In der Artist Feature Serie stellen wir euch regelmäßig interessante Musik-Künstler vor. Grundlage des “Artist Feature” sind 15 Fragen, von denen einige immer gleich und einige individuell sind.
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In der 128. Ausgabe unserer „Artist Feature“ Interviewserie haben wir Producer Pawcut zu Gast. Der Mindener ist euch sicher durch die Zusammenarbeit mit FloFilz und der „Kosmonautenallee“ LP bekannt, die in Zusammenarbeit mit Funkverteidiger Katharsis entstanden ist. Anfang des Jahres meldete sich Pawcut außerdem mit seiner ersten Solo LP „Maverick“ zurück und droppte zusammen mit Headtrick vor wenigen Tagen das Album „Leichtigkeit Is Seins“.
Im Interview sprechen wir mit ihm über seine bisherigen Releases, musikalische Einflüße, Pläne für die Zukunft und vieles mehr. Hier gehts los:
Wo in deiner Heimatstadt gehst du gerne essen? Hast du eine Art Lieblingslokal?
Leider gibt es in Minden nicht so viele tighte Möglichkeiten essen zu gehen und mit den Lokalen sieht es auch nicht so gut aus. Ausser dem „Papagei“ vielleicht, der allerdings nur zu Veranstaltungen offen hat.
Was ist deine Leibspeise?
Alles was Thai oder Japanisch ist und schmeckt.
Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
Max Goldt – „Ein Buch Namens Zimbo“.
Was ging am letzten Silvesterfest bei dir? Halli Galli oder eher ruhig?
Ruhig, eine Pulle Veuve Cliqot und dann in die Heia. Mir sind Schwarmbewegungen unheimlich. Ich mag das nicht, wenn über Tagen Mottos stehen, an die sich alle zu halten haben.
Du stammst aus dem Nordrhein-Westfälischen Minden. Erzähle uns doch bitte einmal, wie du dort zur Hip-Hop Kultur gefunden hast und mit welchen Gedanken du diese Zeit verbindest.
Eins vorab: Ich bin schon etwas älter. Und zwar so alt, dass ich mir „Der Kommissar“, „Rapper’s Delight“ und „The Message“ schon vom eigenen Taschengeld gekauft habe, als das rauskam. Minden war früher eine britische Besatzungszone, deshalb sind wir eher mit Punk, Reggae und Ska in Berührung gekommen als mit Amizeugs. Die ersten Formen von Rap die ich gefeiert habe, das waren eher jamaikanische Toaster wie Eek-A-Mouse, Yellowman oder U-Roy. Ich war in meinen Teenage Dirtbag Tagen mehr der Punkrocker und Rudeboy!
Die Hip-Hop Kultur war für mich damals – ausser Breakdance – höchstens der Versuch, DJ Cuts mit dem Tapedeck nachzuahmen. Wir haben bestimmte Sachen damals aber schon gefeiert, z.B. den Album Sampler „Rap Tracks“ mit Captain Sky, Dr. Ice und Trouble Funk – das haben wir rauf und runter gehört. Anfang der 80er hatte ich mit 2 Kollegen sogar mal einen Spontanauftritt bei einem Konzert einer Wave Band. Da haben wir die Sugarhill Gang und Captain Sensible gecovert – ich kann bis heute den gesamten Wonder Mike Part auswendig (lacht).
…. aber danach, bis zu EPMD und Public Enemy hab ich das denn eigentlich nicht mehr gross gehört, weil es Musik für Leute war, die in Discos gingen, das war nicht meine Welt. Ich bin jetzt aber auch nicht irgendwie in der deutschen Hip-Hop Szene verwurzelt oder war auf zig Jams unterwegs. Die Leute mit denen ich zu tun habe, kommen eher vom Writing. Ich bin kein Szenemensch, das Album heisst deshalb auch nicht umsonst“ Maverick“. Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben als etwas Essentielles, Hip-Hop ist ein wichtiger, aber nur ein Teil davon.
Gab es einen speziellen Schlüsselmoment, in dem du gemerkt hast, das du auf jeden Fall Beats produzieren möchtest?
