“Don’t Let The Label Label You” (DLTLLY) lud wieder einmal zum „Mid Summer Day“ ein aka Battlerap schon am Nachmittag! Aufgrund des Hammer-Line Up’s entschied ich mich kurzerhand mit der BVG die Fahrzeit von sage und schreibe 30 Minuten auf mich zu nehmen um euch ein paar Impressionen zu liefern.
Einleitung
Grundsätzlich kann man von vornherein sagen, dass „Dont’t Let The Label Label You“ etwas für Hip Hop-Fans ist, denen das „1on1-Freestylebattle“-Format zu altbackend und „Rap am Mittwoch“ zu groß geworden ist. Vorbereitete MC’s treffen in Einzeln- oder Teambattles aufeinander um sich auf verbaler Ebene die Köpfe einzuschlagen.
Die Location liegt – typisch Berlin – in einem alten Kino in Tempelhof. Der C-Club ist der kleine Bruder der großen Columbia-Halle, hat seinen Namen vom anliegenden Columbiadamm und wurde ursprünglich als Kino genutzt. Das musikalische Motto der C-Halle könnte „klein, aber fein“ heißen, denn mit 400 Gästen fasst der Raum nicht sehr viele Besucher, garanteirt allerdings eine sehr gemütliche, fast schon familiäre Atmosphäre. Bereits vor Beginn der Veranstaltung war die Stimmung dementsprechend entspannt und angenehm. Diese Atmosphäre wurde sicherlich durch den Zeitpunkt der Veranstaltung begünstigt, denn die Battles fanden nicht etwa spätabends statt, sondern bereits am Nachmittag.
Nach einer für die Veranstaltungs-Reihe fast schon normalen Verzögerung von einer Stunde begann das Event mit einer 30-minütigen Open Mic-Session, die fast ausschließlich MC’s auf den Plan rief, die entweder zu ängstlich, unbekannt oder nicht talentiert genug für das Main-Event waren.
Big Chief (mitte)
Das Hosting teilten sich der durch die Tapefabrik bereits „moderations“-erprobte JuseJu und Mit-Veranstalter Big Chief, dessen Stimme in echt genauso ohrenbetäubend wie in den Videos ist. Um Punkt 18 Uhr richtete die Menge ihre Aufmerksamkeit auf die Mitte des Raumes, denn was DLTLLY von vielen anderen Battles unterscheidet ist, dass die Konfrontationen nicht auf der Bühne stattfinden. Alles passiert mitten im Publikum.
Battles
Viel zu viele Worte will ich gar nicht über die Battles verlieren, denn die Spannung soll ja noch vorhanden sein, wenn die Videos auf dem DLTLLY-Youtube Kanal veröffentlicht werden. Dennoch hier einige Eindrücke meinerseits:
Tis L (links) und T-Way
Unter den Augen von u.a. Morlockk Dilemma, Hiob, Ssynic, Hansen, Papi Schlauch, Brian Damage (dessen Anwesenheit haufenweise Erwähnungen zur Folge hatte) und Doktor Dave (same same) machten der Berliner Tis L, den ich bisher nur als Produzent von MC Bomber kannte und der Luxemburger T-Way, der in der heimischen Battle League Lëtzebuerg scheinbar zu einer der Besten seiner Zunft gehört, den Anfang. Ein würdiges Eröffnungsbattle mit soliden Parts, keinen Chokes und ein paar Zeilen, die zu begeistern wussten.
MC Maik und Mave (links) und DirtySanchez und Scumgod
So auch beim nächsten und ersten Team-Battle: Mave und MC Maik vs. Scumgod und DirtySanchez. Zwei junge rotzfreche Rookies, die durch ihre Unbekümmertheit punkteten, gegen zwei etwas abgeklärtere Typen, die zusammen ungefähr 25 Jahre Musik auf dem Buckel haben.
Der Fischer (links) und Lyrico
Das Aufeinandertreffen von Lyrico und Der Fischer war das erste Highlight an dem Abend. Ein negativ konnotiertes allerdings, für das einer von den Beiden durch seine unglaublichen drei Chokes in drei Parts fast ausschließlich alleine verantwortlich war. Häme, Sarkasmus, Spott und ein beschämtes Wegsehen vom Publikum waren die Folge.
Davie Jones (links) und Le Nerd
Nach diesem peinlich berührten Auftritt machte ich mir völlig zu Recht Hoffnung mit Le Nerd und Davie Jones, ein Battle auf Augenhöhe und mit Niveau zu sehen.
