In der Kategorie “5 Fragen zum Album” stellen wir euch ausgewählte Musik-Künstler und ihre bald erscheinenden oder vor kurzem veröffentlichten Alben vor. Grundlage sind fünf kurze Fragen, die sich rund um das Release drehen.
Man hört sie aus dem Background hinter Cro, Megaloh und Julian Williams erklingen und N-JOY kürte sie zur Newcomerin des Monats Februar. Sie covert Tracks von Miss Platnum & B.S.H. und spätestens seit Teesy’s iTunes-Session EP fragt sich so mancher: „Wer ist eigentlich, diese Gwen?“
Nun wandert sie gemeinsam mit dem Hamburger Produzententeam Tracksetters zum ersten Mal auf Solopfaden und hat eine EP namens „#IchbinGwen“ veröffentlicht. Dies haben wir zum Anlass genommen, ihr einmal ein paar Fragen zu stellen.
Album Facts
- 4 Tracks | 13 Minuten
- Features: Chima Ede
- Beats: Tracksetters (Tino „T-No“ Borja und André Rogoschewski)
- Releasedate: 21. August 2015
Interview
„Gwen, die schöne Stimme des deutschen Rap.“ Würdest du dir so eine Schlagzeile in Zukunft wünschen?
Gwen: Diese Schlagzeile wäre nicht schlecht, was aber besser passen würde und mir noch lieber wäre, ist z.B „Gwen – die neue RnB und Soul Stimme Deutschlands.“
Woran liegt es, dass du vermehrt zu Hip-Hop Stücken eingeladen wirst? Liegt es an deiner Liebe zu Rap oder daran, dass mancher Act einen weiblichen Feature-Part auf seinem Release haben möchte?
Gwen: Die meisten wissen im ersten Moment gar nicht, dass ich mit Hip-Hop & Rap aufgewachsen bin, das stellt sich bei einer Zusammenarbeit immer erst im zweiten Moment heraus.
Ich glaube, dass Rapper im Allgemeinen öfter auf weibliche Stimmen zurückgreifen, um einfach den Songs mehr Gefühl zu geben oder sich selber auch mal von einer anderen Seite zeigen zu können, so wie damals z.B. Bushido mit Cassandra Steen. Er hat dadurch auch mal eine andere Facette von sich zeigen können und ist, wie ich glaube, dadurch für eine breitere Masse zugänglich geworden. Für mich persönlich harmoniert Rap und Soul aber einfach gut und ich denke, dass das viele andere einfach auch so empfinden.
Was ist dein Erfolgsrezept, R&B auf deutsch tatsächlich cool klingen zu lassen? Einer der wenigen, denen das bislang wirklich gelang, ist meiner Meinung nach Julian Williams.
Gwen: Im deutschen kommt es immer noch mehr auf die Texte an als auf Flow und Style. Ich glaube, die deutschen sind ein bodenständiges Volk. Kitsch liegt uns nicht so. Es gibt einige Künstler, die eine perfekte Mischung gefunden haben, ein ganz Großer ist, wie ich finde, Julian Williams oder auch die wunderbare Joy Denalane.
Auch Teesy und Rola sind meiner Meinung nach tolle deutsche R&B Artists. Es ist ein schmaler Grat beim Texten. Ich finde es wird kitschig, wenn man anfängt Wörter zu benutzen, die man für sich selber im normalen Sprachgebrauch nie benutzen würde. Wenn man aber so singt, wie man auch spricht, dann ist es authentisch und man kann es automatisch viel cooler rüberbringen. So ist es auf jeden Fall bei mir.
Kommen wir zur EP „#IchbinGwen“. Wie kam es zum Hashtag?
Gwen: Als es damals darum ging bei Facebook meine Seitenadresse festzulegen, habe ich viel herumprobiert und bin dann auf „IchbinGwen“ gekommen, der dann zum Glück auch noch frei war. Das haben dann meine Jungs von den Tracksetters sofort als Hashtag bei Instagram benutzt, damit Leute mich dadurch dann auch da finden oder supporten können. Es wurde dann zu einem kleinen Insider – aus #IchbinGwen wurde #WirsindGwen oder statt gönn dir wurde #Gwendir, was alle ziemlich lustig finden.
Als es dann darum ging wie meine erste EP heißen soll, lag der Gedanke sehr nah sie #ichbinGwen zu nennen, weil es mein erstes Lebenszeichen war und Leute, die meine Musik neu entdecken und mehr über mich erfahren wollen, können mich dann jetzt gleich unter dem Titel bzw. dem Hashtag auch überall finden. Aus einer kleinen Idee ist etwas Größeres gewachsen, was ich sehr schön finde.
Wie lief die Produktion mit den Tracksetters ab?
