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„Das Album greift alle Stränge auf, die ich als Tua angefangen habe“– Interview mit Tua über sein drittes Solo-Release

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Tua Interview

RAB-Autorin Vanessa im Interview mit TUA über sein neues Album, Foto: (c) Laura Külper

Zehn Jahre nach „Grau“ und sieben Jahre nach „Raus“ veröffentlicht Tua am 22. März 2019 sein neues Album. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns mit ihm über das Release auszutauschen.

Die bereits veröffentlichten Singles „Vorstadt“, „Vater“ und „Wem mach ich was vor“ zeigen, dass der Berliner immer noch der Melancholie-König ist. Doch auch darüber hinaus ist das Themenspektrum weitflächiger geworden.

Wir haben uns schon vor Albumrelease mit dem Producer, Rapper und Sänger in Berlin getroffen und über seine Entwicklung, sein Leben als Künstler und das kommende Album unterhalten.

Interview mit Tua

Es hat einige Zeit gedauert, bis man wieder neue Solo-Tunes von dir gehört hat. Wie erleichtert warst du, als das Release-Date zum Album kommuniziert wurde?

Als wir das Album angekündigt haben, war es noch nicht fertig. Deshalb war es dann erstmal umso stressiger. In dem Moment, in dem ich es dann abgegeben hatte, war es schon eine große Erleichterung.

Die Albumpromo ging mit der Veröffentlichung von „Vorstadt“ los. Danach war meine persönliche Timeline bestimmt drei Tage lang fast nur voller Vorfreude – egal, ob von anderen Musikern, Journalisten oder anderen Menschen aus der Szene. Hast du eine ähnliche Wahrnehmung erlebt?

Ich freu mich sehr über deine ‚Bubble‘, aber es ist halt vor allem auch deine Bubble. Aber an und für sich ist es doch schön, dass es so viele Leute interessiert. Vor allem, wenn man so lange weg war und es dann umso größer zurückkommt.

Video: Tua – „Vorstadt“

Das allererste mal habe ich dich auf dem Track „Was ist eine Frau“ mit Kaas, Sucuk Ufuk und Kool Savas wahrgenommen. Kurz darauf habe ich einen Song der Orsons entdeckt und dann „Dein Lächeln“ oder „Es regnet“ gehört und war komplett verwirrt.

Nach meinem Empfinden sind da drei total unterschiedliche Tuas und trotzdem wirken alle Songs authentisch. Geht es dir ähnlich oder hattest du bei einem der drei Stationen das Gefühl, dich verstellen zu müssen?

Oh fuck, “Was ist eine Frau” – du kennst den Song und redest tatsächlich noch mit mir? Das, was auf “Grau” bei dir angekommen ist, das ist auf jeden Fall meine Mitte und die anderen Sachen sind Ausdrücke dessen, dass ich noch jung war und überall mitgemacht habe.

Dieser “Was ist eine Frau”-Track ist mir krass peinlich im Nachhinein! Das will ich auch aufs allerhärteste widerrufen, obwohl ich das damals alles schon als Humor verstanden habe – das hört man meinem Part ja auch an. Aber trotzdem ist es einfach das dümmste Statement. Wenn ich es rückgängig machen könnte, dann würde ich das natürlich sofort machen. Das war und ist einfach nicht mein Frauenbild. Ich meine, ich bin jetzt verheiratet und habe eine Tochter, da hat sich die Sicht auf viele Dinge sowieso nochmal geändert.

Ab und an verfolgen mich immer noch Erzeugnisse der Vergangenheit, als ich als 17-Jähriger einfach nur dummes Zeug geredet habe. Das Internet vergisst bekanntlich nichts. Es ging für uns damals im Rap einfach nur darum dumme Sprüche zu klopfen und harte Lines zu bringen – um Frauenhass ging es nie.

