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P.M.B. (Play My Beatz) –„Taxi Driver“ (Producer-LP) (Review)

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Ohne Zweifel, Deutschlands’s Produzenten-Szene braucht sich schon lange nicht mehr vor Frankreich und den USA zu verstecken. Mittlerweile gibt es genug Produzenten, die auf einem qualitativ hochwertigen Level quantitativ produzieren können. Einzig und allein die fehlende Wertschätzung von Konsument und Rapper haben die Produzenten aus den eben genannten Ländern uns noch voraus.

Mit seinem zweiten Produzenten-Album „Taxi Driver“ versucht der P.M.B. dies nun zu ändern. Blickt man auf seine Arbeiten zurück, so lässt sich hier eine beeindruckende Liste festhalten, die gespickt ist mit Namen von Rapgrößen wie BOZ, Pa Sports, Bonez MC & AchtVier von der 187 Strassenbande, Hamad 45, Reeperbahn Kareem, Laas Unltd, Franky Kubrick, Spax oder Sleepwalker. Anscheinend genießt der Hamburger sowohl unter den Straßenrappern als auch unter Trueschoolern größtes Vertrauen. Neben etlichen Einzelproduktionen auf verschiedenen Alben u.a. auch auf dem „Sampler Nr. 3“ von der 187 Strassenbande kann P.M.B. auch zwei eigene Producer-Alben, die beide auf Titel „Play My Beatz“ hören, aus den Jahren 2007 und 2013 vorweisen. Nach nunmehr zwei Jahren legt er endlich nach und veröffentlicht mit „Taxi Driver“ sein drittes Producer-Album, auf dem es unter anderem Beiträge von Bonez MC & Gzuz, BOZ, den Rattos Locos (Nate57 & Telly Tellz), Toni der Assi, Jaysus, aber auch Mehrzad Mahrashi & Taleb und auch nach langer Zeit wieder einmal von Spax & Rasheed und Dj Mirko Machine zu bestaunen gibt.

Bei solchen Alben ist es immer spannend zu beobachten, welche musikalische Richtung der Produzent einschlägt. Eins vermisst man auf diesem Album aber stets besonders: einen roten Faden. Man mag es facettenreich nennen. Oder eben auch unstimmig. Das ist sicherlich Auslegungs- und Geschmackssache. Bei einer solchen Vielzahl von Künstlern ist es schier unmöglich ein stringentes Konzept über den musikalischen Weg zu erreichen. P.M.B. hat hier einen anderen Weg gewählt – er hat ein Produzentenalbum aufgenommen, auf dem er seinen Haupt- und seinen Nebenberuf mustergültig zusammenführt. „Steig ein bei P.M.B., denn es wird abgefahren“, rappt Telly Tellz auf seinem Solo-Song „Abgefahren“. Damit ist der Rahmen dieser Platte kokett, aber trefflich abgesteckt. Entstanden sind hier spannende, wahre, wie auch fiktive Songs die den Alltag eines Hamburger Taxifahrers widerspiegeln.

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Bereits die im Vorfeld als Video ausgekoppelten Tracks „Taxi Driver“ mit BOZ, „Ruf dir dein Taxi selbst“ mit Jaysus, „Meine E-Klasse“ mit Esta und „Es rollt wieder“ mit Gzuz und Bonez bewiesen, dass man dieses Albumkonzept durchaus innovativ und facettenreich verpacken kann. Dabei legt der Produzent darauf Wert, die bekannten Stärken von jedem MC bestmöglich in den Vordergrund zu rücken. Kommen wir zu den Tracks:

Das Album lässt sich atmosphärisch in drei Kategorien unterteilen: Straßenbanger, 90er-Jahre Bomm Bap und Bereich Soul / R&B.

Das Intro geht gleich nach vorne und gibt einen guten ersten Eindruck in welche Richtung sich das Album größtenteils bewegt. Capuz mit seinen Strophen und DJ Mirko Machine mit jeder Menge Cuts sorgen für einen Paukenschlag, den man so schnell nicht vergisst. Der Start ist also furious, nicht nur Capuz’ Doubletime-Passage beschlenigen von 0 auf 100 in etwa drei Sekunden.

