In der Kategorie “5 Fragen zum Album” stellen wir euch ausgewählte Musik-Künstler und ihre bald erscheinenden oder kürzlich veröffentlichte Alben vor. Grundlage sind fünf kurze Fragen, die sich rund um das Release drehen.
In den letzten zehn Jahren gab es mehrere Chancen, dem Namen Cengiz im Deutschrap über den Weg zu laufen: Eko Fresh, Juice, Out4Fame, VBT und viele weitere Stationen. Seine sympathische, wie auch etwas sarkastische Art im Umgang mit komplexen Themen, ist eine nette Abwechslung im sonst so bierernsten Deutschrap. Passenderweise trägt seine neue EP den Titel „Schweinehund“ und ist seit letzten Freitag erhältlich. Passend dazu haben wir uns mit ihm über das Release unterhalten.
Short Facts
- 8 Tracks | 19 Minuten
- Beats: DJ Mecnics, zRy & Voddi257
- Release Date: 20. Januar 2017
Interview
Welcher Grundgedanke steckt hinter dem Titel und dem Artwork?
Der Grundgedanke hinter dem Artwork, welches von Jung Visuals und mir gemacht wurde, ist ein ganz einfacher: Kontrovers und Humorvoll. Ich wollte diese beiden Aspekte in einem Bild unterbringen und habe das mit dem Cover und dem Titel in Kombination sehr gut hinbekommen, weil ich ein Genie bin – Spaß! (lacht)
Das Cover und der Titel sollen zeigen, dass jeder einen Schweinehund hat, auch Kanaken. Und es soll zeigen, dass man sich mal nicht so anstellen soll. Ich habe viele Kanakenfreunde, die meinten „Bruder, Titel ist echt cool aber das Schwein muss da raus!“ – „Niemals, Haram“ war meine Antwort. Das Cover zeigt aber auch, dass ich ein hart arbeitender Dude bin. Der Blaumann ist der echte, den ich auch auf der Arbeit anziehe. Ich habe meinen inneren Schweinehund überwunden, um nach einem ganzen Jahr Arbeit endlich ein kleines Tape zu droppen, was auch ein wenig ausschlaggebend für den Titel ist.
Produziert haben DJ Mecnics, zRy und Voddi257. Wie verlief die Zusammenarbeit mit ihnen? Du hast dich außerdem gegen Features entschieden. Wie kam es dazu?
Es war ein Träumchen. DJ Mecnics ist nebenbei erwähnt der beste Live-DJ der Welt und auch in meinem Team. Dadurch, dass er auch in Köln wohnt, lief da die Zusammenarbeit super. Wir haben uns zusammen an Beats gesetzt obwohl ich überhaupt keine Ahnung habe was der da am Rechner macht – mit seinen Plug-Ins und anderen futuristischen Fenstern, die sich auf dem Bildschirm öffnen.
zRy hat den größten Teil der EP produziert. Seine Beats kamen per WeTransfer in mein Postfach geflattert. Ich hätte ihn gerne als Executive Producer für ein komplettes Album eingebunden, aber der junge Mann hat sehr viele Aufträge und kaum Zeit für den besten Rapper der Welt – mich. (lacht)
Mit Voddi257 war es richtig lässig. Der hat mich ein paar mal zu sich nach Essen ins Studio gerufen und mir einfach ein paar Beats aus seinem Ordner mit 89236486 Beats gezeigt und da habe ich dann ganze zwei Stück für mich gesichert. Mein Beatgeschmack ist ein wenig „anders“, weshalb es schwer gewesen ist, am Ende auf diese acht Songs zu kommen.
Auf Features hatte ich übertrieben Bock, dann wären es aber nur zwei Solo Tracks geworden. Außerdem musst du auf Featureparts immer unfassbar lange warten, wenn die Jungs nicht aus deiner Ecke kommen. Darauf hatte ich keinen Bock. Die meisten sind sowieso total die unzuverlässigen Dudes und jemandem in den Arsch kriechen oder hinterherrennen kann ich nicht ab. Bin eben Kanake und zu Stolz für alles – Spaß! Aber ist echt so, dass du dich da voll hinten dran hängen musst, womit ich im Prinzip kein Problem habe, aber das auf die Dauer so nervig wird, sodass ich einfach darauf verzichtet habe, andere Künstler auf dieses einzigartige Tape zu holen.
Wie verlief eine typische Aufnahmesession und wie lange hast du an der EP insgesamt gearbeitet?