Ja und zwar als ich gehört habe, wie einfach aber genial Madlib Al Grenn’s „Wish You Were Here With Me“ für Lootpack’s „Wanna Test“ gesampelt hat. Das hat mich einfach angefixt. Es hat dann zwar noch etwas gedauert, bis ich mir meinen ersten Sampler gekauft habe, aber das war damals mein Schlüsselerlebnis.
Wie bereits angesprochen stammst du aus Minden. Curse stammt ja bekanntlich ebenfalls von dort. Gibt es oder gab es Berührungspunkte? Was denkst du über das neue Curse Album?
Berührungspunkte mit Curse gab und gibt es nicht. Mir persönlich taugt dieses etwas pathetische „ich drehe bei jeder Line mein Innerstes nach Aussen“ – Style auch nicht wirklich. Der Struggle ist mir irgendwie zu clean. Aber es gibt natürlich Leute die das feiern und denen das anscheinend aus der Seele spricht. Das ist natürlich auch in Ordnung für mich. Das erste Curse Album ist wohl auch mit Recht ein Klassiker. Wenn ich mich über etwas negativ äusseren würde, dann eh nicht über Musik, sondern über irgendwelche Westernhagen-Moves. Aber selbst das spare ich mir an der Stelle hier mal.
Welches Equipment benutzt du zum produzieren deiner Beats?
Native Instruments Maschine, Ableton Live, Recycle und haufenweise Vinyl aus den Crates oder Vinyl Rips die ich Online digge.
Mit FloFilz hast du 2013 eine gemeinsame Instrumental-LP veröffentlicht. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Aachener Producer entstanden?
Ich kannte Flo schon vor Radio Juicy Zeiten und außerdem sind wir ja auch auf der Jazz Jousters Reihe zusammen vertreten. Das wir „Duplex“ zusammen gemacht haben, hat damals der Janis von Radio Juicy eingefädelt.
Keine Ahnung mehr wer es genau war, aber damals ist kurzfristig noch jemand abgesprungen und so kam ich ins Spiel. Das Release haben wir erst als Split-Tape und später als Split-Doppelvinyl released. Das Ding war halt erfolgreich. Ich bin auch froh drüber, weil ich denke, dass ein Pawcut Solo-Album zu der Zeit weit weniger Aufmerksamkeit bekommen hätte. Das hat auch einfach gut gepasst und sich gut ergänzt.
Flo ist bis heute auch der einzige Beatmaker, mit dem ich offiziell eine Collabo released habe. Das war der „Honey“ Erykah Badu Remix, der zur Weihnachtszeit im letztes Jahr herauskam. Flo ist eigentlich auch der Einzige aus der Producerscene (ausgenommen Mama G), zu dem ich einen Kontakt habe, den ich persönlich auch als freundschaftlich bezeichnen würde. Damit wären wir wieder beim „Maverick “ Ding (lacht).
2014 erschien dann die „Kosmonautenallee“ LP, bei der du mit dem Rapper Katharsis von den Funkverteidigern zusammengearbeitet hast. Wie ist die LP damals entstanden und wie sah der Produktionsalltag aus?
Vor und nach Katharsis habe ich glaube ich von mir aus noch keinen deutschen MC kontaktiert. Es ist nicht meine Art, Leute nach dem Motto „bro hier, bro da“ anzuschreiben und „lass uns dies, das machen“. Ich kenn die ja gar nicht.
Bei Katharsis war das anders – er legt inhaltlich irgendwie einen Schalter bei mir um. Wir haben uns 2013 auch mal getroffen. Sich mal persönlich treffen – das ist mir wichtig, wenn ich mit Leuten zusammenarbeite. Katharsis hat in einem Interview mal gesagt, das ich ein sehr effektiver Mensch bin. Ich denke das eint uns. Das Album ist damals in einer Art „Rush“ über wenige Wochen entstanden. Ich habe ihm 3-4 Schippen Beats geschickt und er mir 3-4 Schippen Vocals zurück und zwar in einem Tempo und einer Komplexität, die mich schwer beeindruckt hat.
