Released by Embassy of Music
  • Releasedate: 01. April 2016

ali-as-cover

Review

Nach wie vor ist Ali As für mich eine bisweilen widersprüchliche Mischung aus Prolet und Poet. Sein bisheriges Alleinstellungsmerkmal, die Technik der Message nicht unterzuordnen zu müssen, sondern vielmehr beides eindrucksvoll zu verbinden, wird auch auf „Euphoria“ erneut ziemlich deutlich. Wobei der Anteil der gehaltvolleren, nachdenklichen Songs dieses Mal genauso hoch ist wie die bitterbösen Spitter-Tracks.

Wenn Gäste im Haus sind, wird eigentlich fast nur so richtig schön Wortspielereien aus dem Ärmel geschüttelt, Lässigkeit delivert und sich unterhaltsam über andere gestellt. Mit MoTrip an der Seite kann ihm keiner folgen, denn sie haben zu viele „Stempel im Pass“, mit Kollegah cuttet, siebt, wiegt und verpackt er das „Euphoria“, dass sonst niemand ausser ihnen hat, mit Namika werden Hater zum „Square Dance“ gezwungen und mit Farid Bang wie gewohnt Sprechgesangsartisten gef***t. „Dope in der Denim“ und „Comeback / Bombtrack“ sind aber parallel dazu Beweise dafür, dass seine Fülle an Sprüchen und Ansagen und „loses Mundwerk wie Nussknacker“, weitere Gastbeiträge überflüssig macht und er es auch alleine kann.

Und selbst wenn der 36-jährige auch auf seinem dritten Release in Folge sein Rap-Schema nicht ändert und man eigentlich schon weiß, an welcher Stelle er den Reim setzen wird, ist es das scheinbar endlos wirkende Arsenal an Reimen und Hang zu Wörtern mit klanglichen Ähnlichkeiten wie Losern und Lousanne, Show regiert und Schore giert oder Jay-Packs und JPG’s, was diese Tracks für mich nicht langweilig werden lässt. Man könnte nun repräsentativ dafür jede Zeile aus den eben erwähnten Tracks zitieren. Mein Highlight inkl. „nachgoogeln“ lautet: „Jubelnde Fanbase, Trubel entsteht/Frauen, sie machen den String zur Seite (Saite) wie Google Translate“. Nur zur Sicherheit:

Ali As Euphoria Review

Das alles wird noch durch die ausgesprochen unterhaltsamen und vor allem vielfältigen Produktionen von Ali’s verlässlichen Haus- und Hof-Produzenten-Team ELI (hier auf Facebook) schmackhafter gemacht und unterstreicht zudem noch Ali As’ Anpassungsfähigkeit.

Neben dem fast schon typischen atmosphärisch großflächigen Synthie-Brettern, stechen hier besonders „Monstertruck“ mit seiner ordentlich wummernden und präsenten Bassline und das erwähnte MoTrip-Feature heraus – auch wenn es mich ein bisschen an den Song „Wie ein Dealer“ erinnert. Zudem wird eine Vorliebe für Beats mit Country-Elementen deutlich. „Silber oder Blei“, „Square Dance“ und „Dope in der Denim“ mutieren aus diesem Grund quasi wie von selbst zu Kopfnickern und Anspieltipps. Erwähnenswert sei an dieser Stelle noch das unkonventionell daherkommende „Comeback / Bombtrack“, das so klingt als hätte man zwei Instrumentals miteinander gekreuzt. Was bei Monroe’s „Monstershit“ bereits hervorragend funktioniert hat, klappt auch hier.

Doch die wahren Stärken vom „neuen“ Ali As und „Amnesia“ lagen bisher auf der nachdenklichen Seite, die auch hier ihren Platz gefunden haben. Gleich im Intro „Denkmäler“ lässt der Rapper tief blicken, was seine Vergangenheit angeht. Unter anderem heißt es dort:

Zig Milliarden Storys, hier ist eine davon:
Papa fuhr über die Grenzen ganz allein im Waggon
Alle Habseligkeiten in einem kleinen Karton
’Ne tausend Meilen weite Reise in der Heimat begonn’

Keine Spur von Augenzwinkern, Sarkasmus oder ähnlich schützenden Mänteln. Diese werden erst wieder gegen Ende übergestreift, wenn er die Brücke zum aktuellen Stand seiner Rap-Karriere schlägt. Der melancholische Part dieser Hälfte befasst sich mit zwischenmenschlichen Begegnungen, die man zum einem verpasst hat („Ferienhaus“) und zum anderen noch sucht („1 Mio Psychos“).

