Meezy setzt einen Meilenstein. Für die Szene oder doch nur für sich? Gastautorin Vanessa hat sich eine Woche nach dem Release die neue Scheibe des Frankfurters angehört. Lest hier ihre Review.
Ein Gastbeitrag von Vanessa (Alphamädchen)
Das erste, was ich mache, sobald mein Computer im Büro hochgefahren ist? Spotify öffnen. Beim letzten Mal wurde mir unter „Neuheiten für dich“ das Album „Meilenstein“ von Meezy vorgeschlagen. Ich klickte relativ erwartungslos auf „Play“, da Spotify hatte mich in der Hinsicht schon mehr als einmal enttäuscht hat – doch dieses Mal nicht.
Short Facts
- 14 Tracks | 47 Minuten
- produced by Leon Tiepold (ausführend), Bounce Brothas uvm.
- Features: Bausa, Chima, Rolam, Samson Jones, Shack
- Label: Audiophat Records
- Releasedate: 07. Oktober 2016
Review
Nachdem das „Intro“ (Video) mit sauberen Flow- und Beatwechseln glänzt, geht es trap-lastig auf der ersten Video-Single „Bestesteste“ mit klaren Ansagen weiter: „Mein Flow killt, er ist Eminem’s Vater!“ Aber viele Bars sind auch mit einem Augenzwinkern zu betrachten: „Es gibt niemanden, der mich aufhalten kann. Erst gestern habe ich mit der Hand einen Blauwal gefangen.“ Für mich wirkt der Track wie der ironische Umgang mit dem Proll-Gehabe der Rap-Welt. Doch Meezy beherrscht nicht nur die Welt der Ironie, sondern gibt im aktuellen Video „Produkt deiner Umwelt“ Einblicke in seine kontrastreiche Welt. Denn nur weil er aus einem guten Elternhaus kommt, heißt das noch lange nicht, dass ihm das Leben auf Frankfurts Straßen fremd ist. Für mich ist es das beste Beispiel dafür, dass ein Track hängenbleiben kann, wenn er einfach nur authentisch ist.
Der Track „Mensch sein“ beschreibt die Gedanken, die Existenzängste und Fragen der Generation Y sehr treffend. Bausa’s Hook ist genauso treffend und geht dabei noch gut ins Ohr:
„Manchmal ist es schwer zu verstehen, was dazu führt, dass man nicht in dieses System passt. Mangelt es an Perspektive, oder fehlt Geld? Oder ist es das System selbst? Ich will wieder Mensch sein! Ohne Farbe, ohne Narbe, ohne gar nix. Ich will endlich wieder Mensch sein.“
Weiter geht’s mit einem nicht ganz klischeehaften Track über eine Frau, der mich an vielen Stellen „ertappt“ zusammenzucken ließ. „Sie weiß was sie will. Nur sie weiß nicht, ob sie heiraten will. Single – doch sie ist nicht einsam, das Bild von verzweifelt und alleine wird auf keinen Fall erfüllt“ und auch „Rational, nie im Zwiespalt. Manche sagen, sie wär’ gefühlskalt“ – kennt Meezy mich? Die gesungene Hook des Tracks „Prisma“ von Shack erfüllt dann aber doch das Klischee eines typischen Liebestracks – was ich im Gesamtbild aber gar nicht so falsch finde. Vielleicht liegt es an dem Sound, an dem Text oder daran, dass ich mich darin wieder erkenne, aber spätestens nach dem Track hatte Meezy mich gecatcht. Klischee kann also auch gut sein.
Auf dem Titeltrack „Meilenstein“ geht der älteste Newcomer teilweise auf das Thema „Depression“ ein. Ein wichtiges Thema, aber ansonsten ist das leider der schwächste Track auf dem Album. Ich kann leider nicht sagen, was mich an dem Track stört, da er rein faktisch nicht schlecht ist. Doch kann er einfach mit den anderen nicht mithalten.
