In der Kategorie „5 Fragen zum Album“ stellen wir euch ausgewählte Musik-Künstler und ihre bald erscheinenden oder vor kurzem veröffentlichten Alben vor. Grundlage sind 5 kurze und knackige Fragen. Heute mit BlaDesa und seinem Free-Release „Talsohle“.
Anfang des Jahres kehrte Cro zum RBA zurück, um sich ein Battle mit BlaDesa zu liefern. Eine bessere Promotion hätte dem Dortmunder wohl nicht passieren können. Doch auch außerhalb der Internetbattles war er aktiv und brachte Ende 2014 das „Snowborder“-Mixtape heraus, welches Lust auf mehr gemacht hat. Seit zwei Wochen ist nun nach mehrfachen Verschiebungen sein Debüt-Album „Talsohle“ zum freien Download verfügbar. Grund genug um ihm fünf Fragen zum Album zu stellen:
Fakten zum Album:
Dein neues Release trägt den Titel „Talsohle“. Welche Idee steckt genau hinter dem Album und wie lief der Produktionsprozess ab?
Also die meisten Sachen auf „Talsohle“ sind älter und waren nicht gezielt für ein Release geschrieben. Ich schreib einfach sehr oft spontan auf irgendwelchen Instrumentalen irgendwelche Texte, wenn ich Bock drauf hab oder wenn die Musik gerade passt. „Die Ähnlichkeit der Jahre“ zum Beispiel entstand in einem Rutsch, schreiben, aufnehmen, mischen, hochladen spontan innerhalb von zwei Stunden oder so; also das Original, hab’s ja auf dem Album noch mal neu aufgenommen.
Irgendwann bin ich dann mal, so zu VBT-Zeiten, als viele ein Release wollten, die ganzen fertigen und halbfertigen Texte von mir durchgegangen, um die besten auszusortieren und irgendwie einen roten Faden zu finden. Und da hab ich dann irgendwann festgestellt, dass die besten Ansätze auf eigenen Beats einen anderen inhaltlichen Fokus hatten als die besten Sachen auf fremden Instrumentalen. Besagte Ansätze kommen auch noch als EP, aber die anderen waren schon weiter und so hab ich die dann zusammengefügt und geschaut, was man daraus macht. Daraus entstand dann recht schnell das Konzept „Talsohle“. Das Album ist ja eine Art charakterlich-emotionale Reise von A nach B. Die ersten Songs sind negativ, die in der Mitte sind gewissermaßen Lösungsansätze und die letzten Songs sind grundsätzlich positiv und zurückblickend. Die Talsohle wird also durchquert, entsprechende Metaphern sind auch über das ganze Album verteilt.
Als das Konzept stand, habe ich einige Dinge noch gezielt ausgearbeitet. Paar Sachen hab ich zusätzlich geschrieben, paar Strophen hab ich aus anderen Kontexten rausgeholt und neu eingearbeitet oder noch mal umgeschrieben. Einige Texte sind schon von 2011 oder so, zwischen 2013 und 2014 wurden dann die letzten fertig. Die letztendliche Umsetzung hat dann doch etwas länger gedauert – Perfektionismus, Faulheit, Arbeit usw.
Wie würdest du es bezeichnen: „Mixtape“, „Streetalbum“, „Remixalbum“ oder doch Debüt-Album?
Vom Gefühl ist das, was letztlich dabei rausgekommen ist, mein Debütalbum. Würde es also Album nennen. Mixtapes und ähnliche Formate sind normalerweise in irgendeiner Form zusammengewürfelt, haben auch Ausschussmaterial, sind wenig durchdacht und alles. Das passt vom Anspruch einfach nicht zu „Talsohle“. Der Gedanke dahinter ist gewesen, ein vollständiges, rundes Album zu machen.
Wenn du Fremden nur ein Lied von deiner Platte zeigen könntest um sie zu beschreiben, welcher wäre das?
Wenn ich einen Song rauspicken müsste, wär das wohl der Titeltrack. Auf den bin ich einigermaßen stolz und das, nach der bisherigen Resonanz zu urteilen, wohl auch zurecht. Ist auch inhaltlich in gewisser Weise der umfassendste Song.
Du benutzt sehr viele Querverweise, hast abstrakte Zusammenhänge etc. Wie kam es zu dieser Schreibweise? Glaubst du nicht, dass du damit so manchen Hörer vielleicht abschreckst bzw. einen zu hohen Anspruch an sie stellst?
Sicher schreckt das manche Leute ab, aber ich denk’ beim Schreiben ja nicht drüber nach, bei wem das wie ankommen kann. Zumal die meisten Sachen vom Album entstanden, als ich ungefähr null Hörer hatte, da spielte das sowieso keine Rolle. Generell hab ich aber eher den Eindruck, das wäre in erster Linie der Grund, warum mir Leute zuhören. Dass es dann auch der Grund ist, wieso es manche nicht tun, wird dann zweitrangig. Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht für Publikum schreibe, sondern ich schreib halt einfach.
