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(Prod. By) – Interview mit Fotograf Robert Winter über sein Bildband

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Foto: (c) Robert Winter

Fotograf Robert Winter veröffentlicht mit „(Prod. by)“ sein Herzensprojekt. Es handelt sich um ein Fotobuch, das die hiesige Beatszene abbildet.

Die Fotos entstanden in einer Zeit, in der die oft übersehenen Beatmaker aus dem Schatten der Rapper springen und plötzlich selbst die Bühnen der Nationen entern.

Als Fotograf und Freund begleitet Robert Winter einen großen Teil der Szene bereits jahrelang. So sind in den letzten zehn Jahren über 80 Cover Artwork durch seine Fotokamera entstanden – unter anderem für die „Hi Hat Club“ Serie. Zu einigen der Plattencover hat uns Robert in diesem Interview bereits die dazugehörigen Geschichten erzählt.

Wir haben uns erneut mit ihm getroffen und ihm einige Fragen über sein „(Prod. By)“-Projekt, die hiesige Producer-Szene und seinen Einstieg in die Fotografie gestellt.

Foto: (c) Robert Winter

„(Prod. By)“ nennt sich der Titel deines Bildbandes, den du kürzlich über Kickstarter finanziert hast. Wie ist die Idee beziehungsweise die Motivation entstanden, deine Bilder in Buchform zu veröffentlichen?

Na ja, ich denke mal, es ist deswegen, weil jeder Musiker seine Sachen gerne auch physisch, real, auf Platte oder CD haben möchte. Es wird ja zunehmend alles mehr virtuell konsumiert. Aber auch wieder schneller vergessen.

Ich merke es ja an mir selbst: Ich konsumiere so viele Bilder, Berichte und Reportagen, dass der Inhalt nach kurzer Zeit verfliegt. Vergessen wird. Ich mache aus diesem Grund jährlich ein kleines Magazin in Kooperation mit Carhartt, wo ich eigentlich nur meine Reise Streetphotography Bilder aus einzelnen spannenden Destinationen sammele. Etwas was jeder zweite Instagramkanal macht.

Aber die Leute kaufen und lieben es. Ich bekomme gutes Feedback das sie das Magazin in der WG rumliegen lassen und dann eher zufällig darin stöbern und so immer wieder in diese Welt gezogen werden.

Mit meinen Fotobüchern und Magazinen zuhause ist es das gleiche. Dadurch, das es real da ist und im Regal steht oder herum liegt, wird es zu einem Ding, einer Sache. Ich blättere dann ab und zu darin rum und lasse mich inspirieren, mach mir so meine Gedanken und schweife ab.

Es hat einfach eine andere Wertigkeit, als am Bildschirm 230 Bilder zu überfliegen. Gerade heute, wo der Großteil eh nur noch an ihrem kleinen Handyscreen Bilder swipen, verpassen sie die Hälfte. Das Buch wird aufgeklappt und ist ungefähr so groß wie eine Schallplatte. Ich will da auch mit dem Finger drauf zeigen und sagen SCHAU DIR DAS AN!

Foto: (c) Robert Winter

In dem Buch stellst du zahlreiche Fotos vor, die du in den zurückliegenden zehn Jahren von Producern wie Suff Daddy, Brenk Sinatra, Shuko und Hulk Hodn geschossen hast. Kannst du dich noch an dein erstes Projekt erinnern, das du damals begleitet hast? Wie hat sich das damals ergeben?

(überlegt) Es ist alles so fließend. Aber ich glaube der erste prägende Abend war der, als Hubert Daviz mit Suff Daddy und Tobrock zu mir nach Hause kamen und ich die Jungs beim Kennenlernen und Bier trinken direkt fotografiert habe.

Hubert hatte ich einige Wochen vorher kennengelernt. Er hat sein erstes Beattape veröffentlicht, was ich irgendwie mitbekommen und stark gefeiert habe. Danach habe ich ihn angeschrieben, wie man das bei Myspace damals halt gemacht hat und wir stellten fest, das wir uns quasi den gleichen Hinterhof teilten.

Cover Artwork zur „Hi Hat Club Vol. 6“ LP (Melting Pot Music)

Das ist der Hinterhof auf dem Cover der „Hi Hat Club 6“ mit Adlib, der danach da wohnte. An dem besagtem Abend ist auch das Cover der EFIL4FFUS Repress entstanden. Und der „typische Hi Hat Stil“ hat sich da gefunden, mit dem stark angeblitzt und viel schwarz, weil ich ganz viel Molton hatte, den ich überall an die Wände gehangen hatte.

Welche Gedanken gehen dir durch den Kopf, wenn du dich an die Anfangszeitzeit erinnerst und mit welchem Equipment hast du damals fotografiert?

Na ja, zu den Anfangszeitzeiten, als man mittendrin steckte, hat man das gar nicht so wahrgenommen. Wir haben das einfach gemacht. Es war ein lustiges Gefühl von Freiheit. Keiner hatte irgendwie Druck, es war gefühlt für alle so ein Nebenprojekt wo man sich ausleben konnte.