Zwar hatte ich Le Nerd in seinem letzten Battle gegen Fresh Polakke nicht allzu positiv in Erinnerung, wusste ich dennoch, was er fähig ist zu leisten. War er in der Vergangenheit eher ein Typ Battle-MC, der sich durch eine Mischung aus Babyface, (Pseudo)-Intellekt und hochnäsigem Auftreten auszeichnete, stand dem Münchner Davie Jones an dem Abend ein gut vorbereiteter 1,90 m-Schlaks mit Vollbart und aggressiver Attitüde, der bereit war abzuliefern, gegenüber.
Vielleicht war es der Tatsache geschuldet, dass ich von Davie Jones bis dato nur ein Battle gesehen habe und ihm dadurch einiges an Vorschusslorbeeren gab, aber vor dem Battle hatte ich den Bayrer, aufgrund seiner Delivery, leicht favorisiert.
Schlussendlich kam es zu einem Aufeinandertreffen mit genug Zündstoff für die restlichen zwei Battles, das kurz zu eskalieren drohte, und einen eindeutigen Gewinner hervorbrachte.
MC Mirror (links) und Mars B
Es folgten Mars B. und MC Mirror. Eine Konstellation, die in dieser Art wohl für die Veranstalter und das Publikum am interessantesten ist: Jung gegen Alt, Rookie gegen Veteran, hungrig gegen abgeklärt. Die einen stehen auf ein wildes Auftreten und die anderen mögen es eher routiniert. Auch war es ein Aufeinandertreffen der Techniken: Mars B, der für viele zu sehr nach seinem Kumpel Gregpipe klingt und dadurch völlig zu Unrecht unterschätzt wird, zeichnet sich weniger durch seinen Flow und mehr durch seine komplizierten Reime aus, während MC Mirror mit Sprüchen punktet und dessen Parts eher als ein Ganzes gesehen werden sollen. Keine Chokes und viel Gutes war dabei – eine reine Geschmacksfrage.
Iron Basic (links) und Gregpipe
Nach fünf Battles und drei Stunden kam es zum großen Showdown – ein Clash der Generationen: Gregpipe und Iron Basic vs. BattleBoi Basti und Besser.
Für einen wie mich, der Battlerap seit über zehn Jahren verfolgt und über die gemeinsame Vergangenheit von Gregpipe und Iron Basic, damals noch Basic One, die 2007 auf der zweiten Ausgabe von „Feuer über Deutschland“ gipfelte, Bescheid weiß, war alleine die öffentliche Bekanntgabe des Battles ein Grund zu feiern. Dass solch zwei alten Hasen gegen zwei junge Rapper antraten, die nicht minder talentiert in Sachen Battlerap sind, aber einen völlig anderen Ansatz verfolgen, lies die Vorfreude bei mir weiter ansteigern.
Welchen Style wird das größtenteils noch junge Publikum und vor allem die Jury mehr feiern? Natürlich will den Veranstaltern nichts vorwegnehmen. So bleibt mir nur zu sagen: Es war einer geschichtsträchtigen Battles seit langem. Ein durchweg hohes Niveau, unzählige gute Punchlines und Sprüche, sowie Entertainment auch abseits des Gerappten. Beide Teams harmonierten auf ihre ganz eigene Art und Weise perfekt miteinander. Während BattleBoi Basti und Besser wirklich zu einer Person mutierten, setzten Gregpipe und vor allem Iron Basic auf Delivery. Es war das letzte Battle von Iron Basic und ob Gregpipe jemals wieder batteln wird bleibt offen.
Fazit
Leider war die Besucherzahl an dem Tag recht gering, was sicherlich auch am „Mid Summer Day“ lag. Schlecht für die Veranstalter, gut für die Besucher. Wieso gut für Besucher? Es ist genau das, was DLTLLY ausmacht – klein und „elitär“. Die MC’s müssen nicht vor sondern direkt im Publikum überzeugen – eine Königsdisziplin, wie ich finde. DLTLLY ist die Schnittstelle zwischen der Old- und der New-School des Battleraps. Deswegen ein kräftiges „Bleib so wie du bist, DLTLLY!“ aus Berlin-Friedrichshain!
Stream
Ab dem 12. Juli werden alle Battles nach und nach auf YouTube online gestellt. Den Upload-Plan gibt es auf der DLTLLY-Facebookseite. Ungeduldige können die Battles allerdings mittles Pay-Per-View auf dem Vimeo-Channel von DLTLLY bereits jetzt schon sehen. Allerdings ohne die Jury-Entscheidung und die Interviews (die gibt es dann alle auf Youtube).
Checkt hier bereits den Post-Trailer:
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Alle Fotos: (c) Daniel Müller & Porli Parker