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Selfmade Records –„Chronik III“ (Review + Album Stream)

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In Zeiten konstant hoher Verkaufszahlen und des noch immer andauernden Selfmade-Hypes stellt sich für die gesignten Künstler und allen voran Labelchef Elvir Omerbegovic logischerweise die Frage, wie man die Kuh weiterhin melken kann. Scheinbar entschied man sich einfach für „weitermachen wie bisher, bloß nichts ändern“. Mit Erfolg?

Was muss man eigentlich noch zu Selfmade Records sagen? Eigentlich dürfte die erfolgsverwöhnte Crew mit Ruhrpotter Ursprung jedem, der auch nur in irgendeiner Form mit Rap in Verbindung steht, ein Begriff sein. Selfmade Records, das sind Kollegah, Favorite, Genetikk, die 257ers und Karate Andi sowie die Produzenten Rizbo und Johnny Illstrument.

Einleitung

Selfmade Records ist aber auch über zehn Jahre Hip-Hop Kultur mit sechs Nummer eins LPs in Folge, die sich tausendfach verkauft haben. Der Name der LP „Chronik“ ist mittlerweile Programm, denn mit dem aktuellen Release erscheint bereits der dritte Teil. Gespannt bin ich darauf, wie die einzelnen Charaktere miteinander harmonieren. Außerdem bin ich auf die Features gespannt, die ausschließlich von Freunden und Ex-Selfmade Mitgliedern kommen. Auf der Rapper-Seite haben wir SSIO, Casper, Farid Bang, Marteria sowie Montana Max & Shiml – auf der Produzenten-Seite Bazzazian, Joznez, Loggarizm, Kingsize, Voddi257 und Executive Producer Alexis Troy.

Was uns da wohl erwartet? Die nächsten 21 Tracks werden es zeigen. Los geht es mit dem Opener. Danach gehen wir „Artist by Artist“ die einzelnen Künstler mit ihren Tracks durch.

Titeltrack: Kollegah & Karate Andi feat. SSIO – „Chronik III“

Auf „Chronik III“ erwartet uns klassischer Representer-Rap. Der Beat ist bei weitem nicht so kraftvoll, wie man es von einem solchen Release erwartet hätte und vor allem von „Russisch Roulette“-Mastermind Bazzazian (ehemals Benny Blanco) gewohnt ist. Aber er erfüllt seinen Zweck. Allerdings ist es schon traurig, das der beste Part des Labelsampler-Tracks von einem nicht Künstler kommt, der nicht auf dem Label vertreten ist: SSIO zerstört hier den Beat und stellt gleichzeitig Kollegah und Karate Andi mit ihren soliden Parts in den Schatten!

Ah! Nase wie Doug Funny /
Fahre ins Harem im mattschwarzen Ferrari /
Mein Hase sieht wie gemalt aus wie Bugs Bunny /
Nuttensohn, mach‘ Platz für den Afghani
(„Chronik III“)

Artist by Artist

Die neueste Selfmade-Chronik ist aber auch eine Mischung aus größeren und kleineren Kollabos sowie Solo-Songs der einzelnen Künstler. Mit Schwerpunkt auf zweiterem. Tracks wie „Selfmade Legion“ oder „Antimaterie“ schließen thematisch nahtlos an den Titeltrack an. So verhält es sich eigentlich mit nahezu allen Tracks, auf denen mehrere Labelkünstler vertreten sind. Interessant und vor allem differenzierter wird es bei einem Blick auf die von den Künstlern im Alleingang abgelieferten Stücke.

Den Anfang macht der selbsternannte Boss, der mit „Red Light District Anthem“, „Goldener Ring“, seinen Features mit JBG-Partner Farid Bang („Medusa“) und Casper („Alarmanlage“) und „Keine neuen Freunde“ nochmals all seine Stärken bündelt.

Kollegah

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Technisch ist wieder alles im alten Stil. Ob Flows, Vergleiche, Doubletimes, Wortspiele oder Übertreibungen – Kollegah fährt das komplette Spektrum sprachlicher Finessen auf. Rübergebracht in einer verachtend-ignoranten Tonlage, sind diese Tracks für mich auf jeden Fall Anspieltipps. Das persönlichere „Keine neuen Freunde“ und dessen erschreckende Ähnlichkeit mit DJ Khaled’s „No New Friends“ sowie Caspers „Kreis“ lassen wir da mal außen vor. Diese Tracks klingen nach meinem Geschmack so, als seien sie viel zu sehr mechanisch und reimfixiert eingerappt worden.

Kollegah – „Keine neuen Freunde“

Ich schlag‘ dir deine Zähne mit ’nem Stuhlbein locker wegen deiner Schwulheit, Opfer /
Du Tunte jagst im Allgemeinen (All gemeinen) Typen nach wie Luke Skywalker („Goldener Ring“)

Überrascht bin ich mal wieder von Casper’s Beitrag, der uns mit seinen rar gesäten Battle-Parts stets Qualität anstatt Quantität liefert. Selbiges kann man von Farid Bang leider nicht behaupten, der in den letzten Jahren einiges an rotzfrecher Dreistigkeit verloren hat und heute nur noch plump rumpöbelt („Weil du sehr gay bist wie der russische Name“).

Genetikk

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Genetikk’s erzeugte Galaxie auf „Chronik III“ weiß durch wuchtige Bässe, irres Tastengeklimper, hymnische Passagen, flirrende Saiten und drückende Synthies zu überzeugen. Thematisch und technisch zwar kein besonderer Höhepunkt der dritten Chronik, aber „Selfmader“ ist atmosphärisch eine vorzeigbare Mischung, die so oder so ähnlich schon auf Karuzo und Sikk’s „Champions“ Verwendung fand und von allen gefeiert wurde. „Crank Sinatra“ mit einem fresh-aufgelegten Marteria schließt nahtlos daran an.

