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Marvin Game –„20:14“ (Review + Stream)

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Marvin-Game-Presse

„Wenn die Welt morgen untergeht / Hab‘ ich bis heute schon genug erlebt.“ Dieses Zeilen eröffnet Marvin’s Albumdebüt. Ein Release, auf das der aus Berlin stammende Rapper lange hingearbeitet hat und das doch so grundverschieden hätte ausfallen können, wäre es zu einem früheren Zeitpunkt seiner Karriere veröffentlicht worden.

Nun stellen wir uns die Frage: Wie präsentiert sich der Rapper aus Moabit nach drei Jahren voller musikalischer Selbstfindung? Wir haben in sein aktuelles Album“20:14″ reingehört.

Short Facts

  • 12 Tracks | 48 Minuten
  • featuring Adesse, Bausa, BRKN, Ce$ + more
  • produced by morten
  • Label: Immer Ready
  • Releasedate: 14. April 2017

Review

„20:14“ als ein Debütalbum zu bezeichnen, fühlt sich irgendwie falsch an. Schließlich hat der Moabiter, seitdem ich zum ersten Mal auf ihn aufmerksam geworden bin, bereits zwei Mixtapes, drei EPs und haufenweise Features, Clips und Solo-Tracks unter das Volk gebracht. Hinzu kommen viele Live-Shows, die er in den letzten Jahren gespielt hat.

Mittlerweile Marvin ein so fähiges Team im Rücken und Talente im Freundeskreis, dass man fast schon froh ist, dass er sich drei Jahre Zeit für Debüt gelassen hat. Die Messlatte an Erwartungen für „20:14“ war bei mir also hoch angesetzt. Nicht zuletzt, weil die „Henessy & Autotune“ EP wieder in eine vielversprechendere Richtung gegangen ist, als das etwas zu verhangene Mixtape „Freust du dich schon?“. Nach einer Dreiviertelstunde konnte ich aber erleichtert aufatmen. Dieses Album ist definitiv zu harmonisch für eine Review, die einzelne Raps, Beats und Tracks hervorhebt veranschaulicht.

Marvin Game macht nämlich genau an dem Punkt weiter, wo er mit der EP aufgehört hat. Seine Versen klingen ausgewählter, die Technik dient nur noch dem musikalischen Selbstzweck und der Fokus auf Themen, die ihn beschäftigen und stetig umgeben, ist spürbar präzisier. Jede Zeile ist hier passgenau geschrieben und mit einem guten Gespür dafür versehen, was die Atmosphäre braucht: Mal energiegeladen und mal gelassen vorgetragen. Dabei lässt er es sich an manchen Stellen auch nicht nehmen, ein wenig zu flexen, aber auch nur wenn der Song es verlangt.

Hinzu kommt ein Talent dafür, das Außergewöhnliche ins Gewöhnliche verpacken zu können und in jedem Track mindestens eine Catch-Phrase zu bringen, die so herrlich einfach gestrickt rüberkommt. Auf den ersten Blick könnten seine Texte dadurch für viele zu glatt und voller Phrasen wirken. Fakt ist allerdings: Marvin Game hat mehr Ecken und Kanten als die meisten seiner Kollegen – allerdings sind diese unüblicher und vor allem positiver. Immer wieder blitzt etwas in den Songs auf, das man auf den ersten Blick für reine Rap-Klischees halten könnte, was man bei ihm aber mit ziemlicher Sicherheit als eine Haltung, eine Attitude, bezeichnen darf. Er hat aus der Vergangenheit gelernt, lebt und genießt die Gegenwart in vollen Zügen und hat die Zukunft und seine Ziele fest im Blick. „20:14“ – ein Punkt, an dem man kurz innehalten sollte, auch wenn bis dato viel passiert ist und noch viel passieren wird. Blicke auf Fehler in Form von Taten, Frauen und Freunden zurück, aber verirre dich nicht darin und verliere dein Ziel nicht aus den Augen – das ist „20:14“!

Dies würde aber lang nicht so krass klingen, wenn die Produktionen nicht wären. Producer morten, den ich anhand seiner bisherigen Beats für ein kleines Mastermind halte, muss hier in aller Deutlichkeit erwähnt werden. Nicht nur, dass das Bruderpaar perfekt auf Marvin Game’s Style zugeschnittene Instrumentals produziert hat – es wird stilistisch auch viel experimentiert und vermeintliche Gegensätze harmonisiert, auf die sich Marvin einzulassen weiß. Neben dem klassischen ‚Immer Ready‘ Label-Sound, der auf das nächste Level gehoben wurde, werden auffällig viele Elemente – von denen der Jazz/ Blues die LP am ehesten prägen mag – miteingebracht, ohne dabei die lässige und wohlklingende Grundstimmung zu vergessen.

So kommt es dazu, dass mit „Auf mein Grab“ und „Keine Menschen“ zwei total unterschiedliche Tracks die absoluten Highlights des Albums sind. Ganz bewusst spreche ich hier von Produktionen, da neben den Beats auch die vielen kleinen Details wie Adlips und Effekte auf den Stimmen und in den Beats dafür sorgen, dass die Tracks trotz der teilweise sphärischen Flächen die Energie nie verlieren. Ohne übertreiben zu wollen kann man bedenkenlos sagen, dass dieses Album produktionstechnisch zu den besten Veröffentlichungen der letzten Jahre gehört und engstirnige Gegner von „Cloud-Rap“ (wie mich) eines Besseren belehrt.

Marvin’s Debüt ist sogar einer dieser Fälle, in denen die vielen Features durchaus Sinn machen. Alle Gäste entstammen aus dem „Immer Ready“ Umfeld und diese Harmonie und Zusammenhalt wird mit jedem Track deutlich. Dabei fällt es schwer, klare Höhepunkte auszumachen. Es lässt sich aber sagen, dass jeder von ihnen auf seiner Parade-Spielweise agiert, den jeweiligen Track um eine weitere Note bereichert und ihn zu einem Highlight macht. Namen wie BRKN, Bausa, Adesse, Niqo Nuevo und Ce$ halten genau das, was sie versprechen. Gerade der letztgenannte bringt wohl den besten Part seit langem.

Fazit

Hat es im letzten Jahr bis zum 15. April gedauert bis mit „Ghøst“ (Review) von RAF Camora mein persönliches Rap-Jahr offiziell begonnen hat, fängt es 2017 einen Tag früher an. „20:14“ verliert an keiner Stelle die Verbindung zwischen unverkrampfter Musik und ehrlichem Inhalt, was die Langspielplatte so stark macht. Die Primetime kann kommen – „20:14“ ist ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres 2017 – Marvin, du bist ready!

Stream

Musikvideos

„Gehen/Bleiben“

„Falsche Zeit“ feat. Niqo Nuevo

„Kleine“ feat. Bausa

Album Cover + Tracklist

Marvin-Game-2014-Cover

01. Gehen / Bleiben
02. 20:14
03. Tipp: Auf mein Grab feat. BRKN & Abba Lang
04. Tipp: Keine Menschen feat. CE$
05. Gestohlen
06. Vergessen zu Leben feat. morten
07. Neben mir feat. Nosliw
08. Tipp: Kleine feat. Bausa
09. Falsche Zeit feat. Niqo Nuevo
10. Kryptonit feat. Adesse
11. Kein Lügner
12. Nie wieder Broke


Foto: © Rob Vegas

Der Beitrag Marvin Game – „20:14“ (Review + Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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