Sentino überrascht mit der beinahe unangekündigten Veröffentlichung seines „Sentino’s Way III“ Remix-Albums. Wir haben uns die LP angehört – checkt hier unsere Review!
Short Facts
- 16 Tracks | 48 Minuten
- produced by Bjet, Mpolo Beats, Loopkingz Instrumentals und viele mehr
- Releasedate: 10. April 2017
Intro
Bereits Sentino’s letzte LP „Stiller Osten“ wurde unter dem Namen „Wilder Westen“ als Remix-Version inkl. Remix-Contest noch einmal neu veröffentlicht. Am Ende kamen neue Beats von PCP, C-Milli, Bjet, Vizir Beats, Phat Crispy, Monroe und vielen mehr bei raus. Für sein neues Remix-Projekt blickt der Rapper bei der Wahl der Produzenten verstärkt auf den Nachwuchs.
Das im März diesen Jahres veröffentlichte 13 Track starke Album, das komplett von Phat Crispy und CaPo BeatZ produziert wurde, kommt in Neuauflage mit Instrumentals von 13 verschiedenen Produzenten – größtenteils Newcomer – um die Ecke. Mit Bjet (Casper, Kollegah, Farid Bang, …), Mpolo Beats (Swiss, …) und Loopkingz (Baba Saad, Separate, …) befinden sich allerdings auch Beatbauer, die ihre Instrumentals bereits auf namenhaften Releases platzieren konnten. Einige Original-Songs gibt es zudem obendrauf. Für viele Fans sind diese wohl noch unbekannt, da der Vertrieb damals ausschließlich über Sentino selbst ging.
Eine Sentino Review unbefangen zu verfassen ist quasi unmöglich. Zu viele fragwürdige Moves hat der Rapper schon in seiner langen Karriere mit unendlichen Stationen gebracht. Doch egal wie – ob an der Seite von Bushido zu den Anfangszeiten von EGJ, als Mitanführer der Dipset-Bewegung um 2005/2006, mit Fler „unterwegs“ oder doch als Ein-Mann-Armee – Sentino hat immer abgeliefert. Der Kerl ist und bleibt ein verrücktes Genie und vor allem ein guter Rapper, das sollte an dieser Stelle noch einmal gesagt werden. Wenn er also beschliesst, den dritten Teil seiner „Sentino’s Way“-Reihe zu veröffentlichen, dann könnte das eventuell eine schöne Sache werden, von der jede Altersgruppe wohl etwas anderes erwartet. Versuchen wir also objektiv heranzugehen.
Review
Textlich hat sich Sentino nicht allzu weit von seinem früheren Alter-Ego entfernt. Der Inhalt ist noch immer „Rap-typisch“, lediglich die privaten Erlebnisse seit seinem Umzug von Berlin nach Warschau waren für den emcee wohl prägnanter, als das Leben als talentierter Rapper und Ghostwriter für die halbe Szene. Dennoch überwiegt der Battlerap. Dabei greift Sentino neben Seitenhieben gegen Fler, Chakuza, EGJ und Curse zwar unentwegt auf vergilbte und zerknitterte Punchlines und Wie-Vergleiche zurück, aber diese lebten schon immer von dessen ignoranter und selbstüberzeugter Delivery. So auch dieses Mal, wenn auch nicht in einem Ausmaß wie zuvor.
Wer Sentino’s aktuelle Situation und seine Sicht auf Deutschrap kennt, der möchte meinen, er hätte das Album halbherzig zwischen Tür und Angel aufgenommen und genau diesen Eindruck bekommt man auch. Kurzweilige kreative Schübe können zwar für einige Höhen sorgen, aber das Niveau insgesamt nicht halten. Vor allem die erste Hälfte hat mit „Sohn des Paten“, „Ingenieur des Verbrechens“, „Und dann stirbst du“ und „Junge aus der City“ einiges zu bieten. Von den Raps und Flows über das Verständnis für Atmosphäre und Melodien über die Kontrolle seiner Stimme blitzt viel Gutes und ein scheinbar kompletter MC auf. Leider bleibt es nur bei einem kurzen Aufblitzen und man beginnt schnell, bei Zweckreimen wie „Kuhkaffmörder“ auf „Chakuzakörper“ mit dem Kopf zu schütteln.
Der große Einfluss von seinem Alltag in der neuen Heimat in Polen wird hier zwar nur atmosphärisch und zwischen den Zeilen deutlich, aber dafür ist es prägend für den Gesamteindruck. Hätte er statt der Ansagen und kriminellen Phrasen dort weitergemacht, wo er bei „Stiller Osten“ angefangen hat, hätte es eine dunkle, aber interessante, zweite Seite geben können. So schwächt es den Gesamteindruck eher ab. Stories wie in „Kopf oder Herz“ können ihm im echten Leben zwar passiert sein, aber wurden bereits hundert mal durchgekaut.
Glaubt man dem Echo, das von Beats spricht, die zwar auf der zeitgemäßen Trapwelle schwimmen, aber zu glatt und berechenbar sind, lässt sich sagen, dass die vielen Produzenten und neuen Beats den einzelnen Tracks gut getan haben, auch wenn der von vielen verlangte rote Faden dadurch verloren geht. Die Vorstellung der Produzenten an ihren Favorite-Sentino lassen sie entweder die vorhandene Stimmung vertiefen oder eine ganz neue kreieren. Dass bei so vielen Menschen an den Reglern die „Qualitäts-Schere“ weit auseinandergeht, ist unvermeidbar. Während zum Beispiel Mpolo Beats & Nos9000 das für überkommen gehaltene Klavier noch einmal passend verbauen, wird es bei Cenzo Beatz und Marshall Arts wieder zu Klischeehaft. Insgesamt läßt sich festhalten, dass Sentino’s tiefe Stimme auf synthetischen Beats besser wirkt, als auf dem typischen Arsenal an Klavieren, Streichern und Glocken.
Fazit
Höre ich den Namen „Sentino“ und „Album“, fange ich automatisch damit an, Punkte zu suchen, die mir nicht gefallen. Nüchtern betrachtet macht er auf „Sentino’s Way III“ aber wenig verkehrt. Womöglich ist das Wissen über sein Können auch nach über 20 Jahren Rap-Karriere der Grund dafür, weshalb ich hier so kritisch bin. Unter den Mixtape-Kriterien liegt es deutlich über dem Durchschnitt. Gemessen an „Ich bin deutscher Hip Hop“ oder den Vorgängern dieser Reihe reicht es allerdings nicht aus, dass ich es auf Dauerschleife hören werde.
Stream
Album Cover + Tracklist
01. Intro (BJET Remix)
02. Sohn des Paten (Mpolo Beats & Nos9000 Remix)
03. Tipp: Ingenieur des Verbrechens (Highkuna Matata Ralpacino Remix)
04. Und dann stirbst du (Paolo Magic Remix)
05. Tipp: Junge aus der City (Cenzo Beatz Remix)
06. Tipp: Die Farbe Lila (Loopkingz INSTRMNTLS Remix)
07. AS Monaco (Loopkingz INSTRMNTLS Remix)
08. 100K (No Tricks Remix)
09. C4 (Cenzo Beatz Remix)
10. Milieu (Marshall Arts Remix)
11. Kopf über Herz (LEVR Remix)
12. Pandora (prod. by CaPo BeatZ)
13. Verräter (prod. by CaPo BeatZ)
14. Intro (CaPo BeatZ Remix)
15. Milieu (S Dope Remix)
16. Verräter (Original) feat. Spooky Trade
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Foto © BAL
Der Beitrag Sentino – „Sentinos Way III“ Remixes (Review + Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.