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Artist Feature #131: Takt32

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Takt32_Artist_Feature_2(c) Alle Fotos (c): Rob VEGAS (OSTLICHT)

In der Artist Feature Serie stellen wir euch regelmäßig interessante Musik-Künstler vor. Grundlage des “Artist Feature” sind 15 Fragen, von denen einige immer gleich und einige individuell sind. Heute mit Takt32.

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Aufgewachsen im Plattenbau in Ostberlin, dann für ein Jahr nach Paris und Marseille in die Banlieues um wenig später für 4 Jahre in St. Louis, Missouri USA, zu leben – Takt32s Inspirationsquellen sind vielfältig und auf der ganzen Welt verteilt. Aufmerksamen Hip Hop Fans dürfte er unter anderem durch seine Battles bei “Rap am Mittwoch” oder die Solo-EP „#Overkill“ ein Begriff sein. Am 24. April 2015 erschien nun seine LP “Gang”. Als Executive Producer konnte er Jumpa für sich gewinnen. Für die 131. Ausgabe traf ich mich vor Album-Release mit ihm um über Graffiti, „Die Neue Berliner Reimgeneration“, „Gang“ und diverse weitere Themen zu unterhalten.

Wir beginnen das Interview immer damit, dass wir den Künstler nach seinem Lieblingsrestaurant und der Leibspeise fragen. Viele Berliner schwören ja auf die Kombination Burger + „Burgeramt“. Wie sieht es bei dir aus?

Also wenn ich mal keine Burger essen will gehe ich zu „El Reda“ nach Moabit. Ein Top-Restaurant mit dem besten Schawarma vom Rind das du kriegen kannst.

Ist das eine Gegend, in der du dich häufiger aufhältst?

An der Ecke Turmstraße / Beusselstraße sowieso. In der Ecke habe ich früher aufgenommen und auch die Jungs von Babba Music hatten dort mal ihr Studio gehabt. Generell gibt es dort alles was ich brauche: der City Chicken – wenn auch nicht der Originale – mein Stamm-Frisör etc.

Welches Buch hast du zuletzt gelesen und worum ging es?

Ein Kumpel hat mir vor Kurzem „Jenseits von Amerika“ von Keith B. Richburg gegeben: Das Buch handelt davon, das ein Journalist nach Afrika reist und die dort vorherrschenden Probleme aus der Sicht eines Afro-Amerikaners beschreibt.

Dazu setzt er es immer in einen guten Vergleich mit der Entwicklung von asiatischen Ländern. Diesbezüglich kann er natürlich ein paar kritische Grenzen überschreiten, die man sich als weißer vielleicht nicht unbedingt trauen würde. Ist sehr interessant, da er in Zeit des Konflikts zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda war.

Was ging bei dir am letzten Silvester?

Mein letztes Silvester mal ziemlich verrückt. Ich habe bei einem Kumpel gefeiert der in Kreuzberg gegenüber vom Prince Charles wohnt. Wir waren in einem der Hochhäuser, ziemlich weit oben – eine Wohnung mit geilem Ausblick.

Wir haben uns den „Krieg“ von oben angeschaut, ein paar Böller heruntergeworfen und uns dort die Kante gegeben. Eigentlich ziemlich entspannt.

Letztes Jahr habe noch ich aktiv dran teilgenommen, aber dieses Mal habe ich mir gesagt, dass ich nicht verletzt ins neue Jahr starten will, weil zu wichtige Dinge anstanden.

Beginnen würde ich gerne mit deiner Vergangenheit als Wasserball-Spieler. Du hast lange auf Profi-Niveau gespielt um es dann für deine Rap-Karriere auf Eis zu legen. Erzähl uns doch mal wie du dazu gekommen bist.

Ich war schon immer auf verschiedenen Sportschulen gewesen. Schon als kleines Kind habe ich z.B. auch einen Sport-Kindergarten besucht.

Mit 2-3 Jahren habe ich angefangen zu schwimmen, dann bis zu meinem 7. Lebensjahr Eishockey gespielt und danach wieder drei Jahre geschwommen. Kurze Zeit später wurde mir das Schwimmen allerdings zu langweilig und auf Empfehlung der Wasserball-Jungs habe ich dann mal an deren Training teilgenommen.