Die Produzenten mussten sich mit keinem Rapper abstimmen oder auf Parts warten. Die haben einfach Beats gemacht. Man dachte, ‚jo das interessiert vielleicht n paar Leute‘, aber keiner ging davon aus, das man davon leben könnte. Da nicht viel Geld da war, lies man mir auch freie Hand. Alle waren ja froh das überhaupt etwas passiert.

Ich glaube, ich hatte in den Anfängen noch meine Canon die ich mir mit Ratenkauf gerade so leisten konnte. Nach und nach habe ich mich dann reingesteigert. Jeder verdiente Cent wurde in neues Equipment, neues Licht und irgendwelche Spielereien investiert.

Foto: (c) Robert Winter

Wie sah die Beatmaker-Szene zu diesen Zeitpunkt aus? Hättest du es damals für möglich gehalten, das Producer-Alben bzw. Beat Tapes so sehr an Relevanz gewinnen würden, wie es inzwischen der Fall ist?

Na ja, dass es eine Szene ist, merkt man glaube ich eher retrospektiv oder von außen. Ich würde einfach sagen, das es in verschiedenen Städten einfach Dudes mit den gleichen Interessen gab, die sich dann übers Internet gefunden haben. Das erste Beat BBQ war auch eher ein Nerd treffen, eher so etwas wie eine Convention (lacht).

Das erste mal, dass ich dachte, hier passiert gerade etwas großes, war beim 3. BeatBBQ, als wir ausverkauft waren und wir Leute an der Tür wieder nach Hause schicken mussten, die extra aus München zu der Party kamen.

Es ist ja nach wie vor sehr nischig und speziell. Aber es gibt jetzt halt auch einen wirtschaftlichen Aspekt, weil Leute diese Musik ohne Gesang oder Rap – ohne das jemand eine Geschichte erzählt oder Liebeschwüre trällert – gerne hören, um sich in eine Stimmungen zu versetzen.

Foto: (c) Robert Winter

Es gibt Playlisten und Sampler in den verschiedensten Auswüchsen. Es ist egal ob du chillen oder fies Pogo machen willst zu einem harten Beat Brett. Ich glaube das hat für viele da draußen auch den Weg zur Hip-Hop Musik vereinfacht. Manchmal reden Rapper halt auch echt Mist.

Aber auf den Groove und den Vibe von Rap kann man sehr gut sein Leben leben. Aus heutiger Sicht ist es völlig logisch, dass das mehr Leute interessiert. Damals haben wir nicht so weit gedacht. Man hat die Musik eher für sich selbst gemacht.

Du hast die Künstler auf ihren Touren begleitet, auf ihren Sofas geschlafen und sie bei der Arbeit fotografiert. Wie schwer ist es dir gefallen, eine Grenze zwischen Freundschaft und Beruf zu ziehen?

(überlegt und lacht) Es gibt keine. Also wirklich. Ich habe natürlich auch einige Jobs gemacht für Major Labels, die mich random buchen, um ihren random Künstler xyz zu fotografieren. Aber aus allen Berufsbeziehungen, die mich selbst angefragt haben und die ich dann auch zugesagt habe, ist sehr oft eine freundschaftliche Beziehung geworden.

Mit Suff Daddy telefoniere ich fast täglich. Hubert seh ich regelmäßig. Zu Twit One gehe ich mindestens einmal im Monat in den Plattenladen und es gibt noch weitere Beispiele.

Das habe ich nicht forciert oder geplant. Man hört die Musik, die sehen Bilder von mir, man mag das gegenseitig, man lernt sich kennen und mögen. Da man ja einen ähnlichen Ästhtischen Ansatz hat, gibt es denke ich auch zwischenmenschlich eine Basis
und dann ergibt sich das eben so.

Das macht es für mich aber auch so besonders, denn die Jungs sind ja keine Klienten oder Kunden. Das sind echte Kumpels, mit denen man seinen Traum leben kann: Freiberuflich, Kultur schaffend.

Foto: (c) Robert Winter

Johannes Roth begleitete unter anderem Evidence auf seiner Tour und hat uns mal gesagt, das er ein „Don’t get Lost Bag“ hat, den er auf Tournee zu jedem Zeitpunkt bei sich trägt. Hast du auch so etwas?

Kommt immer ganz drauf an. Manchmal mache ich das Tourmanagment und kümmere mich um alle Angelegenheiten vor Ort abseits der Bühne. Ja dann ist das ein großer Rucksack (lacht). Aber sonst habe ich eher meine Leica umgeschnallt und laufe einfach mit. Wenn wir um 5:00 Uhr morgens auf dem Fischmarkt in Hamburg langsam wieder zu uns kommen, bin ich ganz froh das ich nicht so viel Zeug habe.