Wenn ich daran denke, was früher im Rap für eine Sprache verwendet wurde. Das ist jetzt Gott sei Dank auch anders und hat sich weiterentwickelt. Doch ich finde es schon verrückt. Je reflektierter man als Künstler wird, desto mehr wird einem dann eben so etwas aus vergangenen Tagen vorgehalten.

Dabei halte ich mich für einen der Korrekten, der mega vorsichtig ist mit dem, was er sagt und Wert auf Inhalte legt. Wohingegen andere immer noch nicht darüber nachdenken was sie sagen.

Der Track „Bruder“ aus dem Album „Grau“ ist Wandam gewidmet. Er hat dir auf seiner „Alexander“ EP sechs Jahre später ebenfalls mit einem Song namens „Bruder“ geantwortet. Eine Zeile von dir kehrt er um in „Ich sehe dir zu und sehe dein Leben ist gut und du redest es mies“. Inwiefern trifft der Satz heute noch auf dich zu?

Ich habe mein Leben nicht mies geredet. Die Wahrheit ist immer eine gefühlte Wahrheit und in dem Moment habe ich mich mies gefühlt und das zum Ausdruck gebracht.

Wandam feat. KAAS – Bruder

Aber der Track „Bruder II“ vom neuen Album ist nicht an Wandam gerichtet?

Nein, aber wir sind alle aus der gleichen Clique.

Wonach gehst du, um zu entscheiden, was du für gut befindest?

Das ist echt eine gute Frage. Ich würde sagen, es ist einfach ein Gefühl. Wie genau dieses Gefühl entsteht, darüber habe ich mir auch schon einige Gedanken gemacht und keine endgültige Antwort darauf gefunden.

Ist es vielleicht so, wenn du etwas nach drei Tagen immer noch gut findest?

Das spielt auch mit rein. Aber ich glaube auch, dass sich die Kriterien mittlerweile verändern. Feedback von anderen Leuten war mir zum Beispiel früher fast komplett egal und jetzt ist es mir wichtiger geworden.

Ich habe hier ein Zitat aus dem Booklet der Kosmos-Box:
„Ich bin ein Künstler für Künstler, ein Verkünstler. Ich finde mich abwechselnd so geil, dass es wieder scheisse ist, oder so scheisse, dass es wieder geil ist.“

Bei der Backspin ist vor Kurzem ein Artikel erschienen in dem dein Status analysiert wurde und das passt ganz gut. Siehst du dich immer noch als “Verkünstler”? Denn auf dem Album klingt es so, als wärst du mehr bei dir angekommen.

Ich habe auch das Gefühl, dass ich etwas offener geworden bin. Ich habe mich auch bemüht, mich darauf zu besinnen, was daran geil ist und auch mal zulassen, andere nach ihrer Meinung zu fragen, damit sie mir sagen, was sie daran mögen oder auch nicht. Das hat schon geholfen.

Also denkst du deine Sachen nicht mehr kaputt?

Doch, das mach ich immer noch. Wenn ich einen Song mache, dann ist es erstmal eine Idee für ein Thema. Vielleicht ein Gefühl und eine Idee, wie man das musikalisch umsetzen kann und dann heißt es aber nicht, dass der Song gleich beim ersten Versuch passt. Es kann auch sein, dass ich den Song nicht so gut finde, aber das Thema ist immer noch geil. Dann leg ich es erstmal beiseite und versuche es vielleicht später nochmal.

Irgendwann merke ich: “Hey, da sind fünf Songs, die alle auf das gleiche hinaus wollen.” Dann leg ich das alles zusammen – bei “Vorstadt” ist das zum Beispiel so gelaufen. Aber ich mag das Wort “verkopft” nicht so, ich bin eher gründlich und nicht so schnell zufrieden.

In dem Track “Ich von morgen” geht es ums Dicht-Sein und das Wissen, dass der nächste Tag nicht so gut wird deshalb. Meines Wissens nach trinkst du aber schon eine Weile keinen Alkohol mehr. Ist es dann nicht schwer dieses Gefühl des “Dicht-Seins” wieder nachzuempfinden?