Aufgrund des Teamgedanken und der gewissen Härte, bei der man die angestauten Aggressionen noch besser herauslassen kann, hat mir der Sport auf Anhieb zugesagt. Hinzu kommt, dass es ein sehr technik- und strategieorientierter Sport ist. Also habe ich es weitergemacht. Wasserball hat mir neben der Auslastung noch einige Türen geöffnet wie das Stipendium in den USA, was ein Teil davon war.

Gibt es im Wasserball eine klare Abgrenzung zwischen Profi und Amateur?

Es gibt natürlich wie im Fußball Bundes- und Regionalliga. Ich habe sowohl erste als auch zweite Bundesliga gespielt und bin u.a. Deutscher, Berliner und Ostdeutscher Meister geworden – wir haben wirklich alles mitgenommen.

Hast du es dann wirklich für deine Rap-Karriere auf Eis gelegt?

Ich würde nicht sagen, das ich ausschließlich für die Rap-Karriere aufgehört habe. Bis vor anderthalb Jahren habe ich sogar noch nebenbei gespielt. Die Musik war sicherlich einer der Gründe das ich schließlich aufgehört habe, da sie immer zeitintensiver wurde und man eventuell an den Punkt kommen könnte, an dem man von davon leben könnte und gleichzeitig etwas macht, das man aus Leidenschaft betreibt.

Wasserball spielst du bis du ungefähr 30 bist und wirst auch nicht besonders gut bezahlt. Es ist ein netter Nebenverdienst, aber es sind nicht die Summen, die ein Fußballer verdient.

Hast du parallel dazu schon mit dem Sprühen angefangen?

Also, ich war noch nie so ein krasser Sprüher. Die Jungs um mich herum waren da schon immer wesentlich talentierter als ich. Aber du hängst eben mit denen ab.

Ich war immer der, der Mucke gemacht hat und einfach immer dabei war, auch schon aufgrund der entspannten Atmosphäre. Gerade im Sommer: Einfach den Grill aufstellen und ein bisschen sprühen – das war immer cool.

Wenn ich mal etwas anderes als Musik oder Sport machen wollte, habe ich angefangen ein wenig zu malen oder Skizzen zu zeichnen. Ich hatte nie ernste Ambitionen ein krasser Sprüher zu werden.

Betrachtet man deine bisherige Promo – auch im Hinblick zu deiner #Overkill EP – könnte man den Eindruck gewinnen, dass das Sprühen für dich ziemlich im Vordergrund stand.

Das ist richtig – dennoch wollte ich nie der nächste Fino oder KM2 werden. Ich habe es gemacht, weil es ein Teil von meinem Leben war. Ich habe es nach außen getragen, weil es einfach ein riesiger Bestandteil davon ist, was mich umgibt. Wenn 80 % deiner Jungs am sprühen sind, prägt es dich schon krass. Das alles fließt auch in meine Musik ein – da ich versuche meine Umgebung widerzuspiegeln.

Gab es ein besonderes Ereignis, das dir bis heute in Erinnerung geblieben ist, wenn du an deine Graffiti-Zeit denkst?

Loyalität und das Zusammengehörigkeitsgefühl – sprich der Gang-Charakter – ist da schon sehr prägnant. Das hängt auch immer sehr von deiner Crew ab. Ist der neben dir On-Point, weiß er was er da macht, sagt der den Cops nichts usw. Da basiert vieles auf Vertrauen. Deswegen vertraust du auch nicht jedem und es ergibt sich ein kleiner elitärer Kreis.

Wasserball, Graffiti oder deine Rap-Crew: In welcher Szene ist die Gang-Mentalität nach deiner Definition am ausgeprägtesten?

Es ist eine Synergie aus allem. Es sind Momente aus genau diesen drei Bereichen, die ich mitgenommen habe.

Beim Wasserball ist es wie mit dem Sprühen. Du hängst sehr von deinen Mitspielern ab. Die Einzelleistung ist nichts im Gegensatz zur Gesamtleistung.

Das trifft genauso auf deine Rap-Crew zu. Wenn dein Produzent oder dein Back-Up scheiße ist, dann hast du letztendlich nicht so ein gutes Endprodukt wie wenn alle optimal zusammengearbeitet hätten.

Was ist deine Definition von „Gang“?

