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Pedaz –„Schwermetall“ (Review + Album Stream)

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Pedaz Presse 1

Neun Jahre ist es her, seitdem Pedaz auf „Feuer über Deutschland 2“ erste Spuren in der Deutschrap-Szene hinterließ. In der Zwischenzeit hat der Essener seine Ausbildung zum Elektroniker abgeschlossen und meldet sich dieser Tage nun mit seinem langerwarteten Debütalbum „Schwermetall“ in der Szene zurück.

Hat Pedaz sein lyrisches Potential an Punchlines beibehalten? Hat er sich wohlmöglich sogar weiterentwickelt? Kann er auf Albumlänge überzeugen? Dies gilt es nun auf „Schwermetall“ zu entdecken. Lets go!

Album Facts

  • 16 Tracks | 55 Minuten
  • Features: RAF Camora, Haudegen, Motrip, RAF, Silla, JokA, Sinan G, Joshi Mizu, Blut & Kasse + Sido
  • Produced by Joshimixu, Abaz, Rooq, Johnny Illstrument, Joznez, RAF Camora, The Stereoids + more
  • Released by Distri Records
  • Releasedate: 22. April 2016

Review

Die erste Videoauskopplung über den YouTube-Kanal der 187 Straßenbande und dazu gleich RAF Camora und The Steroids als Executive Producer am Start – die Vorzeichen könnten unter einem weitaus schlechteren Stern für Pedaz stehen.

Von der musikalischen Ausrichtung her könnte das Release auch während des Ruhrpott-Hype um 2006 herum erschienen sein: Es gibt auf die Schnauze und nebenbei noch ein wenig Deepness. Wir bekommen auf sechzehn Tracks mindestens elf Battletracks um die Ohren geklatscht, in der sich haufenweise Punchlines, Wortspiele, Sprüche und sehr viel Ruhrpott-Atmosphäre wiederfinden. Dennoch die Frage: Braucht Deutschrap im Jahr 2016 (noch) ein reines Battlerap-Album? Ich würde sagen: Nein! Aber von Pedaz? Ja!

Es ist weniger der Punchline-Level an sich, was stellenweise ziemlich stark hin- und her schwankt, sondern Pedaz selbst, der die Lines vom Rest abheben lässt. Es fängt bei seiner gutturalen Stimme an, setzt sich im Ruhrpott-Dialekt fort und endet im Malocher-Image, das aber eigentlich gar keins ist. Pedaz ist quasi das rappende Oxymoron: Wortwahl und Stimmeinsatz unterstreichen den Habitus des Rappers aus der scheinbar „einfachen“ Arbeiterklasse, manche Lines hingegen lassen auf Gegenteiliges schließen. Pedaz reizt das, was Snaga und vor allem Pillath in ihrer zweiten Karrierehälfte angeschnitten haben, komplett aus.

Allein die Tracklist und Titel wie „Wat muss dat muss“, „Läuft beim Langen“ oder „Hauptsache scheppert“ unterstreichen dies deutlich. Weitergetragen wird dies durch Punchlines, die im Deutschrap nur von Pedaz so gerappt werden können und zu den Highlights der Platte zählen. Der einzige Makel ist die traditionelle Umsetzung. Typisch für Battlerap wird mit Wie- und Als-Vergleichen nicht gespart. Erwartungen, dass Pedaz dem Ganzen eine neue Note mitgeben kann, werden leider nicht vollends erfüllt.

Der einzige Battletrack, in dem ich ein richtiges Konzept erkennen kann, ist „#IchBinPedazUndDuNicht“. Doch leider ist dies eher ein durchschnittlicher Vertreter der „König von Deutschland“-Ahnenreihe neben „Promiboxen“ von Caput und „Ein Gespann, Zwei Pferde Und Ein Echter Kutscher“ von Maeckes. Und dennoch laufen bei mir „Wat muss dat muss“, „Läuft beim Langen“ und „Hauptsache scheppert“ auf Repeat, denn sie präsentieren den Rapper perfekt und funktionieren ganzheitlich. Für mich wiegen Zeilen wie „und war für Plusquamperfekt/ Akkusativpronomen“ billige Vergleiche bzw. unkreativ aufgezogene Lines wie „Mach mir nich’ den Berliner wie Bäcker“ locker auf. Der rappende Menschenschlag im Ruhrgebiet ist eben noch immer am Unterhaltsamsten, wenn er rumprollt, direkt und ehrlich ist und man unter der ehrlich, harten Schale einen weichen Kern entdecken kann. Entweder man kommt damit klar oder nicht – ich tu’s.