Es ging auch nicht um Alkohol sondern um MDMA.

Oh, es klang für mich nach Alkohol.

Im Grunde ist es auch egal. Wenn ich Songs schreibe, versuche ich mein Gefühl und meine Erfahrung zu erkennen, das Wesentliche des Gefühls zu benennen und in den Song mit einzubauen. Möglichst so, dass es andere Erfahrungen nicht ausschließt.

So ein Song ist auch “Wem mach ich was vor”, da weiß ich ganz genau was die Sache ist, die ich zum Ausdruck bringen will. Aber es ist extra so geschrieben, das verschiedene Ebenen da funktionieren. Ich hab es einfach gerne, wenn man bei einem Song merkt: “Ah, der weiß wovon er redet.”, aber es schließt andere nicht aus.

Das jetzt nochmal anders als bei meinen alten Tracks von früher, bei denen ich das noch weniger vermieden habe.

Insgesamt klingt es auf dem Album so, als hättest du in letzter Zeit viel Zeit damit verbracht, dich mit dem Gefühl des verabschiedens zu beschäftigen. Ist das Album für dich also so etwas wie ein Neustart?

Das Album ist auf jeden Fall sowas wie ein Abschluss für mich und deshalb hat es auch diesen Selbsttitel “Tua”. Es greift alle Stränge auf, die ich so als Tua angefangen habe und führt sie zusammen. Der Tod und der Abschied ist aber auch so einfach ein großes Thema für mich in den letzten drei Jahren gewesen.

Bei “Liebe lebt” ging es mir eher um einen Lebensabschnitt. Das Gefühl mit allem, was dazu gehört, manifestiert in diesem Haus, wie so ein Zwilling von “Wem mach ich was vor”. Man läuft wieder an diesen Stellen vorbei und merkt aber: “Nee, diesmal seh ich nicht mehr alles, was wir waren, sondern alles ist irgendwie leer.”

Foto: (c) Laura Külper

In „Vorstadt“ sind Afrob und Bausa zu hören. Aber auch in dem Track „Gloria“ (1.40 Min) ist ein kurzer Feature-Part mit drin. Kannst du uns darüber aufklären, wer das ist?

Tarek von K.I.Z. Er ist schon seit Ewigkeiten ein guter Freund von mir. 2004 haben wir uns in Berlin kennengelernt und seitdem sind wir Freunde. Er ist auch immer wieder zu verschiedenen Phasen in meinem Leben aufgetaucht und auch jetzt in der Phase des Albums. Und dann lag es nahe, dass er zumindest auch auftaucht.

Dann haben wir noch – KAZKA eine ukrainische Band, die auf deinem Track “Bedingungslos” mit dabei ist. Wie hast du die Band entdeckt und wie kam der Kontakt zustande?

Ich bin irgendwann auf die gestoßen und fand die Musik einfach geil. Die haben ein Album gemacht, was ich fantastisch finde. Über’s Internet sind wir in Kontakt gekommen und dann haben wir das einfach gemacht. Es war ein Wunsch von mir dem Song “Bedingungslos” eine andere Farbe und Dimension zu geben.

Eine Zeit lang habe ich auch nach arabischen Sängern gesucht, aber es kam einfach nicht zustande. Die Zeile “Lieb mich, wenn ich es am wenigsten verdient hab” ist schon sehr groß und nur so ein reines Beziehungsding wäre mir zu kitschig gewesen. Deshalb wollte ich es international machen.

In dem Track “Vater” erwähnst du die ukrainischen Wurzeln deines Vaters und dass ihr nochmal in die Ukraine reisen wolltet. Dann hast du ein Feature mit KAZKA und dein Video zu “Wem mach ich was vor” wurde in der Ukraine gedreht. Ist der Tod deines Vaters der Auslöser gewesen, um dich mehr mit deinen Wurzeln auseinanderzusetzen?

