In der Artist Feature Serie stellen wir euch regelmäßig interessante Musik-Künstler vor. Grundlage des “Artist Feature” sind 15 Fragen, von denen einige immer gleich und einige individuell sind.
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Ganesch wuchs in Berlin auf und kann mit seinen 31 Jahren bereits auf eine beachtliche Liste an Veröffentlichungen und kreativen Output zurückblicken. Auf insgesamt drei Mixtapes und einem Sampler mit seiner Crew Beatbunker zeigte er, dass er sich in Sachen Punchlines, Technik und Battlerap vor niemanden zu verstecken braucht:
Anschließend widmete er sich Projekten mit etwas mehr „Substanz“. 2012 veröffentlichte er u.a. das erste deutsche Rap-Hörspiel namens „Heiko – Alles auf Kopf“. Eine Geschichte über Sebastian Heiko, Insasse einer psychiatrischen Einrichtung, der unter Liebeskummer leidend, plant, endlich aus der Klinik auszubrechen:
Im privaten Leben besitzt Ganesch feste Prinzipien, die mittlerweile durch seine Musik mehr und mehr den Weg an die Öffentlichkeit finden. Diese und weitere „spezielle“ Themen versuchen wir in diesem „Artist-Feature“ mit ihm etwas näher zu durchleuchten.
Interview
Wo in Berlin gehst du gerne essen? Hast du eine Art Lieblingslokal?
Auf jeden Fall! „Berkis“, das ist ein Bio-Grieche bei mir um die Ecke in Schöneberg.
An dieser Stelle fragen wie eigentlich nach deiner persönlichen Lieblingsspeise. Mal anders gefragt: Was war die für dich skurrilste kulinarische Erfahrung, die du im Rahmen deiner Paleo-Ernährung jemals gemacht hast?
Die skurrilste war Herzgulasch und Insekten in einem Restaurant in Köln, als ich dort meinen Food Coach gemacht habe.
Der Umgang mit Ernährung und Ernährungswissen spaltet die Gesellschaft zunehmend in zwei Lager, die Nicht-Interessierten und die nahezu Über-Interessierten. Der eigene Körper wird entweder zum Mittelpunkt der Welt – oder eben gerade nicht. Der Lebensmittelmarkt für spezielle Ernährungsstile boomt. Wie ist deine Meinung dazu?
Es ist auf jeden Fall cool, wenn die Wirtschaft dahingehend angekurbelt wird, dass z.B. mehr nachgewiesen werden kann, was wo drin steckt, oder woher die Nahrungsmittel eigentlich stammen. Mit meiner Lebensweise fühle ich mich als Supporter dieses Trends. Es wird aber auch viel Mist verkauft und den Leuten durch Werbung schmackhaft gemacht.
Am Schlimmsten sind meiner Meinung nach die Veganprodukte. Nichts gegen Veganer. Und mit Produkten meine ich auch keine Äpfel. (grinst) Sondern Fertigprodukte! Ich respektiere jeden, der sich bewusst ernährt. Aber diese Produkte sind teilweise für die Industrie ein gefundenes Fressen! Da werden billige Lebensmittel wie Getreide, Zucker und pflanzliche Fette zusammengepanscht und den Leuten auch noch überteuert als gesund verkauft, weil es ja z.B. cholesterinarm sei, oder weil dafür keine Tiere sterben oder leiden müssen. Wow!
Respekt auf jeden Fall, wenn man seine Gesundheit zum Wohle von Tieren opfern will. Aber man kann es meiner Meinung nach auch übertreiben und sogar viel mehr Leid anrichten, wenn man Fertigprodukte kauft. Ich habe schon sehr früh durch schlechte Ernährung meiner Gesundheit massiv geschadet, und bin jetzt dabei, mir meine Gesundheit wieder aufzubauen.
Gab es einen bestimmten Moment in deinem Leben, der dich gezwungen hat dich mit dem Thema „Ernährung“ zu beschäftigten oder wie bist du dazu gekommen?
Ja, ich habe seit ich klein bin Allergien und Nahrungsmittel-Intoleranzen. Irgendwann wurde daraus sogar eine Histamin-Intoleranz, die dann wirklich extrem einschränkt, was man noch so essen kann. Die Schulmedizin hatte mich schon lange aufgegeben, und auch Akupunktur, Autovaccine, Probiotika, homöopathische Mittel und mehr haben nicht geholfen. Irgendwann war ich so gequält von meinen Beschwerden, dass ich bereit war alles zu versuchen. So bin ich bei Paleo gelandet.