Jaysus’ Solo-Track „Ruf dir dein Taxi selbst“ geht atmosphärisch in die gleiche Richtung, was nicht gleich zu einem Gefühl von „Kenn’ ich bereits“ führt. Ganz im Gegenteil: Jaysus versteht es den wilden und treibenden Beat zu kontrollieren um uns eine Geschichte über seine Bekanntschaft von letzter Nacht, die er einfach nicht loswird, zu erzählen. Gewohnt witzig, versteht sich.

Neben dem Titeltrack liefern Gzuz & Bonez mit „Es rollt wieder“ ein wahres Straßenrap-Manifest ab. Hier trifft die magengruben­durchdringende Bassline aus dem Synthie von P.M.B. auf abstrus-grandiose Reimketten („Goldgräber“, „Voll Leder“, „Neunzehn Zoll Räder“), bevor das Stück in einer angesungen „Biggi“-esken Bridge gipfelt.

Auch eben erwähnter Titeltrack behält das hohe Tempo weiterhin bei. Musikalisch, nicht bpm-technisch. BOZ beweist eindrucksvoll, dass er über einen eingehenden und lockeren Flow verfügt. Der Hamburger schildert seine Eindrücke einer Nacht auf der Reeperbahn und dem harten Leben auf den Hamburger Straßen, sobald es dunkel wird, verpackt in eine für Hamburg typische „Rotlicht“-Story. Sperrige Drums kombiniert mit 90er-Klängen wie man sie bereits aus Mario Winans’ „I don’t wana know“ kennt und Gitarren. Ein interessanter Mix, der alles andere als zusammengewürfelt daherkommt.

Abgerundet wird das Gesamtbild von einem gut gelaunten Toni der Assi und einem Solo-Track von Telly Tellz. Gebt diesem Mann ein schnelles und energiegeladenes Instrumental auf dem er seinen Hang zum britischen Grime ausleben kann und er liefert dir im Gegenzug „Rocky 7“ auf CD.

Dass Hamburg nicht nur aus Regen und grauen Wolken besteht, beweisen Nate57, Telly Tellz & Mr. Landy auf „Zu heiß“ indem sie das G-Funk Instrumental ausnutzen um eine Block Party zu feiern wie es Dr. Dre und Snoop Dogg nicht besser hätten machen können.

Neben all den schlagfertigen Künstlern wirkt Esta leider wie flüssige Sahne. Ihm fehlt es einfach an Persönlichkeit oder was Besonderem. Esta ist wohl so ziemlich die Definition von 08/15 Rapper. Auch wenn ich ihm sein musikalisches Verständnis wirklich nicht absprechen will, aber eine Story über eine Liebesbeziehung zum eigenen Pkw auf einem derart cheesigen Instrumental inkl. angepichten Refrain, den man bereits vor zehn Jahren auf unzähligen Soundclick-Profilen bereits gehört hat, lässt den Funken beim Hörer nicht überspringen, den Humor nicht genug in den Vordergrund rücken und mich fast schon automatisch „skippen“.

Die nächsten Gäste heißen Joka und Lenny Morris mit „Es kommt“, dessen Refrain ebenfalls von einer gepitchten Frauenstimme „gesungen“ wird. Die Hook, das Klavier und der recht einfach gestrickte Text bestehend aus haufenweise Phrasen im Sinne von „Ich-geb-dir-Kraft“ lassen den Track zu einem der wenigen Ausfälle werden. „Es kommt“ – ich gehe. Da helfen auch keine zwei Rapper, auf die sonst Verlass ist.