Loyalität und Ehrlichkeit sind die zwei wichtigsten Kernpunkte für mich. Eine uneingeschränkte Loyalität, die aber auch bestimmte moralische Grenzen und Prinzipien besitzt. D.h. wenn du etwas machst, was meinen Moralvorstellungen und Prinzipien komplett nicht entspricht, dann habe ich auch das Recht zu sagen: „Ich mach’ da nicht mit.“

„Du gehörst dazu, egal was du macht!“ – das ist das, was ich mit uneingeschränkter Loyalität meine. Es kann mal scheiße sein, aber du stehst immer hinter ihm. Dein Erfolg ist auch mein Erfolg und umgekehrt.

So ist das auch bei uns von Kiezkunst. FX weiß immer, wann und was ich aufnehme. Und wenn das cool ist, profitiert er auch davon, weil ich ihn immer überall mitnehme. Deshalb bin ich auch bei ihm sehr hinterher. Er produziert gerade seine Platte und will ich auch, das sie unfassbar krass wird.

Loyalität pusht dich auch. Ansonsten spielt ein gewisses Familiengefühl natürlich da auch mit rein. Wenn dein Vater z.B. Scheiße baut, sagst du es ihm ja auch.

Hier in Deutschland habe ich das Gefühl, dass dieses Zusammenstehen für einander nicht so präsent ist wie in Frankreich oder den USA z.B. Wie siehst du das?

Deutschrap ist ein ziemlicher Einzelkampf. Du hast zwar einzelne Labels, die sich gegenseitig pushen, aber man sieht ja wie lange so etwas hält. Auf einmal geht einer weg, disst seine Ex-Kollegen und der beste Freund ist plötzlich der größte Hurensohn. Das geht in Deutschland ziemlich schnell.

Klar, gibt es das auch in Frankreich und den USA, aber gerade wenn es um den musikalischen Gang-Charakter geht, ist die Dynamik dort viel positiver. Nehmen wir z.B. Cash Money, da unterstützt Drake, einen Lil’Wayne, Nicki Minaj oder Meek Mill. Genauso bei Booba und seiner Crew. Es ist eine Gruppe, die sich alle gegenseitig pushen. In Deutschland fängt das gerade an, weil man anscheinend so langsam checkt, dass alle profitieren, wenn man an einem Strang zieht.

Ich kann mir schwer vorstellen, dass bei mir und meinen Jungs plötzlich jemand keinen Bock mehr auf die Anderen hat, aber ausschließen will ich es natürlich nicht.

Takt32_Artist_Feature_4

Ich konnte vorab schon in dein Album reinhören und in fast jedem Song greifst du die Gang-Thematik auf. Wieso ist dieses Thema so wichtig für dich?

Abgesehen von meinen erwähnten Erfahrungen im Sport etc. würde ich mich als einen sozialen Menschen bezeichnen. Ich bin prinzipiell bis zum ersten Eindruck erst mal nett zu jedem.

Außerdem haben wir uns schon immer alles alleine aufgebaut. Wir haben durchaus schon einmal nach Unterstützung gefragt, aber die bekommst du nicht, weil jeder in erster Linie nur an sich denkt. Deswegen haben wir uns gesagt: „Okay, dann helfen wir uns eben gegenseitig!“

Bei meinem ersten Album wollte ich zuallererst zeigen wer hinter mir steckt. Für mich zählt zunächst das Kollektiv und nicht das Individuum. Egal, welchen Weg du gehst oder Erfolg du feierst, du gehst und hast ihn nie alleine. Es ist totaler Schwachsinn, wenn jemand sagt, dass er alles alleine geschafft hat. Irgendjemand hat dich irgendwo mal gepusht – seien es deine Eltern, Freunde oder jemand anders. Ich zolle zuerst Tribut an die, die mir geholfen haben, bevor ich für mich Tribut verlange.

Vielleicht gehe ich bei meinem zweiten Album mehr auf mich ein.

Das klingt ziemlich selbstreflektierend.

Objektive Selbsteinschätzung ist natürlich immer sehr schwierig. Vielleicht machen es die Anderen auch, nur eben anders. Ich mache es aufgrund meiner Erfahrungen. Ich habe immer mit guten Leuten zusammengearbeitet, mache manche Dinge aber auch gerne alleine und bin mal ein wenig für mich.

