Lange wurde es angekündigt, nun ist Travi$ Scott’s Debütalbum „Rodeo“ endlich erschienen. Konnte der Rapper aus L.A. die Erwartungen erfüllen? Lohnt es sich reinzuhören? Finde es in unserer Review heraus.
Review
Der Albumtitel dürfte als eine Referenz an Travi$ Scott’s texanische Wurzeln gemeint seine. Eine screwed-and-chopped Hook von Pimp C und Verweise auf Bun B zementieren diese Aussage zusätzlich. Mit patriotischen Gefühlen gegenüber seiner Heimat hat das trotzdem nichts zu tun, denn die Wahrheit ist, das Travi$ Scott das Gegenteil eines Fahnenschwingenden Patriots ist. Er ist vielmehr ein Rapper, der im Internet durch den Hype um seine Person berühmt wurde und lange Zeit von Stadt zu Stadt zog.
Der US-Blog Deadspin verfasste einen ziemlich feindseligen Beitrag über Travis’ bizarren Aufstieg und seine Gemeinsamkeiten zu anderen emcees. Wobei es wirklich eine ungewöhnliche Geschichte ist: Travis zog von Houston über New York nach L.A., beeindruckte auf seiner Reise Weggefährte um Weggefährte und sorgte dafür, das klammheimlich die Erwartungen an sein Albumdebüt gestiegen sind. All das hat er geschafft, ohne vorher die berühmten „Dues zu payen“. Es fühlt sich fast so an, als versuche Travi$ direkt im Hip-Hop Olymp anzukommen. „I am everything except a rapper“ ist ein ziemlich gewagter Spruch für einen Freshman, den er aber mit „I can tell“ beendet.
Vorab: „Rodeo“ ist eine in sich zusammenhängende Platte, die es allerdings auf eine neue Art und Weise vermittelt. Travi$ nimmt dabei eine Schar von prominenten Gästen mit in seine Welt, die aus Pillen nehmen und Autotune-Infernos besteht. Und doch findet jeder der Features seinen festen Platz auf dem Album. Wie z.B. die einprägsamen Verses von Quavo und Justin Bieber sowie die Kanye West Kollabo. „Piss On Your Grave“ wirft den Motor an anstatt zu Fuß zu gehen.
Generell ist Kanye’s Einfluss deutlich herauszuhören: Der minimalistische Sound von „Yeezus“ wurde auf „Rodeo“ weiter verfeinert und dennoch ist der Rapper auf T.I.’s Label „Grand Hustle“ unter Vertrag. Der Labelchef fungiert darüber hinaus als eine Art Moderator auf dem Album und taucht unerwartet auf, um skurrile Selbstgespräche zu führen. Fast wie DJ Drama, nur weniger nervig.
Bleiben wir beim Einfluss: Der Drake- bzw. „OVO“-Einfluss ist quasi in der jeder Sekunde in Form von übereinandergelegten Synthies und drückenden Percussions spürbar. „90210“ ändert auf halben Wege seinen Stil und mutiert zu einem abgedrehten Breakbeat, der nach „Retro-Kanye“ klingt. „Flying High“ vermischt 90er Anleihen mit einem avantgardistischen Beat von Toro y Moi und Pharrell, so dass es höchstwahrscheinlich zu einem Radiohit werden kann.
Trotz der zahlreichen Facetten ist Travi$ Scott noch kein High Class-Emcee. Seine Reimtechnik und –schemata wiederholen sich ziemlich oft und wenn er mal einen technischen Glanzmoment hat, geht es fast ausschließlich um Drogen verputzen, Sex haben und darum, dass du ihn mal hintenrum kannst. Das fast schon Einzige, was ihn davor bewahrt, nicht komplett im Chaos zu versinken, ist seine Art Gesang mit Rap zu verbinden.
Ein Vielzahl von Künstlern haben Auto-Tune bisher ausschließlich dafür benutzt, ihre Hooks „aufzuwerten“, aber nur die wenigsten von ihnen beherrschen den Effekt so gut wie Travi$. Manchmal kommt es einem so vor, als wären zwei Personen auf dem Song. Der Rapper summt sich halbschräg durch die erste Hälfte des Tracks, ehe er sich plötzlich dazu entschließt, mit einem wild gerappten Verse weiterzumachen, bei dem sich mir die Zehennägel aufrollen.
Letztendlich, wäre es schön gewesen etwas mehr von Travis’ Schwächen und Gefühle zu erfahren. „Rodeo“ ist ein Debüt der besseren Sorte in diesem Jahr, das mit etwas mehr Handfestem zu einem Klassiker hätte werden können. Es zeigt einen hungrigen Produzenten und Rapper, der mehr ist, als nur jemand mit einer Reihe von berühmten Freunden.
Tracklist
01. Pornography
02. Oh Dis My Side (feat. Quavo)
03. 3500 (feat. Future & 2 Chainz)
04. Wasted (feat. Juicy J)
05. 90210 (Tipp!)
06. Pray 4 Love (feat. The Weeknd)
07. Nightcrawler (feat. Swae Lee & Chief Keef)
08. Piss On Your Grave (feat. Kanye West)
09. Antidote (Tipp!)
10. Impossible
11. Maria I’m Drunk (feat. Justin Bieber & Young Thug) (Tipp!)
12. Flying High (feat. Toro Y Moi)
13. I Can Tell
14. Apple Pie
Stream
Album Cover
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