Was du Liebe nennst – über das Musikvideo
75 Millionen Klicks in 3,5 Monaten: Es gibt wohl kaum eine Videosingle aus dem deutschen Rap, die so zum Ohrwurm geworden sind wie Bausa’s „Was du Liebe nennst“.
Gründe dafür könnte es viele geben: Melodie, Lyrics, Bausa selbst oder auch das Video inkl. der Idee dazu. Schaut man in die Credits, stolpert man über die Namen 1Take Films und Adal Giorgis. Wir sprachen mit dem Regisseur über das Hit-Video und die Entstehung.
Was du Liebe nennst – Interview
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Bausa? Kannst du dich an den Moment erinnern, als du gemerkt hast, du möchtest Musikvideos machen?
Eigentlich wollte ich nie Musikvideos machen. Ich war viel mehr daran interessiert Filme zu drehen. In die Musikvideo-Welt bin ich irgendwie während des Studiums reingerutscht. Das hört sich jetzt so an als hätte ich gar kein Bock auf Musikvideos, aber ich glaube, dass es einfach nur ein Kapitel in meinem Leben sein wird und irgendwann kommt der Zeitpunkt an dem ich einen Film oder eine Serie produzieren werde. Regisseure wie Spike Jonze oder Michel Gondry, deren Arbeit ich sehr schätze, sind denselben Weg gegangen.
Bausa und ich kennen uns schon lange. Mein erstes richtiges Projekt war damals für Capo zu “Hallo Monaco“ (Video: Capo – „Erzähl ma‘ / Hater“). Das war genau die Zeit, wo Capo Bausa entdeckt und ihn unter Vertrag genommen hat. Ich war direkt überzeugt von seiner Musik und wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird bis er groß rauskommt. Es war immer klar, dass ich irgendwann ein Video für ihn drehen würde. Leider hat es zeitlich nie geklappt. Entweder hatte ich schon ein Projekt an dem ich gerade gearbeitet hatte oder er gerade kein Release.
Irgendwann stand ich in Frankfurt am Flughafen auf dem Weg nach Istanbul für einen Dreh und bekam den Anruf von Baui’s Manager: „Hast du Bock das Video für Baui zu machen?“ „Klar!“ Allerdings sollte es schon in zwei Wochen released werden und ich war gerade dabei für eine Woche wegzufliegen. Das heißt ich habe eigentlich nur noch eine Woche, um zu drehen und das Ganze auch noch zu schneiden. „Ich schick dir den Song, hör ihn dir an und überleg es dir nochmal…“
Seid ihr wirklich durch ein einziges Telefonat auf diese Idee gekommen oder hat die Zusammenfindung etwas länger gedauert?
In Istanbul habe ich mir dann den Song angehört und mir etwas dazu überlegt. Als ich zurück war, habe ich Baui angerufen und ihm meine Idee gepitched. Er fand die Idee zwar gut, aber nicht wirklich passend für den Song. Er hatte auch eine Idee, die aber für die kurze Zeit, die wir hatten, zu aufwendig war. Wir haben hin und her geschrieben und irgendwann hatte er die Idee nach Österreich zu fliegen und was in den Bergen zu drehen – mit einem Schneemobil. Zu diesem Zeitpunkt war ich zu allem bereit, weil die Zeit knapp war. Wir haben schon angefangen Hotels und Flüge rauszusuchen als Baui eine Stunde später doch keinen Bock mehr auf Schnee hatte. Dann dachte ich mir „Scheiß drauf! Die wollen ein Video in fünf Tagen und wir haben keine Idee und keine Zeit. Wir halten das alles genau so fest, verballern die Kohle und filmen alles!“
Ich habe Baui angerufen und ihm das genau so gesagt. Er musste lachen, aber war sich nicht sicher. Ich habe versucht, ihm das Ganze schmackhaft zu machen und meinte, dass es so etwas in Deutschland noch nicht gab und das es bestimmt witzig wird. Er meinte, er denkt drüber nach und ruft mich zurück. 15 Minuten später hat das Telefon geklingelt: „Lass machen!“
Hast du ein persönliches Highlight vom Videodreh?