Während wir auf die offizielle Veröffentlichung gewartet haben, ging noch schnell das Sommer Tape raus. Wenn Platten Reihenhäuser wären und es darum gehen würde, einfach so viele wie möglich und unabhängig vom Inhalt herzustellen, dann könnten wir von der kreativen Energie her glaube ich vier oder fünf gleich gute LPs im Jahr machen. Ausserdem haben wir beide eine Vorliebe für derbe Metal-, Punk- und Hardcorecombos und so eine unbeugsame Sysyphosmentalität.
Vor kurzem ist nun dein erstes richtiges Solo-Album „Maverick“ erschienen. Von wem stammt das schöne Album Cover und welche Bedeutung hat das Release für dich?
Das Album Cover ist von Julian Kramer, der wirklich einen fantastischen Job gemacht hat. Ich habe ihm als Inspiriation zwei Videos geschickt, die für mich das „Maverick“-Ding, wie ich es sehe, symbolisieren. Eins war U.N.K.L.E.’s „Rabbit In Your Headlights“, das andere der Erstling von Jim Jarmusch „Permanent Vacation“.
Der Film war dann – es gibt keine Zufälle – in Julian’s persönlicher Top 5 und da war mir schon klar, dass er der richtige Mann für den Job ist. Erst recht, nachdem ich dann die nachgesketchte Szene aus „Permanent Vacation“ gesehen habe. Das Cover wurde nochmal als Risographie erstellt, digitalisiert und bewusst mattiert gedruckt, um die Optik des Prints beizubehalten. Man erwirbt also nicht nur eine Schallplatte, sondern auch ein Kunstwerk in Form des Covers.
In „Maverick“ steckt sehr, sehr viel von mir, wahrscheinlich mehr, als du je zu sehen kriegen wirst, wenn du mich als Person im wirklichen Leben kennen lernst. Es ist ein sehr biographisches Album. Auch wenn ich versucht habe das indirekt zu halten, gibt es zu jedem Track konkrete Berührungspunkte mit Ereignissen in meinem Leben. Es verweigert sich ja auch vielen Dingen wie Cuts, Dillasirenen und classy Mc Lines. Dass das trotzdem nach momentanem Stand ganz gut angenommen wird, bedeutet für mich vor allem, dass ich gechillt ans Nächste rangehen kann.
Bitte erzähle uns eine Anekdote aus deinem Producer-Alltag.
Das bescheuertste, was mir in letzter Zeit passiert ist, war eigentlich die Recording Session mit Pseudo Slang, bei der DJ Form und ich irgendwann durch den ganzen Weed- und Bierdunst gemerkt haben, dass irgendwas nicht stimmt. Es war so, das wir die letzten 5 Takes Vocals mit Beat recordet hatten, weil ich die Boxen im Raum nicht runtergezogen hatte. Mmmmhkay (in my Mr Meckey voice) – da gibt es wohl keine Erklärung, die mich nicht wie einen Vollidioten aussehen lässt.
Was sind deine Pläne für 2015?
Erstmal kommt in Kürze ein Album mit Headtrick über New Def, auf dem ich den Löwenanteil produziert habe. Dazu gab es ja auch schon eine EP über die Juice. Ich denke, dass ich danach an einem weiteren Solo-Album arbeiten werde und weiterhin mit Pseudo Slang, Billy Woods, Exodus, Katharsis, Headtrick und wie sie alle heissen an neuen Vocaltracks frickeln werde.
Es gibt keinen Plan in dem Sinne, irgendeine Producer-Leiter hochzuklettern. Der Plan ist, mit der nötigen Disziplin und Leidenschaft genauso mein Ding weiter zu machen, wie bisher und dabei mitzunehmen, was kommt, sich richtig anfühlt und die Musik weiterbringt.
Eine Hörspiel-CD über mein Leben sollte gesprochen werden von, …
Kim Gordon von Sonic Youth.
Fünf Minuten, bevor die Show losgeht, …
Es gibt keine Pawcut Shows, ich bin eine Laborratte.
Dort, wo ich herkomme, ist das wichtigste, …
Mein Mädel, mein Hund, meine Musik, mein Weedvorrat – in der Reihenfolge.
Was hast du vor dem Interview gemacht?
Ich habe die Drums aus dem Intro von Chuck Jackson’s „And thats saying a lot“ in Recycle gechoppt.