Zum Thema „Zu hoher Anspruch“: Da könnte ich jetzt gegenfragen, ob denn ein Anspruch zu hoch sein kann – Diktat der Ambition? (lacht). Also ich weiß nicht, ich denke, man muss die Texte nicht komplett verstehen können, in dem Sinne, dass man komplett nachvollziehen kann, was meine Gedanken dahinter waren. Die Songs sind vor allem musikalische Werke, die in irgendeiner Weise intuitiv was auslösen sollen. Mich haben früher immer Texte fasziniert, bei denen mir nicht hundertprozentig klar war, was explizit gemeint ist, wo nie erklärt wird, worum es geht, und wo man trotzdem ein ganz intensives Gefühl dafür hatte, welche Attitüde dahinter steht und in welche Richtung das ganze zeigt und wo trotzdem Bilder entstehen. Ich find’ explizite Inhalte sehr überbewertet. Meistens sind die sowieso banal oder, wenn sie komplexer sind, sind sie so unemotional, dass man die schwerlich musikalisch verarbeiten kann. Dazu kommt, dass mich konkrete Kleinigkeiten tendenziell langweilen. Ich denke selber viel in grundlegenden Dingen, in abstrakten Konzepten und hab auch emotionale Bindungen dazu, was vielen Menschen wohl eher nicht so geht.
Außerdem ist das explizite Denken eh nur ein relativ kleiner Teil des Gesamtdenkprozesses. Da kommen haufenweise Sachen mit rein, Intuition, Feeling, irgendwelche spontanen Assoziationen und so. Und so sind meine Texte dann auch. Da stecken schon klare Gedanken dahinter und man könnte das auch alles entschlüsseln, aber eigentlich sollen die ganzen Fragmente, Verweise, Bilder ein schlüssiges Ganzes ergeben, das intuitiv funktioniert. Auch wenn’s dann vielleicht schwer fällt, in einem Satz zusammenzufassen, worum es eigentlich geht. Aber wenn man das in einem Satz zusammenfassen kann, braucht man ja keine 70 Zeilen darüber schreiben, also was soll das eigentlich?
Bei mir ist übrigens gerade das intuitive Gespür für Zusammenhänge und Strukturen sehr ausgeprägt, ganz generell. Deshalb faszinieren mich wohl auch Reimstrukturen so, die ja auch ein ganz wichtiger Teil meiner Texte sind. Ich würde fast sagen, der wichtigste sogar. Die prägen halt auch das Klangbild ganz extrem. Und letztlich geht es mir bei Rap in erster Linie um die musikalische Komponente, zu der die Sprache aber eben dazugehört. Die Synergie aus Lyrik und Musik ist, finde ich, das große, relativ einzigartige Potential von Rap, was viele nicht verstehen, weil sie nur eine der beiden Disziplinen bewerten oder beide Disziplinen getrennt voneinander. Aber wieso sollte man das trennen, wenn es permanent miteinander interagiert.
Die LP besteht aus bereits veröffentlichten Instrumentalen bzw. Liedern unterschiedlicher Musikrichtungen. Eine bewusste Entscheidung? Hast du nicht die Angst, dass dadurch die LP nicht vollständig gewürdigt wird?
Lässt sich ja aus der ersten Antwort schon herauslesen. Ich hab halt einfach auf diese Songs geschrieben, weil ich das gerne tun wollte. Mich hat schon immer gewundert, wieso Rap fast nur auf diesen trockenen Hip Hop-Beats stattfindet. Ich konnte immer mit sehr Instrument-geprägten Beats am meisten anfangen und hab seit Ewigkeiten den Gedanken, einfach auf andere Genres zu rappen, was ich auch früher dann schon immer mal wieder probiert hab. Im VBT hatte ich ja auch kaum Runden auf Hip Hop-Beats.
Teilweise haben mich die Songs so geflasht, dass ich da einfach sofort spontan drauf geschrieben hab, teilweise sind das Sachen, die eine Zeit lang rumlagen und die ich einfach im persönlichen „Beatpool“ sozusagen drin hatte und teilweise sind das so ein bisschen persönliche Klassiker. Insomniac von Future Prophecies zum Beispiel hab ich vor, was weiß ich, zehn Jahren oder so schon gefeiert und hab immer überlegt, ob man da denn geil drauf rappen könnte. Und das fiel mir dann wieder ein, als ich noch eine Lücke im Album gesehen hab und dann passte das.
Wie kam es zu dem Cover-Artwork?
Also das Cover hat der gute Fishfabrik gezeichnet. Zu dem hat enu damals die Verbindung hergestellt, weil er sein Zeug gefeiert hat, sehr zurecht. Das Motiv des Covers war aber meine Idee. Das ist halt der Blick in dieses Tal, die Metaphorik der Sohle ist verarbeitet und es sind noch zwei, drei kleinere Verweise auf Passagen des Albums eingearbeitet. Mag das Ding extrem gern, ich kann mir kein passenderes vorstellen.
Abseits von „Talsohle“: Ein kurzer Kommentar zum Cro-Battle?
Dazu ist ja alles gesagt eigentlich. Hat Spaß gemacht, war ein cooles Battle.
Tracklist – „Talsohle“:
1. Pointen
2. Talsohle
3. Bild der Verbindung
4. Die Ähnlichkeit der Jahre
5. Zwischen Himmel und der Erde
6. Strategie
7. Die Raben auf dem Dachboden
8. Krone
9. Diktat der Ambition
10. Des Abschieds