Im Video erfährt man, das wir aus dem Golfplatz, wo wir gedreht haben, rausgeflogen sind. Wir haben von ungefähr vier Golfclubs Absagen bekommen und es war sehr schwierig, so kurzfristig noch einen Golfplatz zu organisieren. Schließlich hat es doch geklappt.
Der Zuständige Mitarbeiter des Clubs hat uns gebeten, bitte nicht zu laut zu sein und unter keinen Umständen mit den Karts auf das Green zu fahren. Ich habe das so an Baui und seine Jungs weitergegeben. Doch wie es mit Künstlern so ist, war ihnen alles scheissegal. Wir hatten einen Platzwart, der auf uns aufgepasst hat, jedoch musste er kurz weg um was zu erledigen und sobald die Karts ins Spiel kamen war alles vorbei. Die Jungs haben sich gegenseitig gejagt und mit Bierflaschen beschmissen, sind auf dem Green gedriftet und dass alles vor Mitgliedern des Clubs, die gerade am Spielen waren.
Der Aufpasser kam zurück hat gesehen was wir angerichtet hatten, ließ uns noch die Szene fertig drehen und meinte dann: „So das wars jetzt. Ihr geht jetzt bitte!“
Manche Stimmen sagen, dass das Video eine Kopie von Young Thug’s „Wyclef Jean“ wäre. Ihr nehmt im Intro auch Bezug auf das Video. Was denkst du darüber?
Natürlich gibt es Parallelen zum Young Thug-Video, deshalb erwähnen wir das auch am Anfang. Allerdings ist das eher auf die Kommentare mit Text und den dokumentarischen Stil im Video bezogen.
Die Kernaussage des Videos zu „Was du Liebe nennst“ ist, dass wir unser Budget ausgeben und die Kosten genau anzeigen bzw. zeigen was noch übrig ist. Was übrigens auch keine neue Idee ist. Blink182 und The Roots haben das in den 90ern auch schon so ähnlich in ihren Musikvideos gemacht. Übrigens glaub ich das der Regisseur vom Young Thug Video sich von Stormzy – „know me from“ inspirieren lassen hat. Was cool ist, weil am Schluss trotzdem alles Musikvideos sind, die für sich selbst stehen.
Acht Wochen in Folge Platz 1, Platin, #1 Award der Offiziellen Deutschen Single-Charts. Wie hast du die Erfolgsetappen von „Was du Liebe nennst“ wahrgenommen?
Ich habe mich natürlich gefreut. Gerade weil wir beide unsere künstlerische Laufbahn zusammen begonnen und uns gegenseitig gefeiert haben. Ich habe schon mehrere Videos gemacht, die in den Charts ganz weit oben waren und auch schon vorher Gold-Auszeichnungen erhalten, aber dieses Video war etwas Besonderes, da wir auch ein Publikum erreicht haben, die normalerweise kein Bausa hören.
Plötzlich haben wir Props von den unterschiedlichsten Menschen bekommen. Leute aus der Industrie, Familie und Verwandte, die Eltern von Freunden, die gar nichts mit dieser Art von Musik zu tun haben und genau da wurde mir klar, das es mehr als nur ein Hit wird.
War das Visuelle Ergebnis wichtiger als der Künstler bzw. Song, damit es zu einem kommerziellen Hit wurde? Wie schätzt du das Verhältnis ein?
Fakt ist, dass es ein krasser Song ist, der hängen bleibt. Das wurde mir schon klar als ich den Song das erste Mal gehört habe und bereits bei der zweiten Hook mitgesungen habe. Aber das Video hat sicherlich auch seinen Teil dazu beigetragen, gerade weil es ein sehr untypisches Musikvideo ist und natürlich auch wegen dem Humor. In den Kommentaren hat man öfter gelesen, dass die Leute durch das Video auf Bausa gestoßen sind. Gerade in der Anfangszeit.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt glaub ich aber, dass „Was du Liebe nennst“ so oft im Radio gespielt und so oft auf Musiksendern gezeigt wurde, dass es unabhängig vom Video trotzdem ein virales Ding geworden wäre.
Der Beitrag „Was du Liebe nennst“ von Bausa – Interview mit Regisseur Adal Giorgis erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.