Gwen: Es war immer unterschiedlich. Mir sind die Texte inhaltlich sehr wichtig. Ich sammle viele Ideen oder schreibe wie ein Tagebuch meine Gefühle und Gedanken nieder. Ich verarbeite so mein Leben und meine Emotionen. Vieles davon entwickelt sich dann zu einem Song.
Einige Songs, wo ich genaue Vorstellungen habe wie die Stimmung und das Instrumental am Ende aussehen soll, schreibe ich zu Hause – alleine. Das gebe ich dann so an die Produzenten weiter und die arbeiten dann einen Beat dazu aus. Oder ich setze mich mit Lars, meinen Pianisten, hin, er bringt sein Keyboard mit und wir arbeiten Songs aus, die ich dann mit meinen Produzenten T-No oder Criss Tonino im Studio ausarbeite.
Die dritte Situation ist wie T-No es immer so schön beschreibt „es im Studio zu kochen“ da flashen wir einfach zusammen, hören Musik und wie dann gerade die Stimmung ist, fängt T-No an einen Beat zu produzieren und ich schreibe direkt los. So entstehen oft magische Sachen.
Ich versuche immer offen zu sein für verschiedene Arbeitsvorgänge, dadurch wächst man auch und lernt neue Seiten an sich kennen. Es ist also nichts in Stein gemeißelt. Aber bisher sah das eben immer so aus wie hier beschrieben.
Gab es Themen oder Gefühle, die Du unbedingt unterbringen wolltest?
Gwen: Ich wollte etwas von mir preisgeben. Ich bin immer noch dabei mich mehr und mehr zu öffnen, aber ich wollte einiges verarbeiten und wollte auch etwas von meiner Person mit der Welt und den Zuhörern teilen. Wer ist Gwen? Positiv, lustig und sensibel.
Ich hatte ganz typisch, eine Trennung hinter mir, die schmerzvoll war, außerdem habe ich den Tod von meinem Vater das allererste Mal musikalisch verarbeitet. Ich habe auch viel von meiner Familiengeschichte, den spirituellen Ansichten meiner Mutter zum Beispiel, unbewusst miteinfließen lassen, was mir erst im Nachhinein aufgefallen ist. Ich habe mir erlaubt ein bisschen von meiner Seele in der EP widerzuspiegeln. Und ich glaube, dass mit jedem Song ein bisschen mehr Gwen zum Vorschein kam, und noch kommen wird, und darauf freu ich mich.
Deine Texte sind zum Teil sehr verschachtelt und metaphorisch, aber auch teilweise direkt und für jeden sofort verständlich. Wie kommt es zu dieser Dualität?
Gwen: Ja das stimmt. Darüber habe ich auch schon nachgedacht, wieso ich nicht unbedingt nur eine Art der Schreibweise habe. Es liegt, wie ich glaube, daran, dass ich einfach eine junge Frau bin, die im Hier und Jetzt lebt und manchmal schreibe ich eben einfach darüber, was mir gerade in der U- Bahn passiert ist. Einfach so wie es war.
Auf der anderen Seite habe ich diese großen Gedanken, die ich bei Gesprächen mit meiner Mutter fliegen lasse, wie über Gott und über die Selbstfindung. Diese Gedanken verschachtel’ ich sehr gerne, da möchte ich mich ein bisschen ausprobieren wie ein abstraktes Bild, das ich male und das erst am Ende zu einer Lösung kommt. Und wo jeder seine eigene Auflösung hat.
Deine EP wirkt auf mich „positiv melancholisch“. Du sprichst einerseits von dem perfekten Augenblick, andererseits vermitteln deine Texte auch eine gewisse Aufbruchsstimmung. Suchst du im Prinzip noch nach etwas?
Gwen: Auf jeden Fall. Ich war schon immer, wie du sagst, positiv melanchonsich, wenn man es so nennt. Ich denke es ist eine Art Selbstreflexion. Ich denke darüber nach was ich gut gemacht habe und was eher ein bisschen verhauen. Ich schreibe darüber weiterzugehen, mutig zu sein und mutiger zu werden und zu vertrauen. Das sind also manchmal ernstere Themen oder welche mit einer tieferen Bedeutung, die aber nie hoffnungslos sind. Auf jeden Fall fühle ich mich nie wirklich hoffnungslos, auch in sehr traurigen Momenten, die es auf jeden Fall gibt. Ich versuche stets nach vorne zu schauen, zu glauben und dafür zu arbeiten, obwohl ich Trauer auch gerne zulasse. Ich denke man muss Trauer genauso rauslassen wie Freude, das gehört einfach zusammen. Aber die „melancholischeren“ Songs zeigen mich eher in einem Moment von Reflexion, wie in einem Tagebuch eben, wo ich Gedanken offenlege und über mich, meine Zukunft und meine Umgebung nachdenke.
