Weiß Frauenarzt nach etlichen Ballermann-Hits überhaupt noch, was der Albumtitel bedeutet? Hier bekommt ihr die Antwort.
Intro
Frauenarzt besinnt sich auf „alte Stärken“ und kehrt als „Dr. Sex“ zurück. Die Lyrics strotzen wieder nur so vor indexgefährdeten Sprüchen, der Sound ist wieder typisch Berlin und auch die trockene TR-808 rattert wieder. Wer damals die BC- und Ghetto Musik Releases bis zur totalen Erschöpfung gepumpt hat, der wird verstehen, mit welchen Begriffen ich gerade um mich werfe und wie froh ich bin, das Frauenarzt diese LP veröffentlicht.
Bevor wir einsteigen, werfen wir noch kurz einen Blick auf seine Vorgänger Alben: Die Trilogie „Atzen Musik“ hatte sicher Qualitäten, diese kamen allerdings auf einer ganz anderen Ebene zu Tage. Der Sound war sehr viel massentauglicher, einfach gestrickter und perfekt für eine typische Ballermann Party ausgelegt. Frauenarzt wandelte sich vom Porno-Rapper zum modernen Ballermann-Sänger, blieb im Hintergrund allerdings stets seinen Wurzeln treu. „Tanga Tanga 3“ mit DJ Reckless und „R.A.P.“ mit DJ Korx waren von ihrer Produktion bis hin zur Vermarktung klassische Untergrund-Alben und blieben dementsprechend unter dem Radar der ganz großen Öffentlichkeit. Der veredelte Erfolg der „Atzen“-Combo brachte Frauenarzt schließlich wieder zurück zum Anfang.
Album Facts
- 13 Tracks
- Features: Tatklo$$ und MC Bomber
- Produced by Frauenarzt
- Released by Proletik
- Releasedate: 06. Mai 2016
Review
Der Berlinerließ während der Promophase kaum eine Gelegeneheit aus, auf seine Gangmitgliedschaft und Writer-Vergangenheit hinzuweisen. Was mir etwas zu kalkuliert und zu gewollt vorkam, ist musikalisch und künstlerisch aber ein absoluter Segen. Denn „Mutterficker“ lässt endlich wieder den Hunger und die Provokation spüren, der er an der Seite von Manny Marc irgendwo zwischen „Das geht ab! (Wir feiern die ganze Nacht)“ und „Strobo Pop“ verloren zu haben schien. So hist der erste Song des Albums auch einfach „KKF – King Kool Frauenarzt“ betitelt und feuert bereits in den ersten vier Zeilen Schüsse in alle möglichen Richtungen ab:
Eh, ich prahle gekonnt und zahle in bar /
Ich zeige meinen Schwanz jeder Frau in der Bar /
Meine Haltung bewahr’ ich mir gottverdammt /
Und im Sommer bin ich wieder der Boss am Strand / („KKF“)
So und nicht anders will man Frauenarzt und seine Roboterstimme samt begrenzter Technik hören. Das ist die Musik, zu der man in viel zu kleinen und abgeranzten Jugendclubs abgehen kann – damals wie heute. Und von dieser Linie weicht der Berliner quasi an keiner Stelle auf dem Album ab. Es gibt keine Liebeslieder, keine Themensongs und auch kein „Dingelingeling, Dingelingeling!“… Und genau das gefällt mir an der LP so gut. Sie ist einfach gestrickt, unterhaltsam und entwickelt seinen vollen Unterhaltungsfaktor vor allen Dingen dann, wenn man Besucher der „Berlin bleibt hart“-Tour war oder die dazugehörige DVD im Schrank stehen hat.
