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„Meine Generation ist noch stark beeinflusst von MTV und Musikvideos“– Interview mit Filmemacher und Künstler Raphael Grischa über sein Cover Artwork der „Hoch 2“ LP von RAF Camora

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Raphael Grischa

Filmemacher und Künstler Raphael Grischa, Foto: (c) William Ramos

Zu einem stimmigen Gesamtbild musikalischer Natur gehört nicht nur der gute Sound, sondern auch das Artwork. Egal ob früher im Plattenladen oder heute bei den Streamingdiensten – ein gutes Cover überzeugt manchmal dann doch in neue Musik reinzuhören.

Aus diesem Grund unterhalten wir uns mit kreativen Köpfen, um herauszufinden, was ein gutes Cover ausmacht. Dieses Mal haben wir uns mit dem Schweizer Künstler Raphael Grischa verabredet. Er hat unter anderem das Cover für „Hoch 2“ von RAF 3.0 (RAF Camora) gestaltet und Videos für die immerready-Crew konzeptioniert.

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Darüber hinaus hängen seine Gemälde in mehreren Galerien weltweit und unter anderem auch bei Prinz Pi und RAF Camora in den eigenen vier Wänden. Über dieses und viele weitere Themen haben wir uns Raphael unterhalten. Hier kommt das Interview.

Interview mit Raphael Grischa

RAF Camora Hoch 2 Album Cover

Album Cover „Hoch 2“ von Raf 3.0 aka RAF Camora

Du hast das ‚Indipendenza‘-Logo für RAF gestaltet – ein riesiges Raben-Artwork – sowie das komplette Artwork von „Hoch 2“. Wie kam die Zusammenarbeit mit RAF zustande?

Raphael Grischa: Der Kontakt kam damals über Prinz Pi, der zu der Zeit noch das Management für RAF gemacht hat. Prinz Pi und Wassif betreiben eine Management-Agentur (50/50 Berlin), die verschiedene Artists auch kreativ betreut. Für RAF’s Album „Therapie nach dem Tod“ hatte mich Pi dann ins Boot geholt, um die Grafiken zu machen.

Du kanntest Prinz Pi aber schon vorher?

Raphael Grischa: Ja, 2007 habe ich bei ihm ein Grafik-Praktikum gemacht. Nachdem ich all meine Ausbildungen abgebrochen hatte, wollte ich irgendwas mit Hip-Hop machen und habe mich bei Pi’s damaligem Label ‚No Peanuts‘ in Berlin beworben. Er hat zu der Zeit seine ganzen Covers noch selbst gemacht. Bei uns hat es menschlich und freundschaftlich gut gepasst.

Prinz Pi

Prinz Pi vor einem Gemälde von Raphael Grischa

Vor dem ganzen Grafiker-Dasein hat bei dir aber alles mit Graffiti begonnen?

Auf jeden Fall. Vermutlich gab es schon irgendetwas vorher, aber Graffiti hat mich wohl schlussendlich in das ganze Kunstding mit reingezogen.

RAF Camore und Raphael Grischa

Raphael Grischa und RAF Camora vor einem Gemälde

Wie kam dann der Schritt zu den Videos?

Kreativ habe ich mich nie eingeschränkt. Auch beim Sprühen habe ich nicht nur die Dose benutzt, sondern auch schon Pinsel und Stencils. Dann habe ich angefangen fotorealistische Sachen zu sprühen, Flyer designed und schließlich richtige CD-Artworks gemacht.

Meine Generation ist auch noch stark beeinflusst von MTV und Musikvideos. Von daher kam alles ganz natürlich in der Zusammenarbeit mit RAF. Es war klar, dass ich das Album-Artwork machen würde und plötzlich brauchten wir noch einen Teaser und so habe ich für „Therapie nach dem Tod“ einen Stop-Motion Film gemacht. Das war der erste richtige Berühungspunkt mit bewegtem Bild. Danach hatte ich auch gleich eine Videoidee und habe das erste richtige Musikvideo mit RAF im Haus meiner Großeltern gedreht.

Im Zusammenspiel mit Musikern sehe ich eigentlich gerne das gesamte Ding, also Artwork, Videos, Live-Show, Merch und Vertrieb. Leider habe ich noch nicht den richtigen Künstler gefunden, mit ich das so zu 100 % durchziehen und verwirklichen konnte.

Morten morten Y ataraxia

Cover Artwork: Morten – „morten Y ataraxia“

Du hast darüber hinaus auch einige Videos für die immerready-Jungs gemacht. Im Video zu „Jalousie“ von morten bist du zusätzlich für das Artwork an der Wand zu Beginn des Videos verantwortlich und bist auch im Video zu sehen. Im Video „Kätzchen“ von Holy Modee sprühst du deinen Namen an die Wand. Man kommt also nicht an dir vorbei. Findest du, dass Grafiker, Regisseuren und Co. mehr Erwähnung finden sollten?