Auf der anderen Seite liefert Ali auch eine Reihe an fröhlichen Tracks mit, wie z.B. „Was für’n Leben“ und den „Erpresserbrief“, dessen Getrommel zwar etwas über das Ziel hinausschießt, aber dennoch das Album gut abschließt und den Hörer einen letzten positiven Vibe mitgibt. Doch der wirkliche Radio-Hit kommt mit „Jetzt komm wir“ und einer bittersüßen Kinderchor-Hook: Hier zählt Ali As berühmte Persönlichkeiten und ihre Taten auf um somit aufzeigen, dass es jeder schaffen kann, aber gleichzeitig niemand eine solche Erfolgsstory benötigt, um jemand zu sein.

So weit, so gut – nur wirklich neu oder fortschrittlich ist das für mich als Befürworter und Verfolger seiner Kunst leider nicht. Hier hätte ich mir etwas mehr Einfallsreichtum und Blick auf die Atmosphäre gewünscht. Waren es doch vor allem Songs wie „Ich treffe dich dort“, „Jagd/ Flucht“ oder „Deutscher/Ausländer“ und „Richtung Lichtung“, die zu begeistern wussten und seine Release ins optimale Licht rückten. Abgesehen vom erwähnten Intro sind mir die hiesigen Themen nicht speziell genug und die Produktionen zu ähnlich – ruhige Strophen, die im Refrain aufbrechen.

Ansätze wie „1 Mio Psychos“ mit einer Ohrwurm-Hook und „Jetzt komm wir“ sind definitiv vorhanden, werden aber Ali As‘ Ruf als Kritikerliebling nicht vollends gerecht. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass man bisher nur die Respresenter als Video-Singles auskoppelt hat und sich nicht wie bei den Vorgänger-Alben für eine gesunde Mischung entschieden hat.

Ali As Release Party 3

Fazit

Insgesamt hinterlässt mich „Euphoria“ etwas enttäuscht zurück, was womöglich an meinen hohen Erwartungen gelegen hat. Als klassischer Battle-Rapper mit einem Händchen für Atmosphäre und Ästhetik, der aber nie wirklich kommerziellen Profit daraus schlagen konnte, erfüllt er fast alle Kriterien, die ich an meinen ganz persönlichen Lieblingsrapper habe. Bisher konnte er diese auch immer erfüllen, da er stets eine Weiterentwicklung gezeigt hat und Luft nach oben ließ.

An „Euphoria“ haftet zum ersten Mal etwas Stagnation oder fehlender Hunger, gerade wegen der etwas typischen Themenwahl und die Soundkulisse drumherum. Die Waage ist qualitativ zum ersten Mal nicht ausgeglichen. Bei der neuen Hörerschaft hat die LP sicherlich die gewollte stimulierende und aufputschende Wirkung – bei mir ist eher ein kleiner Kick, der eventuell bis zum nächsten Wurf ausreicht.

Full Stream

Tracklist & Anspieltipps

01. Denkmäler
02. Silber oder Blei
03. Lass sie tanzen (Square Dance) feat. Namika (Tipp!)
04. Was für’n Leben feat. Malo
05. Farid Bang feat. Farid Bang
06. Dope in der Denim
07. Monstertruck
08. Jetzt komm‘ wir
09. Ferienhaus
10. Euphoria feat. Kollegah (Tipp!)
11. Comeback / Bombtrack
12. Stempel im Pass feat. MoTrip (Tipp!)
13. 1 Mio Psychos
14. Erpresserbrief

Album Cover

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Der Beitrag Ali As – „Euphoria“ (Review + Album Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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