Dennoch fällt es mir schwer klare Höhepunkte auszumachen, was vor allen Dingen daran liegt, dass das Album im Gesamtkonzept einfach sehr homogen und schlüssig wirkt. Songtitel wie „Blaulicht“, „Westberlin“ oder „Ketten raus Kragen hoch“ halten genau das, was sie versprechen. Überraschend fand ich, dass das MC Bomber-Feature (Artist Feature #115) deutlich vom Taktloss Gastspiel – dessen musikalischer Output in der letzten Zeit ziemlich mau war – in den Schatten gestellt wird. Wir wollen an dieser Stelle absichtlich keine Taktloss-Zeilen zitieren, um die Vorfreude nicht zu schmälern. Nur so viel: die produktionstechnischen Anlehnungen an Bass Sultan Hengzt, Royal TS und an sich selbst wurden wohl überlegt gewählt und optimal eingesetzt.
Das gilt auch für die gesamte Produktion auf „Mutterficker“. Die Beats stammen zum Großteil von Frauenarzt selbst und funktionieren nach dem altbewährten Prinzip. Sprich: Alles orientiert sich an der knallenden Synthie-Spur. Frauenarzt hat es über die Jahre geschafft, seinen eigenen Sound zu manifestieren, der augenscheinlich nicht viel braucht, dennoch für sich steht und deswegen auch hier voll ins Schwarze trifft.
Wer dann noch nicht genug hat und auf weitere Zusammenarbeiten inklusive diverser Weggefährten Bock hat,kann sich zum Abschluss noch die „Mutterficker“ Remix-CD geben. Im Grunde ist „Mutterficker“ nämlich ein Doppel-Album (Hafti Haft hatvorgemacht, das so etwas funktioniert. Nicht nur für hartgesottene Berlin Crime-Fans mag es spannend sein, Frauenarzt (mal wieder) an der Seite von Corus 86, King Orgasmus One, Prinz Porno, Basstard und MC Bogy zu hören. Hinzu kommen erstmalige Kollaborationen mit SXTN, Karate Andi, Audio88 & Yassin sowie Haiyti. Vollendet wird das Ganze mit Remixen von Kool Savas & Smoove, DJ Desue sowie DJ Reckless. Je nachdem aus welcher Generation man kommst, kann man hier ohne zu zögern „Repeat“ drücken.
Fazit
Mit „Mutterficker“ kehrt Frauenarzt glaubwürdiger, stimmiger und schlüssiger denn je zu seinen Wurzeln zurück. Sollte auf „Mutterficker“ wieder ein Atzen-Album folgen, wäre ihm der Erfolg gegönnt. Andererseits wäre es auch wirklich schade. Jetzt, wo Berlin endlich wieder hart und Untergrund ist.
Full Stream
Tracklist
01. Tipp: KKF (Video)
02. Zieh dein Shirt aus (Video)
03. Nachbarviertelterrorist
04. Blaulicht (Video)
05. Alles Gute
06. Fickfinger
07. Tipp: Eine Kugel
08. Tipp: Buuuh feat. Taktlo$$
09. Westberlin
10. Ketten raus, Kragen hoch (Video)
11. 666
12. Mein BAE
13. Wir geben keinen Fick feat. MC Bomber
Bonus CD
01. KKF (Kool Savas & Smoove RMX)
02. Zieh Dein Shirt Aus (RMX) feat. SXTN
03. Nachbarviertelterrorist (RMX) feat. Karate Andi (Video)
04. Blaulicht (RMX) feat. Audio88 & Yassin
05. Alles Gute (DJ Desue RMX)
06. F***finger (RMX) feat. Corus 86
07. Eine Kugel (RMX) feat. King Orgasmus One
08. Buuuh (DJ Reckless RMX) feat. Taktloss
09. Westberlin (RMX) feat. Prinz Porno
10. Ketten Raus Kragen Hoch (RMX) feat. Haiyti
11. 666 (RMX) feat. Basstard
12. Mein Bae (RMX) feat. MC Bogy
13. Wir Geben Keinen Fick (RMX) feat. MC Bomber, KIZ, Shacke One
Album Cover
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