Zwei Tracks, die alleine schon durch die Tatsache, dass darauf gesungen wird, herausstechen sind „Taxi Life“ von DSDS-Gewinner Mehrzad Marashi & Taleb sowie „Scherben“ von Spax & Rasheed. Deutschsprachige Gesangskünstler haben es im Bereich Soul / R&B wahrlich nicht leicht. Entweder scheitern sie bereits an der Umsetzung von Talent in die deutsche Sprache (und versuchen sich daraufhin wenig später mit englischen Liedern) oder sie verbringen ein unscheinbares Dasein im Schatten von Rap-Akteuren, die für ihre Hook gerade mal wieder eine Stimme gebrauchen können. Eine reichlich undankbare Aufgabe, mit der sich P.M.B. keinesfalls zufrieden geben möchte. Tatsächlich gibt es auf den ersten Blick nur wenig zu bemängeln. Die Instrumentale sind von guter Qualität und bilden zumeist eine wunderbare Symbiose. Besonders das Sample, das ich aus Fettes Brot’s „Die meisten meiner Feinde“ kenne, harmoniert perfekt mit der Stimme von Mehrzad Marashi und sorgt beim Hörer einfach nur für ein sommerliches Gefühl. Tiefgang nicht vorhanden und nicht erwünscht. Das bedrückende und intensive „Scherben“ hingegen ist zu mehr gedacht als bloße Hintergrundbeschallung. Spax rappt über seine Krisen im Kopf, die ihn tagtäglich begleiten, auf einer für ihn erdachten und erbauten Plattformen, wie sie sich so manch anderer Soul-Sänger/Rapper wünschen würde.

„Taxi Driver“ rückt nicht wie viele andere Produzentenalben davor die Künstler in den Vordergrund, sondern den Produzenten. Hier geht es nicht darum eine neue Seite des Rappers zu zeigen. P.M.B. beweist hier, dass er durchaus in der Lage ist für jedes Subgenre von Hip Hop qualitative Instrumentals zu schustern. Dass er dabei ein besseres Händchen für die harten Straßenbanger und den G-Funk besitzt als für den 90er BoomBap ist ihm glaube ich auch selbst klar, wenn man sich die Gewichtung der Tracks auf der Platte einmal betrachtet. Sowohl das Line-Up als auch die Produktionen stimmen und untermauern P.M.B.’s Stellung, einer der besten Beat-Bastler für Street-Rap des Landes zu sein, der trotz all dem noch unter dem Radar der ganz großen Aufmerksamkeit fliegt. Besonders bei den Gästen kann man dieses Album für alle Fans des Hamburger Straßenrap derzeit eigentlich gar nicht mehr toppen. Außer einigen Durchhängern auf den anderen Baustellen gibt es hier nicht wirklich viel zu beklagen. Ein Producer-Album, das man sich wirklich mit gutem Gewissen zu Gemüte führen kann. Wieso das Rad neu erfinden, wenn es noch einwandfrei rollt?

Cover-Artwork:
PMB_Taxi_Driver

Tracklist
01. Intro feat. Capuz & Dj Mirko Machine
02. Taxi Driver feat. BOZ
03. Es kommt feat. JokA & Lenny Morris
04. Ruf dir dein Taxi selbst! feat. Jaysus
05. Zu Heiß feat. Nate 57, Telly Tellz & Mr. Landy
06. Es rollt wieder feat. 187 Straßenbande (Bonez MC & Gzuz)
07. Meine E-Klasse feat. EstA
08. Abgefahren feat. Telly Tellz
09. Ich fahr dich feat. Reeperbahn Kareem
10. Anti gegen alles feat. Toni der Assi, Rejoice & AmiA
11. Taxi Life feat. Mehrzad Mahrashi & Taleb
12. Scherben feat. Spax & Rasheed

Top 3
„Taxi Driver“ von BOZ – melancholischer Straßenrap straight outta HH.
„Es rollt wieder“ von Gzuz & Bonz – Mitten auf die 12.
„Scherben“ – klanglich weiter draußen, gefällt dennoch.

Full-Stream

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Mehr Informationen zu P.M.B. (Play My Beatz) findest du bei Facebook.


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