In der Artist Feature Serie stellen wir euch regelmäßig interessante Musik-Künstler vor. Grundlage des “Artist Feature” sind um die 15 Fragen, von denen einige immer gleich und einige individuell sind.
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Hört man den Namen ÉSMaticx, denkt man unweigerlich an das „Videobattle Turnier“ (VBT) von 2012. Doch dass die 22-jährige nicht nur darauf zu reduzieren ist, bewies sie spätestens 2015, als sie die EP „Liegen bleiben“ ins Rennen schickte. Parallel arbeite sie bereits an ihrem Debütalbum und nun steht „ROT“ in den Startlöchern. Wir trafen uns mit ÉSMaticx zum Gespräch und sprachen über ihre Platte, das Alter Ego Mighty Marine und das erst kürzlich verkündete Signing bei Egoland Musik.
Interview
Wir beginnen unsere Interviews traditionell immer mit einem kulinarischen Teil: Du stammst bekanntlich aus dem sauerländischen Attendorn. Eine der hiesigen Spezialitäten ist Potthucke – ein dicker, aufgebratener und salziger Kuchen. Eine andere ist Suermus – Sauerkraut mit Schweineschnauze und Schweineohren. Was bevorzugst du?
Tatsächlich bevorzuge ich nichts vom beidem. Ich habe beide Gerichte noch nie gegessen und bin, bei genauerer Überlegung, auch ziemlich froh drum. (lacht)
Wir fragen auch immer gerne nach einem Buchtipp. Passend dazu würde ich mich auf deinen Track „Liebes Tagebuch“ beziehen: Führst du ein solches und wenn ja, was gibt es dir?
Ich habe mir immer gewünscht die Zeit für ein Tagebuch zu haben. Als ich angefangen habe mit Musik, hat sich das Tagebuch Track für Track irgendwie erledigt. Das, was am Ende rauskommt, ist ja nicht ein Bruchteil von dem, was ich tatsächlich schreibe. Daher würde ich sagen, dass es kein klassisches Tagebuch ist, sondern eher eine Dokumentation die sich hier und da auf meinem PC fortführt.
Hier sehen wir ein Foto von, das letztes Jahr an Silvester entstanden ist. Was ist 2 Stunden vor und danach passiert?
Puh, gute Frage! (lacht) Ich saß mit meinen Freunden und denen meiner Schwester in der Gartenhütte und haben unendlich viel getrunken. Alle 10 Minuten haben wir eine abfällige Bemerkung á la „Hexenverbrennung im 16. Jahrhundert!“ rausgerufen und anschließend gegrölt und darauf angestoßen. Danach lief „Bob’s Burgers“ im TV und meine beste Freundin hat ihr Trunkenheits-Tief bei mir im Arm ausgeweint, während ich der angenehm autistischen Stimme von Tina Belcher gelauscht habe.
Ich habe gehört, das du eine bekennende Shisha-Liebhaberin bist. Wie und wann hat sich das ergeben?
Ich weiß noch, ich hab’ damals mit 11 das Zimmer meiner Schwester aufgesucht und es roch nach süßer, künstlicher Erdbeere. Sie hat aufgemacht mit den Worten „Guck mal Elisa, das ist völlig unschädlich und schmeckt richtig gut. Ist ‘ne Wasserpfeife, zieh doch mal“ – natürlich wussten wir da noch nicht, dass Shisha rauchen in Wirklichkeit auch nicht harmloser als eine Zigarette ist. Ende vom Lied: Ich hab’ ganz viel gehustet, es dann irgendwann 2-3 Jahre später noch mal gemacht und dann wurde es Alltag. So verkommen! (lacht)
Dann habe ich noch gehört, das du ein Videospiel Fan bist: Welche Konsolen besitzt du und bevorzugst du eher Retro-Spiele oder bist du immer „up-to-date“?
Ihr wollt’s wirklich wissen, oder? ALSO, Nintendo NES, Gameboy Color, SNES, Nintendo 64 (PAL und NTSC), Nintendo Gamecube, Playstation 2, Playstation 3 und natürlich auch die Playstation. Grundsätzlich greife ich öfter auf die alten Konsolen zurück, aber wenn GTA oder ein gutes Horror-Survival Game á la „Silent Hill“ rauskommt, bin ich da auch immer ganz vorne mit bei!