Klar, das spielt sicher mit rein. Aber die Ukraine ist für mich nicht nur ein Land, sondern auch eine künstlerische Atmosphäre, die gut zum Album passt. Ich möchte jetzt nicht versuchen, total auf Ukrainer zu machen, was ich nicht bin. Aber es ist ein Teil von mir.

TUA – „Vater“

Irgendwie habe ich mit einem “Dieser Junge 2.0”-Song gerechnet oder regt dich die Rap-Szene und die Hypes nicht mehr so auf?

Aufregen tut sie mich nicht. Ich beschäftige mich damit aber auch nicht wirklich. Ich habe auch sonst nie so Rap über Rap-Songs auf meinen Solo-Songs gemacht, außer eben diesen eine Track. Das hätte auch nicht so auf das Album gepasst.

Im O.I.-Blog 3 hast du gesagt, dass dich Natur am meisten inspiriert. Aber thematisch werden bei dir visuell und auch in deinen Texten oft Plattenbauten aufgegriffen. Woher kommt deine Faszination für Plattenbauten und welche Gedanken verbindest du damit?

Natur ist vielleicht ein falscher Ausdruck. Ich meine eigentlich damit, dass mich meine Umgebung am meisten inspiriert. Ich finde Plattenbauten zum einen visuell spannend, denn da ist eine einfache Textur, die unglaublich viel erzählt. Man kann nicht dahinter gucken und hat trotzdem viel, was dahinter vorgehen könnte.

Ein Ein-Familien-Haus löst nicht so viel aus, aber ein Plattenbau ruft so viele Assoziationen hervor, die vielleicht auch gar nicht stimmen. Heutzutage haben Plattenbauten eher einen schlechten Ruf, aber früher waren das die modernen Wohnungen. Auch diese De-Personalisierung von den Bewohnern ist irgendwie spannend. All das finde ich im Zusammenspiel inspirierend.

Für mich gab es drei Orte innerhalb des Albums: Reutlingen, die Ukraine und Korsika. In Reutlingen war für mich so das Gefühl von alles cool. In der Ukraine waren überall diese Plattenbauten. Wir sind auch extra im Winter hin und da war alles so beklemmend. Bei “Dana” spielt dann Korsika zum Beispiel eine Rolle und da kommt dann auch mein Fernweh auf.

Das neue TUA Album kommt am 22. März 2019 in den Handel.

“Tua” // Tracklist + Cover

Tua Album Cover

Das Cover-Artwork zum neuen TUA-Album (VÖ: 22.03.2019)

01. Vorstadt
02. FFWD
03. Ich von morgen
04. Bruder II
05. Wem mach ich was vor
06. Gloria
07. Liebe lebt
08. Vater
09. Tiefblau
10. Bedingungslos ft. KAZKA
11. Dana
12. Wenn ich gehen muss

TUA – „.WAV TOUR“ Termine 2019

tua wav tour 2019

TUA ist von Ende November bis Mitte März unterwegs

Die erste Tour “FFWD” im April war so schnell ausverkauft, dass es Endes des Jahres nochmal eine Tour zum Album geben wird. Hier findet ihr alle weiteren Termin.

23.11.2019 – Dresden – Puschkin
24.11.2019 – Leipzig – Naumanns
25.11.2019 – Nürnberg – Hirsch
26.11.2019 – Mannheim – Alte Feuerwache
27.11.2019 – München – Technikum
28.11.2019 – Wien (AT) – Das Werk
30.11.2019 – Aarau (CH) – KIFF
01.12.2019 – Stuttgart – Im Wizemann
02.12.2019 – Frankfurt – Das Bett
03.12.2019 – Essen – Zeche Carl
06.12.2019 – Bremen – Lagerhaus
07.12.2019 – Bielefeld – Movie
11.12.2019 – Münster – Skaters Palace
12.12.2019 – Köln – Gloria Theater
13.12.2019 – Hannover – MusikZentrum
14.12.2019 – Berlin – Funkhaus

Tickets gibt es unter www.tua-tickets.de.

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