Aber jetzt ist auch erst mal genug mit Ruhe und Deepness – ab in den Club zu Visa Vie, der „süßen Wüstenmaus“ und um den „Highlife on Low Budget“ zu zelebrieren. Das bedeutet Wein aus dem Tetrapack, aber Hauptsache die Sneaker sind aus Schlangenleder – die Prioritäten wurden hier klar gesetzt! Spätestens hier wird Meezy’s Liebe zu Sneaker deutlich, was das anschließende „G.A.M.S.D.N.A.E.“ auf die Spitze treibt und für einen neuen Spruch sorgt, wenn Männer im Club wieder nur auf die Brüste gucken, denn „Guck auf meine Schuhe, Digga, nicht auf meine Eier“ ist nicht nur eine eingängige Hook, sondern Frauen können das auch einfach für sich abwandeln „Guck auf meine Schuhe, Digga, nicht auf meine Titten!“. Aber zurück zum Track: Irgendwie verflucht er den Hype, aber er liebt die Jordans einfach zu sehr. „Ich hab keine Sorgen, außer was für Schuhe trag’ ich heut’,“ spricht jedem Sneakerhead einfach so aus der Seele. Der Hipster-Kleidungsstil bekommt hier auch sein Fett weg: „Neue Schuhe – das reicht doch vollkommen aus.“ – seh’ ich auch so!
Es folgt eine überzogener Selbstdarstellung: Auf „P.F.A.“ vergleicht er sich selbst mit Jay-Z – so als wäre es nichts. Die Samples von Wu-Tang Clan und Jay-Z werden einfach mit „Pimmel, Fotze und Arschloch“ unterbrochen. Soundmäßig ist mir der Beat leider zu anstrengend. Aber ich musste aufgrund des Inhalts an mehreren Stellen doch schmunzeln, denn sich so ironisch selbst darzustellen ist schon eine Kunst und ja, Justin Bieber ist nervig! Auf dem Track „Mein Rap“ wird die Vielseitigkeit seines Rap-Spektrums zum Thema, allerdings ohne es zu beweisen. Die Flow-Wechsel in den vorherigen Tracks vermisse ich hier tatsächlich sehr.
Mit drei weiteren Gesangsfeatures auf drei Tracks geht es auch mit dem Album wieder aufwärts: Während Rola auf „Hinter dem Mond“ überwiegend für die Background-Vocals verantwortlich ist, geht es thematisch in dem Track um die Dankbarkeit einer Person, die eher Taten als Worten sprechen lässt. Samson Jones beschreibt zusammen mit Meezy die „Zeit“ mit einer Frau, die ihm davon läuft und von der er mehr braucht. Eine wirklich sehr schöne, kreative Beschreibung. „Schöner sein können“ (Video) hat dann mit Chima ein passendes Feature, deren Song ich mir auch gut im Radio vorstellen kann. Hier wird nicht nur geredet, dass alles schöner sein könnte sondern, dass man es jetzt selbst einfach schöner macht.
Der Track „Mach weiter so“ ist ein schöner Abschlusstracks des Albums. „Du spürst die ersten Schritte tun weh – außer dir selbst, steht dir nichts mehr im Weg.“ Mir persönlich ist der Beat hier zu poplastig, aber die Message lässt mich am Ende des Albums mit einem guten Gefühl zurück.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Album eine schöne, stimmige Abwechslung zwischen Partysound und nachdenklichen Texten ist. Normalerweise stören mich mehrere Wechsel zwischen verschiedenen Stimmungen, aber auf dem Album „Meilenstein“ wirkt das alles stimmig und man erkennt den roten Faden. Nachdem ich dachte, dass mich dieses Jahr kein Album mehr catchen könnte, wurde ich hier vom Gegenteil überzeugt. Ich hoffe Spotify überrascht mich beim nächsten Öffnen wieder mit einem so guten Album.
Full Stream
Tracklist & Cover
01. Intro
02. Tipp: Bestesteste
03. Produkt deiner Umwelt
04. Mensch sein feat. Bausa
05. Tipp: Prisma feat. Shack
06. Meilenstein feat. Shack
07. Highlife on Low Budget
08. Tipp: G.A.M.S.D.N.A.M.E.
09. P.F.A.
10. Mein Rap
11. Hinter dem Mond feat. Rola
12. Zeit feat. Samson Jones
13. Schöner sein können feat. Chima
14. Mach weiter so
Der Beitrag Meezy – „Meilenstein“ (Review + Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.