Aber wie gesagt: mein Dank gebührt in erster Linie den Leuten um mich herum. Es waren weniger die musikalischen, sondern die sozialen Erfahrungen, die mich geprägt haben. Wenn du mit 15 Jahren für zwei Jahre nach Frankreich gehst und später dann mit 19 Jahren noch mal für vier Jahre in die USA, dann bist du zunächst mal der Ausländer und niemand will etwas mit dir zu tun haben. Du musst dich dort erst mal zurecht finden. Alle Personen, mit denen ich mich in dieser Zeit angefreundet habe, haben mir auch immer ein familiäres Gefühl mitgegeben.

Im Interview mit HighLife sprach ich von einer „Neuen Berliner Reimgeneration“. MarvinGame bzw. das gesamte Babba Music Umfeld, Karate Andi, Dirty Maulwurf, Gozpel und auch du als Takt32 – um nur ein paar Namen zu nennen. Siehst du das genauso und wie ist dieses Kollektiv eigentlich entstanden?

Es hängt sicherlich damit zusammen, dass wir uns alle kennen. Mit vielen hänge ich auch öfters ab. Generation trifft es da relativ gut, vielleicht auch Bewegung oder Movement. Für Berlin ist es auf jeden Fall etwas Neues. Früher gab es diese Kollektive mit BassBoxxx, Westberlin Maskulin und Aggro Berlin auch schon. In der letzten Zeit gab es hier viele ignorante Rapper, die ihr Ding alleine gemacht haben. Ich für meinen Teil ignoriere die Rapper um mich herum nicht, egal ob ich sie mag oder nicht. Wir kommen auch alle aus der gleichen Gegend und haben dementsprechend auch eine ähnliche Lebensart. Genau kann ich es dir nicht sagen, aber ich stimme dir da vollkommen zu.

Kommen wir zu deinem Album: Jumpa sagte vor kurzem in einem Interview, dass ihr auf Standard-Arrangements „geschissen“ habt und man eher das Unerwartete erwarten solle. Wie kann man sich die Herangehensweise an das Album vorstellen?

Du beginnst im Kopf natürlich mit den Standard-Arrangements. Ziemlich schnell stellst du dann fest, dass dir auch zwölf Bars reichen würden oder du schreibst 32 Bars, danach noch eine Hook und fertig. Das Ausbrechen aus den Standard-Klischees entstand einfach aus meinem bzw. unserem Gefühl heraus. Du handelst da eher intuitiv. Irgendwann setzt eine gewisse Kreativität ein, die dir sagt: „Hier muss jetzt Bruch oder Akkord-Wechsel rein!“. Teilweise waren auch die Texte dafür ausschlaggebend.

Das Gute war, dass ich mit Jumpa 24 Stunden zusammensitzen konnte und er meine Ideen perfekt umgesetzt und er gleichzeitig auch krass viel eigene miteingebracht hat. Manchmal hat er einen Sound oder Vibe vorgeschlagen, manchmal ich – wir haben auch einfach viel Brainstorming gemacht.

Wie kam die Zusammenarbeit zustande? Hat Liquit Walker eine Rolle dabei gespielt?

Nein, es war so, das mir Jumpa über Twitter schrieb, dass er sich die #Overkill EP gekauft hat und sie cool fand. Nachdem ich mich postwendend bei ihm dafür bedankt habe, schrieb er mir wiederum per Privatnachricht, dass er sich freuen würde, wenn ich mal bei ihm Studio zum quatschen und chillen vorbeischauen würde.

Jumpa produziert u.a. auch im Studio von Liquit Walker, der an dem Tag auch zufällig da war. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und er hat mir angeboten bei sich im Studio aufzunehmen. Was für mich der Jackpot war, weil unbegrenzte Studiozeit bekommst du hier nicht mal eben so. Dafür bin ich ihm noch immer sehr dankbar und der Track, den wir zusammen gemacht haben, ist auch unfassbar!

Dein Album ist in drei unterschiedliche Kapitel aufgeteilt. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Es gab drei Emotions-Bereiche die ich auf dem Album abdecken wollte. Emotionen, die mich direkt betreffen. Um das Gefühl so lyrisch und poetisch wie es nur geht auszudrücken, habe ich angefangen kleine Gedichte bzw. Skits dazu zu schreiben, die ich unbedingt von einer Frau eingesprochen haben wollte. Frauen haben eine bessere Stimme um bestimmte Dinge zu transportieren und es wirkt weniger aggressiv als wenn ich es einsprechen würde.