„Schwermetall“ präsentiert sich nach außen hin als reines Battlerap Album, offenbart aber dennoch eine ganz neue Seite von Pedaz. Da wäre zunächst einmal die unkitschige Liebeserklärung „Vakuum“ mit einer typischen RAF Camora Hook, die gut ins Ohr geht, aber am Schluss doch eher vorbeifliegt.

Ganz anders im Falle von „Tränen deiner Mutter“. Der pathetische Rock-Einschlag an der Seite von Hagen Stoll funktioniert bei Pedaz deutlich besser und authentischer als erwartet. Die ehrlichen und reflektierten Lyrics ohne Augenzwinkern und Selbstironie über die problematische Vergangenheit mit seinem Bruder ist das passende Gegengewicht zum erwähnten Pathos. Eine Schiene, die er auf jeden Fall weiterverfolgen sollte.

„Kopfsache“ ist wohl der Track, von dem Pedaz bereits vor vier Jahren gesprochen hat, den er sich aber für sein Debütalbum aufsparen wollte. Pedaz gewährt dem Hörer den bisher wohl tiefsten Einblick in die schwere Zeit, in der er die Diagnose „Hirntumor“ bekommen und vorher anscheinend eine Zeit lang mit dem Gefühl, dass etwas nicht mit ihm stimmt, gelebt hat. Zwar blitzt am Ende durch Zeilen über die damit verbundene Alkoholabstinenz ein positiver Funken auf, doch spätestens durch die nachfolgenden Danksagungen verglimmt dieser schnell wieder. Der Track ist eine schonungslose Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit und besitzt auch die „Pott-typische“ Härte. Dennoch beschert er mir keine Gänsehaut. Schade, aber für mich ist Pedaz Intensität für eine solch emotionale Mischung nicht wuchtig genug. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er dies in Zukunft hinbekommt, da dies einfach in der DNA eines Ruhrpott-Rappers liegt.

Zu den Beats lässt sich sagen, dass sie ein Musterbeispiel für Homogenität sind und nicht nur Pedaz Raps sondern auch genauso gut seinen Arbeitsalltag hätten untermalen können. Joshimixu, Abaz, Rooq, Johnny Illstrument & Joznez sowie die bereits erwähnten RAF Camora und The Stereoids als Executive Producer haben hier ganze Arbeit geleistet. Ich kann mir gut vorstellen, dass manche Instrumentals Arbeitstitel wie „Jetzt holen wir die Flex raus“ („Presslufthammer“) oder „Mittag mit Pommes Schranke“ („Wat muss dat muss“) getragen haben könnten. Der erwähnte Rock-Einschlag, der sich auch im Albumtitel widerspiegelt, beschränkt sich zwar zumeist auf Gitarren-Sounds, wurden aber durch andere Elemente stets unterschiedlich in Szene gesetzt.

Fazit

„Schwermetall“ ist wie ein Tag auf dem Bau. Es wird geklotzt statt gekleckert und haufenweise politisch unkorrekte Sprüche gerissen. Hin und wieder wird es ein bisschen anstrengend und sentimental, doch am Schluss ertönt die Feierabend-Fanfare.

Top Five Punchlines

Presslufthammer
„Ich bin Arbeiter (A-Biter) so als würd ich Azad’s Texte klauen“

„Es ging ma’ gar nicht, doch jetzt läuft es wieder wie Pistorius“

Kein Spaß
„Komm zur Tour und mach’s wie Fernbedienungen in Frankreich – arte aus“

Hauptsache scheppert
„Und deine Schwester mag Männer aus dem Baltikum / Also hab’ ich Paletten (paar Letten) aufgegabelt wie Staplerfahrer“

„Bastard, bin wie die Kacke von Bob Marley, ich fall’ aus dem Raster“

Wer will jetzt wat?
„Weil sie bei jedem Schwanz feucht ist, ist sie zwangsläufig zwangsläufig“

Full Stream + Cover

Pedaz Schwermetall Cover

Tracklist

01. Auf die Fresse, fertig, los (Video)
02. Presslufthammer (Video)
03. #IchbinPedazunddunicht (Video)
04. Kein Spass
05. Tipp: Wat muss, dat muss (Video)
06. Wie ein Mann (Skit)
07. Wie ein Mann
08. Vakuum feat. RAF Camora
09. Läuft beim Langen
10. Tipp: Hauptsache scheppert (Video)
11. Tipp: Tränen deiner Mutter feat. Haudegen
12. Wer will jetz‘ wat?
13. Kopfsache
14. Feierabend (Skit)
15. Feierabend
16. Wie ein Mann Prachtkerle Remix feat. Motrip, RAF, Silla, JokA, Sinan G, Joshi Mizu, Blut & Kasse, Sido (Video)

Der Beitrag Pedaz – „Schwermetall“ (Review + Album Stream) erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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