257ers

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Was ich von den 257ers halten soll, weiß ich noch immer nicht so wirklich. Auf der einen Seite flach und eindimensional, auf der anderen Seite aber auch allesamt talentierte emcees, die handwerklich einiges drauf haben und stets das richtige Gespür für passende Hookshaben. Der Käufer des Samplers erhält auch hier genau das, was ohnehin zu erwarten war: Stumpfsinnige Thematiken mit catchy geträllerte Hooklines unter dem Deckmantel einer Hommage. Das Ex-Label Aggro Berlin („Label ohne Sägeblatt“) und der aktuell wieder präsente Westcoast-Rap („Gangsta“) bekommen somit auf eine ironische Art und Weise einen Platz auf „Chronik III“.

Favorite

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Hinter „Muttergefickte Welt“ verbirgt sich einer von zwei Solo-Tracks von Favorite, bestehend aus einer angelehnten Hook an Christina Milian’s „When You Look At Me“. Was in seinem Kopf da wohl vorgegangen ist, weiß nur der Essener selbst. Dennoch trägt die Melodie zur Atmosphäre des Tracks bei. Fav macht hier wieder einmal das, was er am besten kann: Mit seiner Musik schocken und zugleich Spaß und Lachen verbreiten. Passt! Das aggressivere „Koks, Nutten, Glocks“ lässt leider die ironische Ebene etwas vermissen, sodass der Track nur eine Ansammlung aus halbgaren Ansagen ist.

Karate Andi

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Bleibt noch Karate Andi, das neuste Pferd im Stall von Selfmade. Sein Debüt-Album lebte noch von einer sympathisch asozialen Atmosphäre, die durch einen gefestigten Stil und einem Talent beim Beat picken überzeugte. Jedes Instrumental passte optimal zu Anids smoother Art zu rappen und der gelangweilt wirkenden Stimme. Doch scheinbar ist es der nicht besonders langlebige und wenig facettenreiche „Assi-Lifestyle“ oder das krampfhafte Anpassen an seine Label-Kollegen („Keinen Fick“), was mich hier so stört. Aus „gelangweilt wirkend“ wurde „gelangweilt“. Vielleicht ändert sich meine Meinung ja bei einer Kneipentour durch Neukölln.

Karate Andi, Favorite & Shneezin – „Antimaterie“

Der letzte Anspieltitel ist ein würdiger Abschluss. Alleine der Beat für sich überzeugt voll. Auf dem treibenden „Silber“ klingt alles so eingespielt, dass es kaum eingespielter sein könnte. Es ist genau das, was man sich von zwei Rappern wünscht, dessen letztes Album „Generation Null“ hieß: Protest ja, aber ohne Zeigefinger. Die gescrewte Hook ist zwar nicht genau das, was man von einer Montana Max & Shiml Kollabo erwartet, geht aber locker durch.

Fazit

„Chronik III“ glänzt nicht durch sein Konzept. Doch das muss und will das Album ja auch gar nicht. Hier und da gibt es Höhepunkte, sonst ein gesundes Mittelfeld und auch einige Ausfälle – so ist das bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Künstlern wohl. Auf ihre ganz eigene Art können eigentlich so gut wie alle Künstler ihre Duftnoten hinterlassen, auch wenn der Schatten Kollegahs in der Öffentlichkeit fast schon „unaustretbar“ wirkt.

Im Großen und Ganzen ist einer der Vorzüge der Selfmade-Artists, dass sie alle sehr individuelle Persönlichkeiten sind. So mag „Chronik III“ zwar eher wie eine Compilation klingen, aber das ist nun mal das Erfolgsrezept eines Labels im 21. Jahrhundert. Zwar hat sich die mehr als mangelhafte Abmische seit „Chronik I“ deutlich verbessert, doch ist der Hunger und die Experimentierfreudigkeit von „Chronik II“ etwas verloren gegangen. Ein Reinhören ist es allemal wert und auch der Erfolg ist quasi vorprogrammiert. Still Selfmade Records-Time!

Tracklist

1. Chronik III – Kollegah & Karate Andi feat. SSIO
2. Red Light District Anthem – Kollegah
3. Human Traffic – Karate Andi
4. Selfmader – Genetikk
5. Label ohne Sägeblatt – 257ers
6. Muttergefickte Welt – Favorite
7. Alarmanlage – Casper & Kollegah (Tipp!)
8. Selfmade Legion – Karate Andi, Kollegah & Favorite
9. Nicht verstanden – Karate Andi
10. Gangsta – 257ers
11. Medusa – Kollegah & Farid Bang
12. Bunte$ Papier – Genetikk
13. Antimaterie – Karate Andi, Favorite & Shneezin
14. Koks, Nutten, Glocks – Favorite
15. Goldener Ring – Kollegah
16. Crank Sinatra – Genetikk feat. Marteria (Tipp!)
17. Keinen Fick – 257ers & Karate Andi
18. Fresse voller Gold – Genetikk
19. Es bleibt wie es ist – Karate Andi
20. Keine neuen Freunde – Kollegah
21. Silber – MontanaMax & Shiml (Tipp!)

Full Stream

Album Cover

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Mehr Informationen zu Selfmade Records bekommt Ihr auf Facebook.

Der Beitrag Selfmade Records – „Chronik III“ (Review + Album Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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