Jetzt habe ich so viele neue extra Vorzüge einhergehend mit meiner gesundheitlichen Genesung erfahren, dass ich nie wieder zurück will. Es ist ein Lifestyle, nicht nur eine Ernährungsform. Paleo ist eben auch kein Trend, weil es funktioniert.
Hast du einen Buchtipp für uns?
Nico Richter – Paleo Power Every Day
Wie sieht ein typisches Silvesterfest bei dir aus? Halli Galli oder eher ruhig?
Guuutes Essen mit Freunden und gediegenes Weinchen oder vielleicht mal das ein oder andere grüne Kraut als Beilage. (grinst)
Das erste Mal habe ich dich auf dem 1on1 Freestyle Battle beim Splash! 2005 gesehen. Hast du eine lustige Anekdote von diesem Tag für uns?
Puh, ich hatte nur 2 Stunden gepennt, bin im Nachrückverfahren rein gekommen und hatte als ich vor Shaban stand eigentlich meine ganze Munition schon verschossen. War aber geil. Als er auf die Bühne kam, haben schon alle gejubelt – er hat mich auch mies misshandelt. (lacht)
Betrachtet man deinen „Release-Katalog“ stellt man fest, dass du dich mittlerweile nicht mehr über den „typischen“ Battlerap und dessen Auszeichnungsmerkmalen identifizieren willst. Woher kommt es, dass du so viel ausprobierst?
Battlerap kann doch jeder. Flows stoßen auch irgendwann an ihre Grenzen. Kollegah konnte punchlinemässig auch kein anderer mehr toppen, meiner Meinung nach. Ich wollte schon immer etwas Einzigartiges machen. Ich wollte als Rapper wie ein Superhero eine einzigartige Fähigkeit besitzen.
Dann kamen die Schüttelreime! Da kommt noch so einiges! Bei dem Rap-Hörspiel wollte ich mich einfach mal austoben. Lustige Bilder erschaffen, wie in einem Film. Ich sehe mich mittlerweile auch mehr als Entertainer. Ich hab schon immer Filme geliebt, die verrückt und lustig waren. Ich könnt darin auch endlich aus dem typischen Rap-Jargon ausbrechen, der war mir mittlerweile viel zu langweilig geworden.
Deutscher Rap ist gewissermaßen bekannt für seine Technik-Verliebtheit. Vor dir habe aber noch keinen gehört, der bewusst Schüttelreime verwendet hat. Wieso glaubst du hat das keiner auf dem Schirm und wie bist du darauf gestoßen?
Ich bin darauf über meinen Homie Nestor gestoßen. Da ich schon immer reine Reime geliebt habe, waren die Schüttelreime dann sozusagen das Non-Plus-Ultra dessen. Mein Opa war Dichter und hat diese nur gebracht!
Erzähl mal bitte etwas über deine Videoauskopplung „Ich weiß zu viel.“
Ich wollte die Wahrheit, die ich endlich so in Worte verpacken konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte, mit jedem teilen. Und das auf eine emotionale Art und Weise. Rap ist dafür perfekt. Und das ist die Art von Rap, die mich damals auch gecatcht hat.
Der Song entstand schon vor einer ganzen Weile, nachdem ich mir etliche Dokumentationen reingezogen hatte, und gerade anfing, Paleo-Literatur zu studieren. Das hat mich alles so krass geflashed, dass es irgendwann nur so rausgesprudelt ist. Wenn man mal genau hinhört merkt man, dass jeder Reim im ganzen Lied sich aufeinander reimt. Bis zum Ende. Wie gesagt, ist einfach so rausgesprudelt.
Ich hatte hier Beats von Morten schon seit einem Jahr rumliegen, hab aber nie eine Inspiration dafür gehabt. Irgendwann hab ich die Beats noch mal im Hintergrund laufen lassen und auf einmal: BAM! Plötzlich war das Feeling in der ersten Line für den ganzen Track vorgegeben. Auf den Moment warte ich immer. Der Rest war easy!
