Muss uns Savas wirklich noch etwas beweisen? Eigentlich nein. Und trotzdem habe ich an ein Kool Savas Release stets hohe Erwartungen. Mit „Triumph“ hat er zumindest schon einmal für eine der Kollabos des Jahres gesorgt. Kann der Rest von „Essahdamus“ auch überzeugen?
Short Facts
- 18 Tracks | 57 Minuten
- produced by Abaz, Smoove, Kool Savas uvm.
- Features: Azad, Sido, Samy Deluxe uvm.
- Label: Essential Records (Sony Music)
- Releasedate: 28. Oktober 2016
Review
Die Feature-Tracklist geht gefühlt einmal quer durch die Rap-Entwicklung der letzten Jahre: Azad, Sido, Samy Deluxe, M.O.R., Olli Banjo (Interview), Lass Unltd., Moe Mitchell, Vega, KC Rebell, Adesse, PA Sports, Milonair, Samson Jones, Remoe, Karen Firlej und das internationale Feature von R.A. the Rugged Man. Von altbekannten Namen bis zu aktuell gehypten Newcomern ist alles dabei.
Das Mixtape beginnt mit einer Anekdote aus Istanbul, was einen kleinen Reminder an sein vergangenes Album „Märtyer“ darstellt. Der zweite Track „Surrender“ verspricht schon mal viel und Savas macht mit Zeilen wie „Guck diese Penner sind Parasiten, verbreiten sich wie die Pest auf Singles und Featuretracks,“ schon mal klar was er von vielen Deutschrappern hält. Polina bringt mit der Hook noch etwas „epische Stimmung“ in den Track.
Insgesamt wirkt das Mixtape so, als geht Kool Savas soundmäßig einmal seine musikalische Laufbahn durch. Beispielsweise bekomme ich bei dem Track „Baby ich bin ein Rapper“ einen Optik Records-Flashback, auch wenn KC Rebell damals noch nicht mit dabei war. „Erfolg beflügelt, stimmt und ich segel‘ grad wie ’n Pelikan, Imagewandel nicht in Sicht, ich dominier‘ die Hauptbühne,“ würden bei jedem anderen Rapper übertrieben rüberkommen, bei Kool Savas hingegen wirkt es total authentisch. „Ich bin fertig“ (Video) ist gekonnt abgefuckt, was man einfach feiern muss! Savas wird einfach immer hungrig bleiben und an sich weiter arbeiten: „Lass sie glauben, ich bin fertig – nie! ich hab‘ gerade erst begonn‘, bring’s zu Ende und starte wieder von vorne!“ Er feiert sich zu recht für seine Karriere, aber ruht sich nicht darauf aus.
Es folgt der Track „Triumph“ (Video), der dank einer Hook von Adesse und den Vocals von Karen Firlej definitiv Radiopotential besitzt. Zwar erzählt Sido nicht zum ersten Mal von seiner DDR-Zeit, aber das Konzept, dass jeder seinen Weg zum „Triumph“ erklärt, geht auf – alleine schon dadurch, das Savas und Azad mal wieder auf einem Track gemeinsam zu hören sind. „Bin geboren um zu scheitern, doch lebe für den Triumph!“ – motivierender können die Jungs ihre Parts gar nicht beenden.
„Und immer wenn ein deutscher Rapper Hype hat – blick ich in die Zukunft und sehe nur wie er scheitert!“ Der Titeltrack wirft einen Blick in die Zukunft. Wer solange wie er im Rap-Business unterwegs ist, hat schon viele Rapper kommen und gehen sehen und entwickelt ein Gespür dafür wer bleibt und wer geht. Passenderweise folgt darauf „Rapper wie du“, der einen direkt in die alten M.O.R.-Zeiten zurück teleportiert.