Robert Winter

Foto: (c) Robert Winter

In all den Jahren ist sicher eine große Menge an Bildern zusammengekommen. Wie hast du es geschafft, bei der Vielzahl an Material die Übersicht zu behalten? Nach welchem Muster hast du die Fotos für dein Bildband ausgewählt?

Es gibt Bilder, die immer in meinem Kopf sind. Viele vergisst man und die findet man dann beim durchklicken der einzelnen Dropbox Ordner. Aber manche – und bei diesem Projekt echt viele – haben sich in meinen Kopf gebrannt, weil es für mich selber dann auch so besondere Momente waren.

Das einzelne Bild ist vielleicht gar nicht besonders. Aber wenn ich es mir ansehe, kommt das Gefühl wieder, das ich beim knipsen hatte. Die zeitliche Zuordnung ist aber nicht ganz einfach. Ich bin leider etwas chaotisch.

Welche Geschichten sind dir in all den Jahren ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Ich kann nicht so gut Geschichten erzählen, aber mir fallen immer wieder Bilder ein, wie zum Beispiel dieses.

Stagediving beim Beat BBQ 2011 / 2012, Foto: (c) Robert Winter

Beat BBQ 2011 oder 2012 damals noch in der Location JackintheBox. Eine riesige Halle, es waren damals über den Tag verteilt um die 1.500 – 2.000 Leute da. Die Betty Ford Boys spielen gerade einen ihrer ersten Auftritte. Alles springt, alles ist cool.

Doch scheinbar war der Bass etwas zu laut, so dass die Polizei vorbeikam und uns den Sound der Anlage abdrehte. Suff Daddy hält eine wütende Brandrede über die Ungerechtigkeit der Welt, Dexter checkt an den Reglern und realisiert, das sie nur die Anlage nicht aber die Monitor-Boxen abgedreht haben.

Foto: (c) Robert Winter

Er dreht also auf, Figub Brazlevicz springt auf die Bühne, schnappt sich die Box und geht in die erste Reihe, Dexter spielt eines seiner Bretter und die Leute rasten aus. Alle schreien, einer macht sogar ernsthaft Stagediving.

Ich meine, ich dachte, wir spielen hier nur ein paar Beats.

Foto: (c) Robert Winter

2008 bis 2019 ist eine lange Zeit. Wie hast du die technische Entwicklung der Fotokameras wahrgenommen und mit welchem Equipment fotografierst du heute am liebsten?

Ja komisch, es ist ja irgendwie auch gar keine so lange Zeit. Aber aus verschiedenen Blickwinkeln liegen wirklich Welten dazwischen. Technische Neuerungen gibt es ja mittlerweile jährlich!

Wenn du überlegst: Wir haben angefangen, da hatte jeder einen Myspace-Account und hat sich eben so dargestellt in diesem Internet. Ich als Fotograf, die Jungs mit ihrer Musik. Ich hatte mir – weil damals nur Hobby – eine Canon 350d, später 5d gekauft und dann damit gearbeitet, wie ich dachte, das es cool sei.

Foto: (c) Robert Winter

Ich war völlig unwissend, worauf ich achten sollte und was wichtig oder besonders an einer Kamera ist. Welches Computer Programm, welches Licht und so weiter. Ich hatte keine Fotofreunde mit denen man sich austauscht. Ich hing nur mit Musikern rum und war da das Alien.

Da hatte ich schon viel Lehrgeld bezahlt, um herauszufinden, was mir liegt, was ich möchte und was eben nicht. Jede Arbeitsweise und jedes Setup beeinflusst, inwieweit du deine Bilder machst, bzw. was du mit den Bildern machst.

Foto: (c) Robert Winter

Vor zehn Jahren kannte ich kein Lightroom und was man alles noch so machen kann. Ich kam aus einer analogen Welt. Ich habe früher sogar noch in der Dunkelkammer entwickelt. Danach kam ein gecracktes Photoshop und so weiter. Jetzt, wo ich davon leben kann und ungefähr weiß, wo meine Stärken liegen und wofür ich gebucht werde, habe ich ein sehr konstantes und stabiles Setup.

Für meine freien dokumentarischen Sachen habe ich nun seit einigen Jahren eine Leica M, weil Murat Aslan mich dazu überredet hat, das ganze Geld da rein zu investieren und ich bin ihm noch heute dankbar dafür.

Das war damals so teuer, die Kamera habe ich jahrelang abbezahlt, mir dadurch aber auch keinen Mist mehr gekauft. Keine billigen, halb geilen Linsen und so was. Diese Kamera hat aber halt auch starke Limitierungen. Sie führt und leitet dich.

Für Portraits habe ich mittlerweile eine Hasselblad X1D. Das ist digitales Mittelformat. Das ist nerdig, aber einfach krass, wie es aussieht und was dabei herauskommt. Der Sensor ist doppelt so groß, wie bei einer normalen Digitalkamera und kann so logischerweise viel feiner und detaillierter abbilden.

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Der Beitrag (Prod. By) – Interview mit Fotograf Robert Winter über sein Bildband erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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