Das Gang-Thema bleibt auf dem ganzen Album durchgehend präsent und die Skits sind dazu da, um die darin enthaltenden Gefühle besser zu verdeutlichen.

Hört man sich die darauffolgenden Tracks an würde ich aber nicht sagen, dass sie unbedingt repräsentativ für dieses Gefühl stehen…

…ich versteh’ was du meinst, weil ich noch immer diesen Battle-Charakter in meiner Musik habe, der das Ganze etwas brechen lässt. Aber ich kann dir bei jedem Kapitel bzw. in jedem Track ein Beispiel nennen, der das Gefühl gut einfängt.

Manchmal ist es aber so, da geb’ ich dir Recht, gibt es Tracks, vor allem gen Ende, da trifft der Inhalt des Tracks das Gefühl nicht mehr zu 100 %. Es wird eine Emotion geschildert, der auf dem darauffolgendem Track wie bei „Jimi“ oder „La Haine“ auf jeden Fall immer direkt wiedergegeben wird und dann läuft die Emotion immer ein wenig aus. Quasi wie ein Trichter.

Wieso hast du bisher nur Videos vom 1. Kapitel ausgekoppelt?

Das war eine reine Bauchgefühl-Sache und folgt soweit keinen tieferen Sinn eigentlich. Das hat sich aus der Entscheidung mit Jumpa und meinen Jungs heraus ergeben.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem französischen Regisseur Chris Macari und wie lief der Videodreh ab? Gab es sprachliche Barrieren?

Ich hatte durch meine Zeit in Frankreich schon viel von Chris gehört. Über meine Jungs ist dann der Kontakt zu ihm zustande gekommen. Wir haben ihm ein paar Songs gezeigt und er hat es Gott sei Dank gefeiert und Bock gehabt mit uns ein Video zu drehen. Da ich fließend französisch spreche gab es zum Glück keine Probleme am Set und auch mit dem Rest seiner Crew und meinen Jungs hat alles gepasst. Der Typ ist halt unfassbar professionell. Da haben wir noch einiges gelernt.

Die bisherigen Videos von Chris Macari für deutsche Rapper konnten mich persönlich nicht so überzeugen. Wie stehst du dazu? Hattest du keine „Angst davor“, dass es bei dir genauso wird?

Ich glaub das ist Geschmackssache. Ich persönlich kenne nur die Sachen die er für französische Acts gemacht hat und das war für mich ausreichend genug im zu vertrauen was unser Video angeht. Außerdem sind wir von Anfang an auf der selben Welle geschwommen was die Ideen für „Stolz das Problem zu sein“ anging. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir zu keinem Augenblick nen Kopf gemacht habe darüber, dass das Video nicht gut wird oder nicht meinen Erwartungen entspricht.

Was den Sound angeht, zeigst du dich meiner Meinung nach auf deinem Debütalbum sehr facettenreich. War das dein Ziel oder hat sich das ganze im Laufe der Produktionsphase so ergeben?

Da war auf alle Fälle meine Intention. Das Album ist ziemlich facettenreich und bis auf das „Gang“-Thema ziemlich ungebunden. Ein Debütalbum ist auch dazu da, dem Hörer, der dich vorher noch nicht kennt, zu zeigen, was bei dir alles möglich ist.

Einen thematisch roten Faden kannst du auch erst erzeugen, wenn du ein konkretes Soundbild vor Augen hast. Innerhalb des Produktionsprozesses der 25 Tracks bin ich erst an den Punkt gekommen, an dem ich sagen kann, dass mein zweites Album noch präziser wird.

2010 hast du ein Stipendium für ein Politikwissenschaftsstudium in den USA erhalten: Wie ist es dazu gekommen und was hast du aus dieser Zeit an Erfahrung mitgenommen?

Das lief über den Sport und etwas Eigeninitiative. Ich wollte unbedingt mal in die USA und wenn die Geldbörse knapp ist, dann geht das nur mit nem Stipendium oder eine Bank ausrauben. Ersteres hat sich dann als effektiver raus gestellt längerfristig gesehen. Erfahrungen habe ich dort in allen Bereichen gesammelt. Sowohl von der lokalen Musikszene bis hin zu kulturellen Eindrücken etc. Es war mit die krasseste Zeit, die ich bislang erleben durfte und prägend für meine Musik.