Die deutsche Neidkultur ist das Thema auf dem Track „Auge“ (Video) und hier gönnt niemandem etwas. Man möchte nicht sehen, wie hart jemand für all das gearbeitet hat. „Guck ich hab‘ alles investiert, geackert und geschwitzt, dennoch probierst du mich zu sabotieren mit dem bösen Blick.“ Wer die Karriere von Savas verolgt, der weiß, dass er mit Optik Records auch gescheitert ist und sich trotz dessen wieder zurückgekämpft hat. Somit ist alles, was er erreicht hat, auch mehr als verdient – „und nur ein Heuchler würde sich weigern meinen Erfolg zu zelebrieren.“
Karen Firlej beweist auf „Steinzeit“, dass sie auch Beleidigungen gefühlvoll singen kann. Die Thematik von „Sneaker & Heels“, dreht sich – wie bei vorangegangen Savas-Releases („Fick dich nicht“ und „MySpace“) – um „Ekel-Ollen“. Hier geht es genauer gesagt um deren Füße und den Fußfetisch von Savas, Milonair und Jonesmann. Die Vorgänger waren da aber um einiges eingängiger.
„On & On“ ist für mich ein klassischer Mixtape-Track. Kraftvolle Selbstdarstellung, ein scheppernder Beat und eine stimmige Hook von Gentleman. Mit „Wahre Liebe“ konfrontiert er viele Rapper mit ihrer vermeintlichen Liebe zum Rap und trifft damit wohl bei so manchem einen wunden Punkt. Rapper, die nicht die Liebe zur Musik haben, werden laut Samy Deluxe bald wieder die Regale bei Lidl auffüllen. Hier haut der Hamburger auch mal wieder einen richtigen kraftvollen Part raus. Obwohl ich ein Fan von R.A. the Rugged Man bin und es gut finde, dass er Savas in seinem Part zitiert und auch teilweise auf deutsch rappt, geht er gegen Savas und Samy etwas unter.
„Candyman“ hat mich zuerst irritiert und dann zum Lachen gebracht. Gitarrensound und ein cheesy-singender Savas. Inhaltlich ist der Track gar nicht so cheesy wie es zuerst klingt und in der Hälfte kehrt Kool Savas kurz in seine Rolle als Rapper zurück, nur um wenig später wieder zu singen. Nach dem irritierenden Track kommt noch eine Überraschung: Der Produzent Abaz singt auf „Luftschlösser“ als hätte er noch nie was anderes getan. Insgesamt ist der Track für mich der Diamant des Mixtapes.
Auch ein Track, der „Essah“ enthält, ist wieder mit dabei. Das ist eine Art Savas-Tradition und ich mag solche wiederkehrenden Strukturen. Mit „Essah, Essah“ kommt aber keine Auf-die-Fresse-Selbstdarstellung, sondern ein persönlicher Track, der einen schönen Abschluss darstellt.
Fazit
Zusammengefasst ist das Mixtape ein Auf und Ab, bei dem sich Savas allerdings sich selbst treu bleibt und sich nicht verstellt. Die Featuregäste sind gut gewählt und passen zu den jeweiligen Tracks. Alles Dinge, die für das Mixtape „Essahdamus“ sprechen, aber allein schon die Tracks „Surrender“ und „Luftschlösser“ sind den Kauf wert. Versprochen.
Interview
Savas über das neue Mixtape „Essahdamus“, seine Jugend in Kreuzberg und vieles mehr.
Full Stream
Tracklist & Cover
01. Anekdoten aus Istanbul 2 (Skit)
02. Tipp: Surrender feat. Polina
03. Baby ich bin ein Rapper feat. KC Rebell
04. Ich bin fertig
04. Bitte Skippe (Skit von Audio88 & Yassin)
05. Triumph feat. Sido, Azad & Adesse
06. Essahdamus
07. Holy (Skit)
08. Rapper wie Du feat. MOR
09. Tipp: Auge
09. Warum rappst du? (Skit von Montez)
10. Ernst gemeint feat. Olli Banjo, PA Sports & Moe Mitchell
11. Steinzeit feat. Laas Unltd. & Karen Firlej
11. Cr7z8er (Skit von Cr7z)
12. Sneakers & Heels feat. Milonair, Samson jones & Remoe
13. On & On feat. Gentleman, PA Sports & Vega
13. Black Magic (Skit von DJ Eule)
14. Wahre Liebe feat. Samy Deluxe & R.A. the Rugged Man
15. Candyman
16. Tipp: Luftschlösser feat. Abaz
17. Auf Euch gehört (Interlude) feat. Karen Firlej & Remoe
18. Essah, Essah feat. Karen Firlej
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Foto: (c) Katja Kuhl (Interview)
Der Beitrag Kool Savas – „Essahdamus“ (Review + Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.