Das heißt eine Aufbruchsstimmung ist definitiv raus zu hören. Ich wachse schließlich und möchte nie aufhören zu lernen und wenn man das in meinen Songs hört bin ich sehr glücklich darüber!
Nach deiner Meinung: Schreibt es sich besser in der Stimmungslage „Himmelhochjauchzend“ oder „zu Tode betrübt“?
Gwen: Bei gebrochenen Herzen fließt es einfach so aus der Hand. Trauer ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Ich lasse das Gefühl gerne zu um zu schreiben. Aber ich bin momentan glücklich und ich muss sagen, dass funktioniert auch so sehr gut mit dem Schreiben.
Man darf nicht anfangen zu denken, das geht nur so wie ich das sonst immer mache, weil dann hängt man fest. Manchmal habe ich das zwar auch, aber ich versuch mich davon zu lösen um weiterhin offen zu bleiben. Es geht also beides, alles geht schon irgendwie, es ist nur so ein Gewohnheits-Ding, glaub ich.
Ein Frage zum Track „Diamant“: Wie „hässlich“ ist Berlin wirklich?
Gwen: Leute fragen mich oft wie kann man von Hamburg nach Berlin ziehen. Ich bin in Hamburg in Altona zur Schule gegangen, bin in Lurup geboren und war in der Schanze immer Zuhause, weil meine Mutter da ihre Ausstellung hatte.
In Berlin häng’ ich fast nur in Kreuzberg ab und für mich ist das wie eine große Schanze. Für mich ist dieses dreckige, raue und echte das Schöne an Berlin. Genauso wie die Schanze, Altona und St.Pauli für mich die besten Ecken in Hamburg sind. Nicht unbedingt typisch hübsch, aber echt und ehrlich.
Was war das Motiv zu deiner Single „Mein Herz sieht Gold“? Gibt es dazu einen realen Bezug?
Gwen: Ich war auf Reisen und habe auf einem Schiff als Sängerin gearbeitet. Ich habe immer Auditions für Musicals gemacht und hab’ mich da nicht ganz gesehen. Dann hatte ich eine Trennung hinter mir und wollte mal was ganz Anderes sehen, wollte raus und was Neues erleben. Also dachte ich, reise ich erstmal.
In Berlin fing ich an zu finden, was ich wirklich wollte.
Ich fing an meine Gedanken aufzuschreiben und ging ins Studio um meine eigene Musik zu machen. „Keine Angst mehr mein Herz hat Gold gesehen, als ich anfing meine eigene Musik zu machen.“ – das war das eigentliche Motiv was mich angetrieben hat. Gold auf die Ohren und Gold im Herzen.
Wie würdest du gerne nach dieser EP wahrgenommen werden?
Gwen: „#IchbinGwen“ ist mein erstes Lebenszeichen. Ich will damit sagen: „Hi Ich bin Gwen, und durch diese EP bekommt man einen kleinen Einblick in meine Seele“ „Melancholisch/ positiv“ empfinde ich z.B. als eine ganz gute emotionale Beschreibung der EP. Ich liebe Soul und R’n’B und möchte das tun können, was ich liebe. Und als Soul-Sängerin möchte ich auch wahrgenommen werden.
Ich wünsche mir, dass die Zuhörer mich durch meine Musik kennenlernen. Ein Mädel aus Hamburg, mit vielen Ideen und Geschichten die ich teilen will. Die zum Nachdenken und zum Mitfühlen anregt und vor allem auch Spaß bringt. Denn gute Musik bringt vor allem auch Spaß. Ich möchte einfach als die wahrgenommen werden, die ich bin. Eine junge Soulsängerin, die Musik und das Singen liebt.
Wo soll die Reise für dich noch hingehen?
Gwen: So weit wie sie mich trägt. Auf die Bühnen wo Menschen im Publikum sind, die wirklich wegen der Musik kommen und zuhören. Ich möchte in Studios und Musik machen mit tollen Künstlern und vielleicht mal mit meinen Idolen zusammenarbeiten. Ich will mit der Musik wachsen und ich hoffe, dass die Zeit und die Menschen da draußen mir das erlauben. Ich möchte weiterwachsen um das zu tun, was ich liebe. Menschen mit meiner Musik berühren. Das ist das schönste Gefühl. Dafür lebe ich.
Mit welchem Rapper würdest Du gerne aktuell mal zusammenarbeiten?
Gwen: Aktuell fände ich es richtig derbe mit Marteria zusammenzuarbeiten. Ich feier’ aber auch Megaloh und Max Herre. Das wären so meine Wunsch-Kollaboration, wenn die klappen würden wäre ich sehr glücklich!
Full Stream
Tracklist
01. Bleib wach
02. Diamant
03. Perfekt
04. Mein Herz sieht Gold (feat. Chima Ede)
Album Cover
Der Beitrag Gwen über ihre erste EP „#IchbinGwen“ (Interview) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.