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90 BPM: „Ich schreibe es nach Gefühl auf und passe es dann an“– Nedal Nib im Interview

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Irgendwann kommt scheinbar der Punkt bei jedem Battle-Rapper, da will man (wieder) Mucke machen und sich weniger im Kreis gegenüberstehen – auch bei einem amtierenden DLTLLY-Champion.

Nach einer erfolgreichen Titel-Verteidigung gegen Lyrico, einem abgeschlossenen Maschinenbau-Studium und einer beruflichen Situation, die eine Neuorientierung erfordert, setzt Nedal Nib alles auf die Karte „Rap“. Am 17. August schreibt er mit seiner EP „90 BPM“ das erste – hoffentlich erfolgreiche – Kapitel. Wir trafen uns mit ihm um etwas über die EP zu reden.

Short Facts: Nedal Nib – „90 BPM“

  • Länge: 7 Tracks
  • Features: Mighty Mo, Bangs & SAID
  • Producer: Dramakid, G-Ko & ZMY DaBeat
  • Releasedate: 17. August 2018

Interview mit Nedal Nib

Cover + Titel

Wie ist das Cover entstanden?

Ich hatte das Coverbild schon vorher in meinem Kopf, wie es von unten geschossen wird, während ich auf meinem Peugeot sitze. In Hannover-Roderbruch kann man sein Auto zum Glück direkt vor einem Hochhaus parken. nedal-nib-90-bpm-cover Man erkennt es vielleicht nicht ganz, aber ich sitze da auf meinem alten Peugeot 206. So heißt auch ein Song auf der EP. Der Song ist schon zwei Jahre alt und ich habe ihn auf zwei Beats aufgenommen. Trotzdem hat mich immer irgendwas an den Versionen gestört. Der Flow und der Text waren einfach noch nicht on top. Also hab‘ ich ihn umgeschrieben, aufgenommen und nun ist der killer!

Wieso hast du dich für den Titel „90 BPM“ entschieden?

Ich hatte mehrere Songs fertig, von denen ich auch überzeugt bin, aber es gab ein paar darunter, die nicht in das Konzept gepasst haben. Die sieben Songs auf der EP sind alle hart gerappt und gehen straight in die Fresse. Auf den übrigen habe ich mich etwas ausprobiert: Bisschen schneller, bisschen langsamer, Gesang etc.

Wenn ich quasi aus dem Nichts komme und es wirklich ernst meine, dann sollte der Anspruch erstmal sein, „rapmäßig“ abzureissen. Das ist der einzige Grund, weswegen manche Songs nicht auf der EP gelandet sind. „90 BPM“ ist eine Ansage bzw. steht für etwas: Rap.

Ich bin keiner von diesen verbitterten Oldschoolern. Ganz im Gegenteil, ich feier‘ diesen neuen Scheiß auch. Ich finde es immer nur schade, dass in Deutschland sobald ein Zug vorbeifährt, jeder draufspringt ohne zu wissen, wohin er fährt und dabei vergessen schnell wo sie eigentlich herkommen. Ich glaube nicht, dass man sich damit langfristig halten kann, wenn man klingt wie jeder andere.

Klingst du mit „90 BPM“ nicht gerade wie jeder andere?

Berechtige Frage. Ich habe versucht mich weiterzuentwickeln, auf den Beat einzugehen, passende Arrangements zu schaffen und nicht immer nur 16 Bars, Hook, 16 Bars, Hook. Die Beats von Dramakid sind zwar 90 BPM, aber klingen trotzdem modern – mit neuen Elementen – und nicht wie aus den 90ern. Auf dieser Platte wollte ich klassischen Rap bringen und dennoch zeitgemäß klingen.

Produzenten + Features

Kommen wir mal zu Dramakid. Wie ist der Kontakt mit ihm entstanden?

Dramakid hat bisher in der House-Szene seine Beats gemacht und ist ein Geschenk des Himmels! Er kam aus den Nichts und hatte Bock mit mir zusammenzuarbeiten. Das erste Mal beim Song „Bombengürtel“. Viele Beats der EP hat er mir einfach so zugeschickt und manchmal habe ich die Richtung vorgegeben.

Seine Beats klingen immer krass und er weiß ganz genau, auf was es ankommt. Er schafft es 90 BPM-Beats wie z.B. Trap-Beats klingen zu lassen. z.B. beim Beat von „Straßenmediziner“, einem Song vom aktuellen Projekt mit Mighty (Mo), hab‘ ich ihm die 90 BPM erst geglaubt, als ich das Metronom eingestellt habe.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Said ergeben?

Der kam über AOB zustande, die ich – nachdem ich ihr HDF gesehen habe – auf Facebook angeschrieben habe. Sie kannten auch meine Battles und hatten Bock mit mir zusammenzuarbeiten, aber ich wollte erstmal was am Start haben. Nach ein paar Monaten bin ich dann nach Berlin gefahren, Said war auch am Start und wir haben uns direkt gut verstanden.