Profi-Wasserballer, ein Vollstipendium in den USA und eine verheißungsvolle Rap-Karriere – würdest du dich als einen „Ganz oder gar nicht“-Menschen bezeichnen?

Definitiv. Nur wenn du mit deinem ganzen Herzblut bei einer Sache bist, wird es auch gut meiner Meinung nach. Das ist auch der Grund warum ich das meiste davon jetzt zurück gelassen habe und mich voll auf die Musik konzentriere.

Kommen wir einmal zu einem anderen Thema: Die islamfeindliche Gruppierung Pegida ist nicht nur in Deutschland extrem umstritten. Auch in Frankreich wird darüber diskutiert. Passend dazu habt ihr den Kraftklub Song „Schüsse in die Luft“ gecovert. Wie kam es dazu?

Ich hab den Track von Kraftklub, die übrigens total korrekte Jungs sind, gefeiert. In ihrer Heimatstadt Chemnitz ist Rassismus sowie Fremden- und Islamfeindlichkeit bekanntermaßen sehr präsent. Von daher haben sie auch eine Ahnung davon, worüber sie sprechen.

FX und ich haben den Track einfach gemacht, weil Pegida zu der Zeit sehr aktuell war und wir auch an den Gegendemos teilgenommen haben. Generell sind wir bei Anti-Rassismus Demos immer vor Ort bzw. politisch aktiv, weil ich finde, dass man als Teil der Gesellschaft seinen Beitrag dazu leisten muss. Wenn man etwas bewegen will, sollte man rausgehen und nicht immer nur alles bemängeln.

Der Track war eine richtige Affekt-Handlung. Wir haben uns hingesetzt, den Text geschrieben, uns die Gitarrenriffs nachspielen lassen und Jumpa hat den Beat „trappig“ gemacht.

Ich sag’ meine Meinung gerne laut und dieser Track ist mein persönliches Statement zu diesem Thema. Wenn die sich als das Volk darstellen, möchte ich auch gerne meine Meinung dazu äußern, die auch gehört werden soll.

Wie war das Feedback darauf?

Durchweg positiv! Natürlich gab es zwei bis drei Faschos, die ein paar blöde Parolen vom Stapel gelassen haben, aber das kennt man ja nicht anders. Alles in allem kam der Track mehr als gut an. Man kann es ja auch an den Bewertungen und Kommentaren nachvollziehen.

Die Mehrheit der deutschen ist auch nicht Pegida. Es ist lediglich ein gewisser Prozentsatz, der sich aber gerne so darstellt, als würden sie für die gesamte Bevölkerung sprechen.

Zum Abschluss haben wir noch ein paar Sätze zum Vervollständigen: Ich hasse Jetlag-Hosen, weil…

…es einfach unfassbar ravy ist und absolut nichts mit Hip Hop zu tun hat.

Eine Hörspiel-CD über mein Leben sollte gesprochen werden von…

…Ben Becker. Bei ihm hört man den Hass und die Verzweiflung heraus. Er hat die perfekte Erzähler Stimme. Zu seinem Leben als Hell’s Angels möchte ich mich dennoch nicht äußern. (lacht)

Fünf Minuten, bevor die Show losgeht…

…habe ich einen richtigen Tunnelblick.

Dort, wo ich herkomme, ist das Wichtigste…

…was du kannst, nicht woher du kommst.

Vor diesem Interview…

…habe ich ein Text-Interview gegeben. Davor habe ich auf der Couch kurz gechillt.

Cover Art:
Takt32_Gang022715

Tracklist:
1. Stolz das Problem zu sein (Video)
2. Kapitel 1
3. Hallelujah (Video)
4. Komma kla (Video)
5. Einer von uns (Video)
6. Kapitel 2
7. Jimi (Video)
8. Jack City Gang
9. Dschungelfieber (Interlude)
10. Dschungelfieber
11. Auf der Jagd
12. Kapitel 3
13. La Haine (Video)
14. Keiner von uns
15. Ouech Ouech
16. Im Rausch
17. Ayo
18. Alles ist die Gang


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