Die Resonanz war megapositiv. Ich war extrem geflashed. Es haben so viele Leute geteilt. Unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass wir damit mein vorheriges Release „Schüttelshit“ noch mal toppen. Vor allem, weil es wieder über meinen eigenen Kanal gepostet wurde, und ja auch vom Thema her was ganz anderes ist als das, was meine „neuen Facebook Follower“ so von mir kennen.
Die meisten deiner aktuellen Thementracks wirken sehr leicht und spielerisch. Du schlüpfst unter anderem in Rollen. Ist das in Deutschland der einzige Weg solche vorurteilsbehafteten Themen an den Mann bzw. Hörer zu bringen?
Ich möchte bei solchen Themen, wo Leute aufgrund ihrer Kultur oder Sozialen Zwänge leicht emotional werden einfach ausstrahlen, dass man sich selbst nicht zu ernst nehmen sollte. Ich mich auch nicht – auch wenn mir das Thema unfassbar wichtig ist. Ich glaube Battle Rap hat mir dabei geholfen, viele Diskrepanzen mit Leuten spielerischer zu sehen.
Was steht in der Zukunft noch bei dir an?
Mein „Best Of“ kommt in den nächsten Wochen!
Ist das „Best-Of“ ein Ende oder nur ein Ende von einem Kapitel?
Wir werden sehen. (grinst) Ich hab mich in den letzten Jahren eher auf andere Projekte fokussiert. ABER: Ich werde meine Raps nun dafür benutzen, um Sachen zu promoten und eine Reichweite zu geben, an die ich Glaube. Ich habe damals die erste Hip Hop Convention mit ins Leben gerufen und den Großteil organisiert und gemanaged.
Zurzeit bin ich Blogger und organisiere die Paleo Convention. Das größte Paleo Event Europas – es geht um Gesunden Lifestyle, artgerechte Tierhaltung, Nachhaltigkeit und ganze Lebensmittel. Weg von Massenprodukten, die die Welt kaputt machen und die unserer Gesundheit schaden. Ich hab dazu einen sehr persönlichen Bezug, da ich seit meiner Kindheit Allergien und Nahrungsmittelintoleranzen hatte… Auch habe ich grad mein eigenes Getränk grad auf den Markt gebracht: Fairment Kombucha! Ein gesundes, fermentiertes Teegetränk. Der bisher bekannte Kombucha von anderen deutschen Marken ist leider kein echter Kombucha und täuscht den Konsumenten. Er ist dort nämlich pasteurisiert und alle lebendigen Mikroorganismen, die sonst so gesund am Kombucha sind, sterben bei diesem Prozess. Vielleicht entdeckt der ein oder andere ja den Kombucha in Zukunft mal in einem Rapvideo. (grinst)
Du hast in über zehn Jahren mit vielen Rappern, die nun kurz vor dem Durchbruch stehen oder ihn bereits geschafft haben – was sagst du zu den Entwicklungen von Animus, Beatzarre bzw. SDP und Takt32?
Hammergeil! Ich freue mich für sie alle und vor allem Dag und Vincent von SDP gehen unfassbar ab. Im Radio hört man sie öfter und Beatzarre’s (Vincents) Beats haben wir ja auch alle schon durch etliche Sido und Bushido Songs gehört.
Bei Animus freut mich, dass er meiner Meinung nach jetzt seinen Style gefunden hat, auf dem er sehr viel aufbauen kann.
Takt32 (Artist Feature #131) ist ein Megatalent. Wir haben uns bei Rap am Mittwoch damals im Akut Club kennen gelernt und sind direkt zusammen auf die Bühne in der Cypher.
Auch Marvin Game, Mauli und Morten zähle ich mittlerweile zu meinem engeren Freundeskreis und die Jungs werden noch großes reißen. Da bin ich mir sicher.
Zum Schluss würde ich dich bitten, noch einige Sätze zu vervollständigen: Fünf Minuten, bevor die Show losgeht…
…versuche ich mich einmal zu sammeln, die Augen zu schließen, tief ein und aus zu atmen, und freue mich dann krass auf den Moment, wenn ich auf der Bühne stehe.
Fünf Minuten nach der Show…
…kann ich nicht aufhören zu strahlen und umarme meine Freunde und die, die mir bei der Show geholfen haben.
Dort, wo ich herkomme, ist das wichtigste…
Respekt und Anpassungsfähigkeit.
Der Beitrag Artist Feature #155: Ganesch erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.