Welche Games zockst du aktuell besonders gerne und welche Spiele sind für dich absolute classics?
Ich „speedrunne“ ja „Super Mario 64“. Bedeutet, dass ich das auf Schnelligkeit durchspiele, daher ist das wohl oder übel mein „most played“. Gehört auch einfach zu meinen absoluten Favoriten. „Silent Hill“ ist definitiv, wie bereits zuvor genannt, auch eines meiner absoluten Lieblingsspiele. „Mario Party“ ist DAS Multiplayer-Spiel. Und, so dumm das klingt, finde ich „Mario Golf“ auch ziemlich heftig. (lacht) „Harvest Moon: Back To Nature“ ist auch etwas, was ich jedes zweite Jahr mal wieder anfasse.
Machen wir einmal einen Abstecher zu deiner Musik: Du hast letztes Jahr dein Alter Ego „Mighty Marine“ gestartet. Aus welcher Idee heraus ist das entstanden und was steckt genau dahinter?
Ich glaube das war in der Zeit in der ich angefangen habe, Money Boy zu feiern. Kurt Prödel und ich haben überlegt wie man Mbeezy featuren kann, ohne die jetzigen Fans großartig zu verwirren. Außerdem mache ich mit „Mighty Marine“ Mukke, die ich super gern mache, aber mit ÉSMaticx einfach nicht authentisch rüberbringen könnte.
Werden ÉSMaticx und Mighty Marine auf einem zukünftigen Album auch mal gemeinsam vertreten sein?
Ich denke nicht. Das sind zwei verschiedene Figuren, mit komplett eigenen Stilen. Aber ich schließe nichts aus!
Mir geht so heftig auf den Sack, dass alle plötzlich versuchen den YOLO-Swagger in sich zu entfalten und einfach 0 authentisch sind. Aaargh!
— és. (@ESMaticx) 26. Januar 2016
Hier ein Tweet von dir. Feierst du solche Musik wirklich oder wie ist das entstanden?
Klar, also ich will nicht sagen, dass ich das jeden Tag in meiner Playlist aufrufe, aber es gibt schon Momente wo ich das gern’ hören.
Was hat es mit „Pardon my Swag“ auf sich?
(lacht) Verrückt, dass ihr scheinbar bis auf meine twitch.tv Seite vorgedrungen seid. Im Endeffekt super unspektakulär: Wir haben auf die Schnelle einen Offline-Screen zusammenschustern müssen – und das ist daraus geworden. (lacht)
Du hättest nach dem VBT-Hype durchaus ein Album releasen können, um den schnellen Hype mitzunehmen. Wie kam es dazu, das du dir mit der Veröffentlichung noch Zeit gelassen hast?
Ich finde es unglaublich wichtig, Musik für mich zu machen und selbst zufrieden zu sein. Erst wenn ich selbst zufrieden bin, kann ich es mit anderen teilen. Ich bin sehr perfektionistisch und finde Songs, die ich schreibe, vielleicht in zwei Wochen schon wieder ungenügend für ein Album. Ich habe genug Tracks und hätte inzwischen 3 Alben raushauen können, aber das wäre nichts gewesen, was ich ein Jahr später noch selbst vertreten hätte. Von daher mache ich lieber authentische Musik, anstatt einen Hype mitzunehmen, der vielleicht ein halbes Jahr später nicht mehr existent ist.
Das Album erscheint bekanntlich über deine neue Label-Heimat Egoland Musik. Was ist die Geschichte hinter dem Signing und wie ist der Kontakt entstanden. Mir würde da spontan z.B. Battleboi Basti einfallen. War er involviert?
Furious hat sich meine Nummer organisiert und sich gemeldet. Er wollte mit mir reden und irgendwie hat es dann direkt funktioniert. Also „Label-Paps“ höchstpersönlich! Battleboi Basti hatte nix damit zu tun.
Die VBT-Teilnahme, mit der dich einige Hörer sicher in Verbindung bringen, liegt inzwischen vier Jahre zurück. Wenn du heute einmal zurückschaust: Gibt es Dinge, die du doch lieber anders gemacht hättest oder war es genau der richtige Schritt noch etwas zu warten?
