Tighty schenkt seinen Fans ein neues Mixtape – mit schmal gehaltener Laufzeit. Kommt er trotzdem dick ins Geschäft? Macht euch selbst ein Bild und checkt hier unsere Review.
Die vorab veröffentlichten Videos gaben die Marschroute vor und man konnte feststellen, dass Tighty mit diesem Tape inhaltlich und musikalisch zwar keine ganz neuen, dafür aber gefestigte Pfade einschlägt. Vorbei sind die Zeiten der boombap geprägten “allgemeinen Oldschoolreife” und dem sommerlichen, unbeschwerten Sound der „Auf und Davon“ LP. Auf seinem neuen Release geht es vielmehr darum, auf eine authentische Art und Weise intelligente Texte mit 808-lastigen Instrumentals zu verbinden. Die Zeit scheint denkbar günstig, da der deutsche Cloud-Rap mit seinen Speerspitzen Mauli, LGoony und der Comso Gang aktuell stark polarisiert.
Album Facts
- 8 Tracks
- Featuring Cence, Christ Parker, Gozpel, The Ji, Z.a.K und Zalia
- Produced by CarnageBeatz, MRJAH und Z.A.K.
- Download: „eristdünnerjunge“ by Tighty
Review
Der rote Faden ist der stringente Sound des Albums. Hier wurde wirklich alles auf 808-Drums aufgebaut. Trotzdem kann fast jedes Instrumental mit seinen raumfüllenden Drums auch für sich alleine stehen und überzeugen, da sie mit einem weiteren prägnanten Bestandteil des Beats begleitet werden. Meist elektronischer Natur, die in ihrer Tonlage am ehesten mit „Psycho Violin Screeches“ zu vergleichen sind und somit diametral zur Bassline stehen („Sie sagen“, „Deutschland“, „Paradies“). Der Song „tragique“, das mit seiner Kombination aus Pianos, „Foreigner“-Sample und aufbrechendem Dubstep-Part punkten kann, zählt hier zu den musikalischen Highlights. Die Produktionen auf diesem Album gehen somit allemal klar, man muss sich schlichtweg vorher überlegen, ob man Lust auf diesen Vibe hat oder nicht.
Das Tape ist kein Seelenstriptease, eher ein reflektierter Gang durch seinen Alltag mit Bezug zu seinen Erfahrungen und Ambitionen als Rapper. Auf dem 20-minütigen Mixtape spricht Tighty fast ausschließlich nur über sich und seine Welt. Wäre das Gesamtbild nicht so atypisch, könnte man daran durchaus Kritik üben. Aufgrund des Gesamtkontextes beinhalten Sätze wie „Ich werd’ von den meisten unterschätzt, nenn’ es ungerecht, willkommen im Musikgeschäft!“ aber tatsächlich eine reflektierte Aussage. Die eine oder andere Phrase wird dennoch gedroschen und so ganz lässt sich der Beigeschmack des ausgetretenen „Sie haben nie an mich geglaubt, doch sie werden noch sehen“ nicht abschütteln. Aber nach vier durchaus beeindruckenden Anspielstationen kann man getrost darüber hinwegschauen und mal ein Auge zudrücken. Eine genaue Themen-Abgrenzung anhand der Tracks ist hier so gut wie nicht möglich, da Tighty sein Release wohl ganzheitlich betrachtet hat und somit alles mitineinander vermischt.
Tighty’s Fluch und Segen ist seine Stimme. Sein hoher, fast schon quietschiger Klang ist einzigartig und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Gleichzeitig wirkt seine Stimme schnell sehr zynisch und abgehoben, was ihn in seiner Themenwahl schnell einschränkt. Da „eristdünnerjunge“ wie eben erwähnt nur an der Oberfläche kratzt, fällt dieser Fakt allerdings nicht negativ auf ihn zurück. In Zukunft würde ich mir dennoch einen gewinnbringenderen Einsatz wünschen.
Auch die Auswahl der Features ist so ein zweischneidiges Schwert. Bei fünf Gästen auf sieben Tracks hat fast jeder die Nummer nicht nur vorangebracht, sondern auch ihren Stempel aufgedrückt. Hier regiert Quality Control, alles wurde in den Dienst des Songs gestellt. Zalia läd’ auf „Paradies“ zum Träumen ein und Cence macht auf „#nohomo“ das, was er am besten kann, nämlich gesungene Ohrwurmhooks und melodisch gerappte Parts miteinander verbinden. Einzig und allein Gozpel will mir auf dem sozialkritischen „Deutschland“ nicht so richtig gefallen. Ist das nun Selbstironie oder nicht? Für die geringe Gesamtlaufzeit wird hier ein breites Spektrum an Stimmungen abgedeckt, für das augenscheinlich nicht Tighty selbst vorrangig verantwortlich zu sein scheint.
Fazit
„eristdünnerjunge“ ist ein Schritt in die richtige Richtung. Tighty hat eine gute Stimme mit Wiedererkennungswert und ein Gespür dafür, welche Nuancen, dem Cloud-Rap scheinbar noch fehlen. Leider gelingt es ihm noch nicht, diese Ansätze ganz zu entwickeln. Man darf trotzdem auf das bevorstehende Album gespannt sein. Ich würde mir in erster Linie mehr Persönlichkeit und weniger Allerweltsthemen mit Hip Hop-Bezug wünschen, da die nach seiner Aussage intelligenten Texte meist nur zwischen den Zeilen erkennbar sind.
Full Stream
Tracklist
01. Intro feat Marcus Staiger
02. Was Geht feat. Christ Parker
03. Sie Sagen
04. Deutschland feat. Gozpel & Haftbefehl
05. tragique Tipp!
06. Paradies feat. Zalia & The Ji Tipp!
07. #nohomo feat Cence Tipp!
08. Liebe feat Z.a.K
Album Cover
Weitere Informationen über Tighty findet ihr in unserem Artist Feature #106 und auf Facebook.
—
Beitrags-/ Titelbild: (c) facebook.com/Rob.Vegas.ostlicht
Der Beitrag Tighty – „eristdünnerjunge“ (Review, Full Stream + Download) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.