Waren andere Features auch geplant?

Es waren und sind noch welche in Aussicht, aber eher für das Projekt mit Mighty. Bevor wir die Spuren haben, will ich aber noch keine Namen nennen. Durch die Battles kennen uns wirklich sehr viele.

Battlerapper, die Musik machen

Andere wollen sich mit ihrer Musik von den A-Capella-Battles bewusst abgrenzen. Du auch?

Eigentlich nicht. Es wäre lächerlich, wenn ich mich als Champ von DLTLLY davon abgrenzen will. Ich wollte damit eher ein Zeichen setzen, dass man mich auch als Rapper wahrnehmen soll. Ja, ich bin auch Battlerapper, aber ich hab‘ erst jahrelang Musik gemacht, bevor ich zu DLTLLY gegangen bin.

Trotzdem kommen natürlich Leute zu mir und sagen, dass sie mich A capella krasser finden als auf Beats. Und wenn ich zurückblicke, muss ich sagen, dass sie gar nicht mal so Unrecht damit haben. Einfach, weil ich es noch nie so professionell gesehen habe wie jetzt. Bei der EP habe ich zum ersten Mal den Anspruch gehabt, wirklich nur den besten Shit zu nehmen. Was ich aber auch erst durch die Battles gelernt habe.

Wenn man die ersten Releases der „alten“ Battlerapper mit euren vergleicht, könnte man meinen, dass euch die A-Capellas eher geholfen als geschadet haben. Wie siehst du das?

Ich glaube, dass ich dadurch sogar etwas verlernt habe. Du bist für zwei Monate in einem Film und wirst einfach keinen Song machen. Aber wenn du die ganze Zeit zwischen Songs machen und Battles hin und herspringst wirst du auch nichts von beidem richtig machen können.

Wieso rappst du auf „90 BPM“ trotzdem krass, obwohl du die letzten Jahre nur Battles hattest?

Das liegt wohl daran, dass ich das erste Mal sehr selbstkritisch an meine Songs gegangen bin und mir auch die Zeit dafür genommen habe. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, hört man seine eigenen Fehler heraus und kann sie ausmerzen.

Vorher hab‘ ich dir die 16er in einer Stunde heruntergeschrieben und die Hooks einfach hingeklatscht. Ich hab‘ mich auch noch nie gefragt, was ich mit einem Song erreichen will. Heute gehe ich schon bei der Beat-Auswahl ganz anders ran oder nehme mir Zeit für Add-Lips.

Klingt alles sehr strukturiert und wenig intuitiv…

Ich arbeite definitiv nicht nach Schema F. Ein guter Song definiert sich über Gefühle vermitteln. Das setze ich noch immer an erste Stelle. Beides zu kombinieren ist die Kunst: Ich schreibe es nach Gefühl auf und passe es dann an. Das habe ich vorher eben nicht gemacht.

Thema „Struktur“: Ich habe dich immer als sehr strukturierten Menschen (Studium, Arbeit etc.) wahrgenommen und hätte dir den Schritt zum „Vollzeit-Rapper“ nicht zugetraut. Einfach weil er zu unsicher ist.

Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich wollte mit 50 Jahren nicht zurückblicken und sagen „Warum hast du es damals nicht probiert? Dir standen doch alle Türen offen!“ Du musst einfach den Arsch in der Hose haben. Wenn es nicht klappt, dann hast du halt Pech gehabt. Aber dieses „Nicht klappen“ gibt es in meinem Kopf nicht. Das ist meine Lebenseinstellung. Wenn du konstant ablieferst, sehen es die Leute und irgendwann ist auch mal ein Hit dabei.

Videodreh mit CLEP

Wie kam es dazu, dass ausgerechnet CLEP das Video zu „Bis dahin“ gedreht hat?

Said, Bangs und ich hatten vor zu unserem Song ein Video zu drehen. Mein Plan war, spätestens 3-4 Wochen nach dem ersten Video („Haus des Geldes“) das nächste („Peugeot 206“) und dann erst „Bis dahin“ zu bringen.

Leider waren meine Videoleute aber zu dem Zeitpunkt nicht in Deutschland und wir konnten nicht drehen. In der Zwischenzeit wollte ich dann mit Bangs und Said drehen und hab‘ sie nach ihren Connections zu Videoproduzenten gefragt. Said hat mir dann ein paar seiner Videos gezeigt, aber mir nicht die Namen gesagt.