Im Nachhinein gibt es Momente, in denen ich hinterfrage, ob es das Klügste war, mitzumachen. Es ist einfach die Erwartung, die ich heute nicht mehr erfüllen kann, da ich einfach komplett andere Musik mache. Ich bereue rein gar nichts. Ich hab’ Erfahrung und Routine gesammelt, eine Rezension von Fabian Römer, was mir persönlich sehr wichtig war, erhalten und viele Fans mitgenommen.
Es hat Spaß gemacht und Kontakte, die sich daraus entwickelt haben, sind heute fester Bestandteil meines Lebens. Da es so passiert ist, war es sicherlich das richtige. Das Schicksal legt uns schließlich die Schuhe raus.
Ohne dein Album bisher gehört zu haben, würde ich eine Mischung aus Storytelling, Autobiografie auf poppige Beats erwarten. Würdest du dem zustimmen? Was kann der Hörer von deiner neuen LP erwarten?
Gute Frage! Es ist eine gesunde Mischung aus Ernsthaftigkeit und der verspielten Person, die man ansatzweise im VBT kennengelernt hat. Damit will ich nicht sagen, dass auf der LP Battle-Tracks zu erwarten sind, ganz im Gegenteil. Aber wir haben einen Ausgleich gefunden in dem, was man im VBT gefeiert hat und dem, was ich wirklich ausdrücken möchte.
Das ganze wurde festgehalten auf teils melancholischen, teils nach vorn schreitenden, hochwertigen Popbeats. Also definitiv nicht das, was man ständig hört. Unser ganz eigener Stil eben.
Steht „Rot“ in einer direkten Linie mit deiner letzten EP „Liegen bleiben“ oder ist es etwas ganz Neues? Wo liegen die Unterschiede?
„Liegen bleiben“ war letztendlich bloß eine Ansammlung an Songs, die anderweitig vermutlich nicht rausgekommen wären. Die EP hatte keinen roten Faden oder so was, wie auch; es waren schließlich Songs, die eventuell bis zu zwei Jahre Abstand voneinander hatten.
Daher ist „ROT“ ein völlig eigenes Projekt: die Beats fügen sich viel besser ineinander ein als beim vorigen Projekt. Auch thematisch klingt das Album viel variabler.
Die LP wurde komplett von Lucry, dem „Hausproduzenten“ von Egoland Musik, produziert. Wie hat sich das ergeben?
Witzige, kurze Geschichte: Ich kam zum Kennenlernen nach Berlin – Lucry hat mir seine bisherigen Beats gezeigt und ich hab’ bei jedem zweiten zwischengerufen: „Ey warte mal, ich glaube, ich hab’ da was!“ Und als ich nach Hause fuhr, war das Album quasi zu 90% in festen Tüten!
Eine Hörspiel-CD über mein Leben sollte gesprochen werden von, …
… meinem besten Freund!
Fünf Minuten, bevor die Show losgeht, …
… bin ich super aufgeregt, mir wird schlecht und ich scheue mich nicht, das auch jedem mitzuteilen.
Fünf Minuten nach der Show …
… gehen wir meist zufrieden von der Bühne, ich kümmere mich um eventuelle Fotos und Autogramme und dann wird nach einer Shishabar Ausschau gehalten.
Dort, wo ich herkomme, ist das wichtigste, …
… seine Authentizität zu bewahren. Hier wird viel geredet und jeder kennt jeden. Davon sollte man sich nicht unterkriegen lassen.
ÉSMaticx – „ROT“
Tracklist
01. Applaus
02. Hallo
03. Chin Chin (Video)
04. Frau Schulte (Audio)
05. Internetopfer
06. Ja gleich
07. Nicht viel
08. Alles so egal
09. Ruf nicht (feat. She-Raw)
10. Alt/Neu
11. Morgen auch
12. Weiberz
13. Ich sag/sie sagt
14. Für immer
Das Debütalbum „ROT“ von ÉSMaticx erscheint am 27.05.16 über Egoland Musik.
Der Beitrag Artist Feature #151: ÉSMaticx erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.