Saufen, Kiffen und Koksen und dann ab in die Kabine, nein. (lacht) Wir sind im letzten Jahr mit dem Studio umgezogen und deshalb war es anfangs relativ schwierig für mich, konsequent an dem Projekt zu arbeiten. Ich habe ca. ein Jahr an der EP gearbeitet. Zeitlich bin ich durch meine ehrliche Arbeit extrem eingeschränkt und habe bis auf das Frontcover alles selbst gemacht: Backcover, Druckdaten, Social Media, CDs pressen lassen. Das nimmt alles sehr viel Zeit in Anspruch aber freut mich dann am Ende um so mehr, dass ich so viel selber gemacht habe. Die Pressearbeit übernimmt übrigens Holger Werner – Gruß an dieser Stelle!
Falls du merkst, ich muss immer ab und zu paar Leute mit einbinden, damit die nicht böse auf mich sind oder so. Gruß an meine Produzenten, Familie, Freunde, Gutmenschen und Wutbürger!
Video zu „Bioqualität“:
Ach ja, ich hab’ übrigens auch alles selber gemischt und gemastert. Das hat die Arbeitszeit an der EP nochmal deutlich verlängert. Ich bin ein übertriebener Perfektionist und schiebe jeden Reim, der auch nur eine Millisekunde falsch liegt, richtig. Vielleicht nicht richtig, aber falsch ist es auch nicht. Ich hab’ das Studio auch so gebaut, dass du einfach alleine aufnehmen kannst. Sprich in der Aufnahmekabine, welche zwei Wände entfernt von der Abhöre ist, habe ich einfach Tastatur, Maus und Bildschirm vom Rechner verlängert. So spare ich mir Zeit und Nerven, wenn einer meiner Jungs nicht gerade Zeit hat für mich auf „Record“ zu drücken.
Gibt es einen Song, der dir ganz besonders am Herzen liegt oder zu dem du eine ganz spezielle Beziehung hast?
From the Bottom to the Heart ist „Fahrt in die Türkei“ ein ganz spezieller Song. Dieser Song entspricht zu 85 % der Wahrheit (wir haben keine Frau für mich aus der Türkei mitgebracht). Das war eine Situation, die sich echt nur Kanaken vorstellen können: Keine Klimaanlage, 40 Grad Celsius, 104 Grad Fahrenheit, 313,15 Kelvin in einem Auto mit vier Personen, vor uns noch zwei Autos mit jeweils einer Familie und während der viertägigen Fahrt alle Pokemon Editionen durchgespielt (Grün, Gelb, Blau, Lila, Schwarz, Anthrazit).
Dann auf der Fähre mit irgendwelchen Tieren, weil wir zu langsam waren und die eigentliche Fähre verpasst haben. In einem Raum, in dem 120 Passagiere saßen, mit Klimaanlage aber -8 Grad, 17,6 Grad Fahrenheit und stinkenden ekelhaften Menschen. Die Rückfahrt war Premium, da hatten die sogar eine Spielo und wir hatten ein richtiges Zimmer, aber die Hinfahrt…
Ich finde, bei dem Song passt alles. Das erste Mal in meinem Leben habe ich eine Hook mit Autotune „gesungen“. (lacht) Wenn du wüsstest wie es ohne Autotune klingt! Die restlichen Songs erzählen natürlich auch Geschichten, die auf einer wahren Begebenheit beruhen.
„Deutschtürke“ ist zwar schon was älter, aber auch noch einer meiner Lieblingssongs. Viele sagen diese „Nationalitäten-Keule“, die geschwungen wird, wäre ausgelutscht. Stimmt, man sollte es nicht übertreiben. Mache ab sofort sowieso nur noch asoziale Musik mit Lamborghini im Hintergrund von einem Freund meines Cousins. Dessen Vater kennt einen, dessen Arbeitskollege eine Schwester hat, deren Mann im Autohaus gearbeitet hat und böse Connections hat. Brauchen noch paar aggressive Hunde mit Maulkorb und ganz wichtig Trainingsanzüge von ManU, PSG oder Chelsea. Also falls du jemanden kennst, gib mir bitte Bescheid.
Könntest du uns zum Abschluß noch eine kleine Anekdote rund um die EP erzählen?
Nein, kann ich nicht. War eine anstrengende Phase, aber auch eine geile. Es gab während der Enstehungsphase weder witzige noch negative Momente. Wir hatten paar Gigs, hab’ getrunken, gekotzt und weiter getrunken. Aber ist halt normal. Keine Anekdote unbedingt.
Gruß an Bezirk Zwo, Schälsick, Fly, Mo, Johann, Mec, Pascal & Alessio.
Album Stream
Cover
Tracklist
01. Bioqualität
02. Fahrt in die Türkei
03. Deutschtürke
04. Jo-Jo Effekt
05. Yavsak
06. Booking
07. Hochzeit
08. Johann
Der Beitrag Interview mit Cengiz über seine neue EP „Schweinehund“ erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.