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Jedes Foto eine Geschichte: Katja Kuhl

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Katja Kuhl

In der Serie „Jedes Foto eine Geschichte“ stellen uns ausgewählte Künstler jeweils Fotos aus ihrem Künstleralltag vor und schreiben darüber. Heute mit Katja Kuhl.

Katja Kuhl ist ohne Zweifel eine der bekanntesten Fotografinnen und Regisseurinnen in Deutschland. Vor allem im Rap-Geschäft hat sich die Berlinerin einen Namen gemacht. Kool Savas zählt zu ihren Stammkunden, genau wie Olli Banjo, den sie bereits als 16 jährigen Teenager fotografierte und der heute zu einem ihrer besten Freunde zählt. Wir trafen sie, um mit ihr essen zu gehen und dabei ein wenig über ihre Fotos zu sprechen. Die ersten fünf findet ihr hier. Auf der nächsten Seite folgen dann weiter fünf Bilder.

Teil 1

Der vollbepackte PKW

Fotogeschichten_Katja_Kuhl_1

Katja: Das Foto ist während der Allgäu-Orient-Rallye 2012, am Grenzübergang zwischen Georgien und Aserbaidschan entstanden. Ich habe zum zweiten Mal an dieser Rallye teilgenommen und dabei auch das Musikvideo „Hooo“ von Moses Pelham gedreht.

Noch kurz ein paar Worte zur Rallye: Normalerweise startet man in Oberstaufen und hat das Ziel Amman in Jordanien zu erreichen. Da zu der Zeit, aber schon der Krieg in Syrien war und man dadurch Jordanien nicht mehr so ohne weiteres erreichen konnte, endete die Ralley in diesem Jahr in Baku/Aserbaidschan. Es nehmen jedes Jahr 111 Teams teil. Ein Rallyeteam besteht aus 6 Personen und 3 Autos. Während der Reise muss man pro Tag eine Aufgabe lösen, die jedes Team beim Start mitgeteilt bekommt. Sei es Sticker vom Sponsor an irgendwelche Orte zu kleben, davon ein Foto zu machen und es dann in das Fahrtenbuch zu kleben, oder Grenzbeamte zu überreden, mit einem Allgäuer Bier in der Hand für ein Foto zu posieren.

Täglich dürfen nicht mehr als 666 Kilometer zurückgelegt werden und man hat insgesamt nicht allzu viel Zeit um das Ziel zu erreichen. Zudem waren jegliche Hilfsmittel wie Navigationssysteme untersagt, man darf keine Autobahnen benutzen – alles in allem also ziemlich abenteuerlich.

Als ich das erste Mal an der Rallye teilgenommen habe, dachte ich noch, was ich während der Reise für schöne Landschaftsaufnahmen machen könnte. Letzten Endes habe ich fast ausschließlich während der Fahrt, also aus dem Auto heraus fotografiert. Und das ist eins davon.

Noch als kleine Randnotiz: Ich habe die Rallye 2012 mit meinem Bruder und vier weiteren befreundeten Teammitgliedern zusammen gewonnen. Die Aufgabenstellungen kamen uns eben sehr entgegen, da man alle Aufgaben in dem Roadbook per Foto dokumentieren musste und es zum Schluss in die Bewertung miteingeflossen ist. Die Siegprämie war ein Kamel, das in einer Oase in Amman steht und das ich auch einmal dort besucht habe.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Teile von „Hooo“ dort zu drehen?

Katja: Bei der ersten Rallye haben wir mit einer GoPro einen kleinen Film gemacht. Ich saß bei Moses im Musikzimmer kurz vor der zweiten Rallye. Er hat mir Songs vom kommenden Album vorgespielt und ich habe ihm den kleinen Film von der ersten Rallye gezeigt. Nachdem er den 30-sekünder gesehen hatte, meinte er „Okay, wie bekomme ich solche Bilder in ein Musikvideo für mich?“ und war total begeistert davon! UWährend der Rallye habe ich dann ein Musikvideo für Moses gedreht.

Moses und das Schaf

Glashaus

Katja: Moses hatte damals gerade am neuen Glashaus-Album mit der neuen Sängerin Peppa gearbeitet. Dann war es für ihn so langsam an der Zeit, dass wir erste Fotos mit ihr machen, um sie vorzustellen. Also rief er mich während einer Autofahrt an. Zu der Zeit war ich wohl etwas übermütig drauf und meinte „Lass uns mal etwas Besonderes machen – irgendwas mit Elefanten oder Giraffen“ aber wusste eigentlich von vornherein, dass ihm die Sachen, die ich als „besonders“ empfinde, meistens nicht zusagen.