Auf seiner Release-Party hab‘ ich dann zu ihm gesagt, dass ich den Typen vom „Pusher“-Video unbedingt haben will. Geiles Video, geile Schnitte, ein gutes Auge – der Typ hat Plan! Said dann: „Den können wir klarmachen! Der Typ ist heute Abend auch hier und battlet auch.“ „Du meinst jetzt nicht CLEP?!“ „Ja genau. CLEP!“

Zu dem Zeitpunkt stand schon fest, dass wir auf dem splash! gegeneinander antreten werden. Ich musste dann drei Wochen vor dem Battle, so viele Gespräche mit CLEP über Storyboard, Drehorte, Schauspieler und Requisiten führen, dass es mir schon schwer fiel gegen ihn zu schreiben. Ich hab‘ in der Zeit mehr Sprachnachrichten an ihn geschickt als an meine Freundin.

Aber ihr konntet das Battle gut vom Videodreh ausklammern, oder?

Es war „nur“ ein On Beat-Battle auf dem splash! Ansonsten hätte ich sowas gar nicht gemacht. Vielleicht noch ein A Cappella-Battle auf dem splash!, weil man da einfach Punchlines rausknallen kann.

Du hättest es echt nicht gemacht?

Ein gutes Battle lebt von Feuer und (sportlichem) Hass, den ich aufbauen muss. Sonst ballert das nicht. Nach dem Battle ist dann wieder alles cool. Ganz im Gegenteil: Ich hab‘ mich so lange mit meinem Gegner beschäftigt und er sich mit mir, dass man sich nachdem Battle in den meisten Fällen sogar eher mag und gut versteht als hasst. Aber in der Zeit, in der ich gegen ihn schreibe, muss der Hass „real“ sein und ich kann vorne rum nicht auf nett machen.

Wie war der Dreh und was war das für ein Gefühl tot im Auto und im Sarg zu liegen?

Wir haben zehn Locations in zwei Tagen abgeklappert und standen die ganze Zeit unter Stress. Von morgens bis abends.

Es war ein komisches Gefühl mit dem Kopf auf dem Lenkrad zu rappen, aber einfach weil ich nicht wusste, ob es wirkt. In einem alten Video wurde mal eine Leichenwaschung an mir durchgeführt – das war komisch! Im Sarg rumzuliegen, neben Bangs und Said, die die ganze Zeit Faxen machen („Aufstehen um 7″…), war eher lustig. Auch wenn es eine echte Gedenkstätte mit echten Särgen war.

Ist CLEP ein besserer Regisseur oder Battlerapper?

Ich kenn‘ nicht so viele Videos von ihm, aber die, die ich kenne, sind gut. Seine Battles sind sehr stark, aber manchmal „erzählt“ er mir ein bisschen zu viel, anstatt Punchlines rauszuknallen. Er kennt seine Stärken und Schwächen. Da brauch‘ ich ihm nichts zu erzählen.

DLTLLY + Gebrüder King

Laut Mighty arbeitet ihr schon am Gebrüder King-Album?

Wir haben uns die Deadline auf den 30. August gesetzt. Dann gucken wir, wie weit wir sind und was daraus wird. Wir haben sehr viele Songs, aber überall fehlt etwas. Ob es eine EP oder gleich zwei EPs oder vielleicht sogar ein Album wird, wissen wir noch nicht. Das nächste Release von Mighty und mir wird aber definitiv wieder etwas von uns beiden werden und dann knallen wir auch wieder jeden Monat ein Video raus.

Am Releasetag von „90 BPM“ kommt schon mal ein Song von uns beiden raus, „Kopf kaputt“.

Zum Abschluss noch zwei DLTLLY-Fragen: Gebrüder King vs. Onkel Oktomusch & Die Zwetschke?

Mein Battle-Herz sagt „Ja“ und mein Business-Kopf sagt „Nein“. Es frisst zu viel Zeit und wenn man von Mukke leben will, kannst du dir so ein Battle einfach nicht erlauben. Onkel Oktomusch & Die Zwetschke sind heiß drauf und können gegen uns nur glänzen. Wir müssten sie also zerstören und das braucht Zeit, die wir uns nehmen müssten.

Mighty und ich haben im Battle-Bereich schon alles erreicht. Viel mehr geht nicht mehr. Wenn wir jetzt noch battlen dann nur um zu zeigen, dass wir es noch immer können. Wenn wir also gewinnen, wird es heißen „War klar. Das sind auch die Champs“. Wenn wir verlieren sagen sie „Habt ihr gesehen, wie die gefickt wurden?!“. Keiner wird als klarer Verlierer aus dem Battle rausgehen, aber für die bringt es einfach viel mehr als für uns.

Title-Match?

Ende des Jahres. Da DLTLLY es noch nicht öffentlich gemacht, will ich auch nicht spoilern, aber man kann es sich schon denken wer es wird.

Cover + Tracklist: Nedal Nib – „90 BPM“

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01. Kopf kaputt feat. Mighty Mo
02. Nie ein Trapper
03. Ghetto-Kanacke
04. Haus des Geldes
05. Peugeot 206
06. Für die Fam
07. Bis dahin feat. Bangs & Said

Der Beitrag 90 BPM: „Ich schreibe es nach Gefühl auf und passe es dann an“ – Nedal Nib im Interview erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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