Grundsätzlich finde ich, dass das jeder für sich selbst entscheiden soll. Ich selbst finde das aber immer wichtig. Gerade in dem Video von Morten war das ein spezieller Moment. Es war ca. ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter und ein sehr intimer Moment, zu der Textzeile „Kein Respekt, nein, nur für Mama“ da vor der Kamera mit dem Bild meiner Mutter zu stehen.

Es ist schon interessant so einen Cameoauftritt zu haben und daraus etwas zu machen. Schlussendlich sollte es viel mehr Credits geben, mittlerweile gibt es zum Glück einige Künstler, die sich einen Namen gemacht haben. Specter ist einer der wenigen, der durch Aggro Berlin selbst bekannt wurde und eine komplette Deutschrap-Ära geprägt hat. Auch Pascal Kerouche hat sich durch 187 in Deutschland eine Sichtbarkeit geschaffen.

Video: morten – „Jalousie“

Ist es für deine Arbeit wichtig, dass du dich mit der Musik der Künstler identifizieren kannst?

Ja, zu 100 %! Ich habe immer wieder versucht mit Künstlern zu arbeiten, deren Musik ich nur so halb oder gar nicht feiere, aber das funktioniert für mich nicht. Je besser ich mich mit dem Menschen und seiner Musik verstehe, desto besser werden meine Ergebnisse.

Es ist wichtig, wie ich die Musik spüre und was ich dabei fühle. Ich versuche mich dann in den Menschen hineinzuversetzen, damit das ganze Artwork auch zum jeweiligen Künstler passt.

Deine Tiermotive haben nichts mit Rap zu tun. Was inspiriert dich denn am meisten?

(lacht) Das Leben! Vor allem Freunde, interessante Menschen und Reisen. Ich war oft in Los Angeles und wenn ich da male, merke ich, dass Sprache keine Rolle spielt. Kunst ist universell.

Deine Motive werden auch immer wieder tätowiert. Verspürst du das Bedürfnis, die Motive selbst einmal stechen?

Wenn ich das machen würde, würde ich vermutlich nur noch tätowieren (lacht). Ich habe tatsächlich einmal in meinem Leben tätowiert und das war auf jeden Fall eine schmerzhafte Angelegenheit für den Typen, der von mir gestochen wurde.

Aber vom Medium her ist das mit Haut und Blut nicht so meins, dann bist du nur am Sitzen, und es ist laut mit der Maschine. Mich flasht das jedes mal, wenn Leute sich meine Motive tätowieren lassen. Es ist eine mega Ehre.

Tattoo: Cory Capelli

Gibt es einen Musik-Künstler, mit dem du unbedingt Zusammenarbeiten möchtest?

Was ich eigentlich immer gesagt hatte, wäre Kanye, aber das ist im Moment ein schwieriges Thema und traurig anzusehen… Kendrick wäre sicher heftig oder J.Cole. Aber Kendrick Lamar ist auf jeden Fall ein inspirierender Typ! Doch ich liebe es mit Leuten zusammen zu arbeiten, die ich kenne und würde dann doch lieber mehr mit denen arbeiten.

Gibt es ein CD- / Platten-Cover was du selbst richtig gut findest?

Ja! Specters Artwork für „Ich & meine Maske“, das war damals einfach krass! Die hatten eine Special-Edition mit einer durchsichtigen Verpackung und ein Foto-Buch drin. Das krasseste aber war die Maske in einem 3D-Druck.

Sido ich und meine maske

Premium Edition: Sido – „Ich und meine Maske“, 2008. Bild: (c) Specter

Hast du ein bestimmtes Ziel als Künstler?

Klar, aber ich erkenne auch, dass ich schon vieles gemacht habe. Ich habe mit einem der größten deutschsprachigen Rapper gearbeitet und habe von der Stadt Los Angeles eine Auszeichnung für meine Gemälde bekommen. Die Frage ist: wie bringe ich das alles auf die nächste künstlerische Ebene?

Die Herausforderung ist jetzt erstmal alles zu bündeln was ich kann und das auch konkret und strukturiert umzusetzen. Am Ende möchte ich alles, was mich beschäftigt, in der Kunst ausleben und verarbeiten. Es ist einfacher Aufträge zu machen, als seine eigene Kunst zu machen und sich damit auseinander zu setzen.

Privat ist es mir wichtig meine Freundschaften zu pflegen und mich selbst zu erden. Außerdem möchte ich Berlin als meine Heimat ansehen. Ein Teil meiner Familie kommt von hier, aber die sind leider alle im Himmel. Ich bin somit der einzige aus meiner Familie, der seit knapp zehn Jahren jetzt in Berlin lebt.

Ich bin gerne unterwegs, aber man muss auch mal ankommen und zur Ruhe kommen. Es fällt schwer ständig nur aus dem Koffer zu leben und sich gleichzeitig auszugleichen.


Alle Bilder (soweit nicht anders angegeben): (c) Raphael Grischa

Der Beitrag „Meine Generation ist noch stark beeinflusst von MTV und Musikvideos“ – Interview mit Filmemacher und Künstler Raphael Grischa über sein Cover Artwork der „Hoch 2“ LP von RAF Camora erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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