Er scheint in dem Moment allerdings an einer Schafsherde vorbeigefahren zu sein, weil er mich daraufhin fragte, was ich von Schafen halten würde. Im ersten Moment war ich natürlich total perplex, weil er auf meine Idee eingegangen ist. Wir haben die Ideen dann weitergesponnen und das Ganze im Studio mit Glashaus umgesetzt. 3p hat dann das Schaf organisiert. Sein Name war Polly. Ich fand das Bild einfach cool: Moses im Anzug mit einem Schaf.

Das Fotoshooting mit dem Schaf war nicht ganz einfach, was nicht an Glashaus lag. Das Schaf blieb natürlich nicht sehr lange still stehen und hat auch nicht immer brav auf Kommando in die Kamera geguckt. Ist ja klar. Es war wahrscheinlich total gestresst und hat auch ein, zwei Mal den Studioboden nass gemacht. Die Auswahl an Fotos war zum Schluss nicht allzu groß. Es gab aber neben dem Bild von Moses auch noch einige sehr gute Pressefotos von Glashaus mit dem Schaf und daraus ist dann die Idee für das Musikvideo entstanden.

Das Video mit den 54 Millionen Views

Welche Gedanken gehen dir durch den Kopf, wenn ein Video von dir über 54 Millionen Klicks bekommen hat?

Katja: Natürlich freut es mich als Regisseurin, wenn ein Video von mir so erfolgreich ist, aber ich hätte auch das identische Video für einen anderen Künstler machen können und es wäre nicht einmal halb so gut angekommen. Der Song war einfach geil! Als Regisseur kann man den Song visuell noch einmal auf eine ganz neue Ebene hieven, aber er ist nur in den seltensten Fällen für den Erfolg verantwortlich.

Natürlich bin ich sehr stolz auf das Video und meine Arbeit. Es ist zwar kommerziell, aber trotzdem voller Ideen und nicht jeder versteht es auf Anhieb. Man muss tatsächlich sein Gehirn anstrengen um dahinter zu kommen, was das Video eigentlich erzählt.

„Das Urteil“ und „Napalm“

„Das Urteil“ von Kool Savas ist für mich ein gutes Beispiel, bei dem der Clip maßgeblich für den Erfolg verantwortlich war. Wie siehst du das?

Katja: Der Song ist natürlich auch krass, aber es kann schon sein, dass es hier etwas anderes ist, weil die Bilder eben auch einen ziemlich extremen Inhalt vermitteln. Es war natürlich auch eine andere Zeit. Ein Video von mir, das wie ich finde, etwas Ähnliches ausgelöst hat, war „Napalm“ von Azad. Wir haben damit etwas geschaffen, was es vorher in Deutschland noch nicht gab. In beiden Fällen hat das Video dem Track durch die visuelle Ebene etwas Besonderes hinzugefügt, ohne das die beiden das nötig gehabt hätten.

Im Gegensatz zu „Bilder im Kopf“ kannte aber zum damaligen Zeitpunkt niemand Azad und der Track lief auch nicht im Radio. In beiden Fällen war es sehr emotional für den Künstler. In „Napalm“ steckt sehr viel von Azad drin, alleine schon, dass alle Personen im Video Freunde von ihm sind und auch „Das Urteil“ erzählt eine ziemlich besondere Geschichte.

Stellen solche Videos auch ein Problem für dich da?

Katja: Die Geschichte mit Eko und Savas habe ich miterlebt. Savas, Melanie (MelBeatz) und Valezka haben damals im gleichen Haus wie ich gewohnt und Eko war auch oft zu Besuch. Sprich, ich habe alles aus erster Hand mitbekommen. Als Savas mich dann für das Video anrief, habe ich auch nicht großartig nachgedacht, weil wir Freunde sind und es einfach klar war, dass ich ihn da supporte. Mir war bewusst, dass ich damit eine klare Stellung beziehe, hinter der ich auch noch stehe. Ob ich es heute anders machen würde oder nicht, kann ich dir nicht sagen.

Olli Banjo und der Banksy Vergleich

Olli Banjo

Das Bild hat mich auf den ersten Blick an ein Motiv von Banksy erinnert. War das eine bewusste Referenz?

Katja: Olli und ich hatten wegen der Fotos zum Thema „Dynamit“ ewig hin und her telefoniert. Ich bin mir nicht mehr so sicher, wer im Einzelnen auf welche Idee gekommen ist. Von mir kam, glaube ich, die Darstellung eines Kontrastes zum Beispiel „friedlich“ und „aggressiv“. Von diesem Gedanken ausgehend, haben wir verschiedene Motive entwickelt, die diesen Kontrast visualisieren. Unter anderem auch das Motiv mit dem Ballon im Tunnel, Olli mit einem Teddy auf einem Parkhausdeck und Olli wie er meine 6 Monate alte Nichte auf dem Arm hält, was aber aufgrund des winterlichen Stylings des Babys nicht so gut funktioniert hat. Wir haben also vieles ausprobiert.

