Ein gelungenes Comeback oder doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Wir haben uns das neue Scarface-Album „Deeply Rooted“ angehört, das am 4. September in den Handel gekommen ist. Es erschien nach einer siebenjährigen Abstinenz und einem vorläufig verkündeten Karriereende.
Review
Scarface hat schon immer mit einer brutalen Ehrlichkeit gerappt und Geschichten erzählt, die er in den Straßen seiner Jugend erlebt hat. Er konfrontiert die Gesellschaft mit dem Struggle seiner Mitmenschen. „Deeply Rooted“ knüpft nahtlos daran an. Rapfans, die Scarface’s Musik zum ersten Mal hören, könnten möglicherweise denken, das der OG zu den Rappern gehört, die das harte Leben in den Ghettos unkritisch glorifizieren.
Das dem nicht so ist, wird schnell klar, je tiefer man in der Album eintaucht. Die harten Worte des Lyricist kommen mit einer schonungslosen Ehrlichkeit um die Ecke und stellen sicher, das er einfach ein Produkt seiner Umgebung ist. “Rooted”, “Anything” und das Cee-Lo Green Feature “You” sind thematisch dunkle Tracks, in denen man quasi den Schmerz heraushören kann, wie es sein muss, in armen Verhältnissen aufzuwachsen, während “The Hot Seat” und “Fuck You Too” der Wut freien Lauf lassen, daran nichts ändern zu können.
Ganz anders ist der Track “Do What I Do” feat. Rick Ross, Nas und Z-Ro, auf dem Scarface in seiner Rolle als reflektierter Lehrer überzeugt. Auf einem weiteren Track präsentiert er mit „All Bad“ sein Talent für Abwechslung, indem er – im Gegensatz zum Songtitel – auf einem „Gospel-inspirierten“ Instrumental über die positiven Seiten rappt, die entstehen, wenn man in ärmlichen Verhältnissen aufwächst.
Das alles macht „Deepy Rooted“ jetzt schon zu einem echten Klassiker. Natürlich weißt jeder, dass Scarface ein Rapper mit außergewöhnlichen reimtechnischen Fähigkeiten ist, aber darüber hinaus vermischt er dieses Mal hervorragende Storytelling-Skills mit seinem Talent, unterschiedliche Gefühle und Emotionen zu transportieren. Ein Beleg dafür ist der Track „Voices“. der einen tiefen Einblick in die dunklen Gedanken des Rappers zeigt.
„Keep It Movin“ feat. Avant behandelt das Problem, eine Beziehung aufrechtzuerhalten, wenn man den Lifestyle von Scarface fährt. Auf „Steer“ geht es im Refrain – gesungen von Rush Davis – um Selbstmordgedanken, die Scarface mit seinen Lyrics über Geschichten, die dazu führen, komplettiert. Ein wahrlich herausstechender Track ist für mich „God“: John Legend singt einen wundervoll musikalischen Refrain, während der Hauptprotagonist die Existenz von Gott behandelt.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass einige von Scarface Zeilen gefühlt besser in ein anderes Songkonstrukt gepasst hätten. Ich empfinde manchmal außerdem eine leichte Diskrepanz zwischen den einzelnen Songelementen. Raushören kann man das z.B. bei „Steer“: ein musikalisches Meisterwerk, dennoch sehe ich keine Verbindung zwischen dem bereits erwähnten Chorus über Selbstmordgedanken und Scarface’s Zeilen, in denen er rappt, wie er einmal von der Polizei festgenommen wurde. Einzeln betrachtet sind sie handwerklich einwandfrei, aber zusammen scheinen sie nicht zu harmonieren.
Wie auch immer – abgesehen von diesen kleinen Schönheitsfehlern beendet Scarface sein Album mit einem prahlerischen Song namens „No Problem“. Der Rapper ruft den Zuhörern noch einmal ins Gedächtnis, warum er eine Legende ist und das ein weiteres Verweilen in der aktuellen Szene für ihn kein Problem sei.
Fazit
„Deeply Rooted“ ist die dominante Rückkehr Scarface’s in den Hip-Hop und sein erstes Indie-Release. Der Rapper ist zurück, um dem Game zu zeigen, warum er einer der meist unterschätzten und nicht anerkannten Legenden ist.
Tracklist
01. Intro
02. Rooted (Feat. Papa Rue)
03. The Hot Seat
04. Dope Man Pushin’ (Feat. Papa Rue)
05. Fuck You Too (Feat. Z-Ro)
06. Steer (Feat. Rush Davis)
07. Anything
08. Do What I Do (Feat. Nas, Rick Ross and Z-Ro)
09. God (Feat. John Legend)
10. Keep It Movin’ (Feat. Avant)
11. You (Feat. Cee-Lo Green)
12. All Bad
13. Voices
14. No Problem
15. Outro
Stream
The Road To #DeeplyRooted
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