Bei dem Cover habe ich mich nicht bewusst am Motiv von Banksy orientiert. Wir hatten dieses Molotowcocktail-Ding mit der Blume drin, wir haben damit einige coole Bilder gemacht, wie er sie hält. Auch die Frau, die als Darstellerin dabei war, hatte ich mit dem Blumenmolotow fotografiert. Irgendwann hat Olli dann eine Wurfhaltung eingenommen und ich habe eben die beste Position dafür gesucht. Als Olli sich dann für dieses Bild als Albumcover entschieden hat, war mir aber natürlich klar, dass jeder darin eine Referenz sieht.

Olli (Artist Feature #117) denkt schon sehr viel mit, würde mir aber niemals etwas „vorschreiben“. Er bereitet alles im Kopf vor. Man muss auch bedenken, dass ich ihn seit seinem 16. Lebensjahr kenne – also seit 1992 – und wir jährlich zusammenarbeiten. Wir sind ein eingespieltes Team.

Katja Kuhl

In der Serie „Jedes Foto eine Geschichte“ stellen uns ausgewählte Künstler jeweils Fotos aus ihrem Künstleralltag vor und schreiben darüber. Heute mit Katja Kuhl.

Katja Kuhl ist ohne Zweifel eine der bekanntesten Fotografinnen und Regisseurinnen in Deutschland. Vor allem im Rap-Geschäft hat sich die Berlinerin einen Namen gemacht. Kool Savas zählt zu ihren Stammkunden, genau wie Olli Banjo, den sie bereits als 16 jährigen Teenager fotografierte und der heute zu einem ihrer besten Freunde zählt. Wir trafen sie, um mit ihr essen zu gehen und dabei ein wenig über ihre Fotos zu sprechen.

Jalil und Kool Savas

Jalil & Frank White

Als Fan von Kool Savas hatte ich hier sofort das Albumcover zu „Der Beste Tag meines Lebens“ im Kopf. Das Bild wurde ja auch von dir geschossen.

Katja: Das Bild entstand während eines gemeinsamen Shootings von Fler’s neuer Maskulin-Kollektion und Jalil. Die Location habe ich ihnen vorgeschlagen. Wir haben da auch vieles ausprobiert.

Jetzt wo du es sagst, hat es tatsächlich etwas davon. Aber daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Immerhin war die Location, das Licht, die Technik und Savas’ Attitüde eine völlig andere. Ich habe überhaupt generell kein Problem damit, wenn Künstler ähnliche Posen einnehmen, solange der Ausdruck, die Ausstrahlung und das gesamte Bild individuell ist. Die Parallele zwischen Jalil und Savas ist für mich deutlich weniger nachvollziehbar als die zwischen Olli und Banksy.

Katja und die Orsons


Die Orsons

Die Orsons gelten als sehr kreativ – wie viel Einfluss hattest du auf das Motiv?

Katja: Das Shooting war für die Juice. Die Idee mit dem „Beatles“ Motiv kam von ihnen, soweit ich mich noch daran erinnern kann. Ich weiß nur, dass ich an dem Container am Stuttgarter Hafen schon einmal mit Afrob für SeventySeven war. Die Accessoires haben sie vermutlich mitgebracht. Alles was danach passiert ist, war ein Prozess. Die digitale Fotografie und die Möglichkeit ihnen die Bilder sofort zu zeigen, haben diese Entwicklung noch verstärkt.

Alles entsteht in Zusammenarbeit und kein Shooting ist gleicht dem anderen. Bei dem einen kommt jemand komplett ohne Idee und überlässt alles mir und bei dem anderen hat er schon eine Vision vor Augen. Allerdings kommt niemand mit einem fertigen Bild. Oftmals ist es nur ein Gefühl und ich mach daraus etwas. Fler setzt sich im Vorfeld mit allem auseinander und überlegt sich genau, was er will. Es geht ihm dabei allerdings eher um ein Gefühl und weniger um ein konkretes Bild.

Es gab mal eine Zeit, da hat sich Savas nur von unten fotografieren gelassen. Und wenn er am Ende dann sowieso nur die Bilder aus der tiefen Perspektive gepickt hat, habe ich ihn dann auch fast nur so fotografiert und versucht diese Perspektive zu optimieren.

Ich finde es schön, dass alle Künstler so unterschiedlich sind. Man muss immer individuell auf die Person eingehen und sie auch individuell behandeln. Jeden mit Respekt – aber der eine ist entspannter, wenn ich mit ihm flapsiger rede und der andere will lieber konzentriert arbeiten. Ich gehe gern auf die jeweiligen Charaktere ein, damit das, was ich kommunizieren will, auch ankommt und verstanden wird.

Fler – „Keiner kommt klar mit mir“


Frank White

Katja: Diese Bilder von Fler gefallen mir persönlich sehr gut. Fler hat zu seinen Bildern immer eine sehr emotionale Vorstellung. Er ändert zwar oft spontan seine Pläne, aber er kommt immer mit einem Gefühl zu mir, das er transportiert haben will. Wir haben eigentlich etwas ganz anderes geplant. Es sollten zuerst ganz düstere stimmungsvolle Bilder werden. Wir hatten eigentlich vor, für das Shooting in meinen Keller zu gehen, kurz vorher rief er mich allerdings an und meinte, dass er nun doch „Beton“ und „Hochhäuser“ haben möchte. „Von unten – so wie du früher immer fotografiert hast.“

Obwohl ich diese untersichtige Perspektive, die er beschrieb, heute nicht mehr so spannend fand, konnte ich nachvollziehen, was er meinte und in eine moderne Bildsprache, passend zu ihm und seiner Musik transferieren. Als wir uns trafen hat alles wie die Faust aufs Auge gepasst. Das Wetter war grau, Fler war in der richtigen Stimmung und sah perfekt dafür aus. Alles wirkt total authentisch und das macht es so gut. Das sind für mich einige der besten Bilder, die ich in 2014 gemacht habe.

Anders lief es für das Cover der „Vibe“ LP. Fler wollte wirklich einen ganz speziellen Vibe in den Bildern haben. Das in Worten zu fassen, war wirklich schwierig. Bis ich da den richtigen visuellen Ton getroffen habe, dauerte es eine Weile -es waren einige Versuche dafür nötig. Dummerweise hatten wir zudem nicht viel Zeit. Er kam am Sonntag zu mir und wollte ursprünglich schon am nächsten Tag die fertigen Fotos. Und am Anfang wussten wir noch nicht einmal, dass wir Bewegungsunschärfe als Stilmittel verwenden würden. Am Ende war es auch das Ergebnis einer fokussierten Zusammenarbeit, bei der wir beide nicht eher lockerließen, bis wir den richtigen Vibe eingefangen hatten

Erst Model, dann Rapper: Marteria

  
Marteria

Vor seiner Zeit als Musiker lebte Marteria in New York und arbeitete dort als Model. Hast du beim Shooting germekt, dass er ein Profi war?

Katja: Ich glaube, das einzige was ein Model dem anderen voraus hat, ist die Tatsache, dass er bereits viele Fotoshootings hinter sich hat. Aber wenn ein Rapper schon oft fotografiert wurde, hat das Model auch keinen „Vorsprung“ mehr. Du merkst vielleicht den Unterscheid zwischen jemanden, der sein erstes Shooting hat und noch nervös ist und jemanden, der das schon mehrfach gemacht hat.

Marteria ist fotogen, sympathisch und professionell, aber das sind andere auch. Das Fotogene machte es natürlich einfach für mich mit ihm zu arbeiten und er versteht meine Anweisungen auch sofort, aber Olli, Fler, Moses, Savas und andere, die ich schon öfters vor der Kamera hatte, verstehen es. Als Model hast du da kein Alleinstellungsmerkmal – außer das gute Aussehen vielleicht.

Der Eimerkopf

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Katja: Das Bild ist an der Revaler Straße entstanden, als es dort noch etwas anders ausgesehen hat. Der Junge macht auch Hip-Hop, war damals allerdings eher Punker, der sich mit zwei anderen dort zugeschüttet hat. Sie haben da einfach Quatsch gemacht und ich hab es dann festgehalten. Es kann schon sein, dass ich gesagt habe „Magst du dir den Eimer mal auf den Kopf setzen?“ aber Sachen passieren einfach.

Ich hatte einfach eine emotionale Vision und eine Haltung dem gegenüber, was ich da transportieren will. Es basiert auf der Person, die ich fotografiere, der Umgebung, der Chemie zwischen uns und allem, was ich jemals erlebt habe. Das läuft dann so ab: Ich packe meine Kamera aus und sage ihnen wo sie sich hinstellen soll. Das ist dann eine Art Bühne. Aber es ist alles im Fluss. Ich will, dass Sachen passieren. Ich hasse langweilige Posen, ich will etwas Echtes haben!


Beitragsbild: (c) Frank Zauritz. Alle anderen Fotos: (c) Katja Kuhl. Mit freundlicher Genehmigung

Der Beitrag Jedes Foto eine Geschichte: Katja Kuhl erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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