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Artist Feature #142: DJ Tomekk

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In der Artist Feature Serie stellen wir euch regelmäßig interessante Musik-Künstler vor. Grundlage des “Artist Feature” sind 15 Fragen, von denen einige immer gleich und einige individuell sind. Heute mit DJ Tomekk.

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Lange nichts mehr von DJ Tomekk gehört. Wie ist es ihm in den letzten Jahren ergangen? Macht er noch Musik? War da nicht mal was mit dem Dschungel Camp? Wie denkt er heute über die Situation und wird er nochmal eine neue Platte releasen?

Diese und ähnliche Fragen gingen mir durch den Kopf, als ich die Anfrage für ein interview mit DJ Tomekk in meinem Postfach fand. Ich muss dabei gestehen, das ich nicht immer ein Fan von seiner Musik gewesen bin, seinen Weg aber immer irgendwie verfolgt habe und großen Respekt für die Kollabos mit GZA, Grandmaster Flash & Co habe. Also nahme ich die Anfrage an.

In der Folge sprachen wir mit dem Berliner über seine Anfangsjahre als DJ, in denen er zusammen mit Kurtis Blow durch die USA tourte, fragten nach, wie sich die Kollabos mit den Ami Rap OGs ergeben haben, wollten wissen, wie er die mediale Berichterstattung um seine Person im Zuge des Dschungel Camps empfunden hat und vieles mehr. Checkt hier das Interview. Viel Spaß!

Wir beginnen das „Artist Feature“ immer mit einem kulinarischen Teil: Welches Restaurant würdest du jemandem empfehlen, der zu Besuch in deiner Heimatstadt ist?

Meine Heimat ist Berlin. In der Warschauer Strasse 33 über dem Veganz gibt es ein cooles Restaurant. Grüne Küche. Dort esse ich zur Zeit gerne.

Was ist deine Leibspeise?

Ich koche am liebsten selbst. Glutenfreie Nudeln, zu denen ich mir verschiedene Saucen mache. Spinat ist bei mir ebenfalls hoch im Kurs. 

Welches Buch hast du zuletzt gelesen?

„Mythos Überforderung“ von Michael Winterhoff. Sehr aktuell.

Was geht für gewöhnlich an Silvester bei dir? Halli Galli oder eher ruhig?

Seit 23 Jahren stehe ich am Silvester an den Turntables. Ich liebe es. 

Machen wir mal einen Zeitsprung zurück: Du bist in Polen geboren, hast allerdings den Großteil deiner Jugend in Deutschland gelebt. Wenn du dich heute zurückerinnerst: Wie und wo hast du damals zur Hip-Hop Kultur gefunden und mit welchen Gedanken verbindest du diese Zeit?

Das war in Berlin. Mit elf Jahren kam ich hierher, um meinen Traum zu leben. Es war mein Traum DJ zu werden, das wusste ich bereits mit 7 Jahren. Dennoch war es unerschwinglich, denn Turntables waren teuer.

Deswegen hatte ich zwei oder drei Jobs neben der Schule, um mir diese zu finanzieren. Eine gute Zeit. Ein Traum und ich ging schnurstracks den Weg dorthin. Alles auf eine Karte setzen. Simpel, dadurch angenehm. Wobei die erste Auszeichnung der Stadt von Los Angeles, die ich mit 18 Jahren für meine erste Platte bekam, auf diesem Weg schon noch etwas besonderes war und heute noch ist. 

In einem Interview habe ich gelesen, das du deine ersten musikalischen Schritte bei Kiss FM unternommen hast. Wie kam das damals zustande und wie hast du dich vor deiner ersten Radiosendung gefühlt?

Ich wollte einfach nur auflegen. Ich ging von Club zu Club mit einem Rucksack voller Platten. Bei Kiss FM bin ich herein gerutscht, weil die erstmal nur fremdsprachige Moderatoren suchten, die gleichzeitig etwas vom Auflegen verstanden. So stand ich mit 16 Jahren zum ersten Mal im Studio eines Radiosenders und durfte moderieren und auflegen.

Anfang der 90er hast du dann im Rahmen deiner Radioarbeit bei Kiss FM die Möglichkeit bekommen, Kurtis Blow zu interviewen. Aus dem Interview hat sich allerdings noch mehr ergeben… Kläre uns doch bitte mal darüber auf.

Ich traf in der Sendung auf Kurtis Blow, der so beeindruckt von meinen Fähigkeiten war, dass er mich direkt auf Tour in die USA mitgenommen hat. Hier durfte ich mit Run DMc und LL Cool J Touren. Ich war damals noch ein Schüler, das war schon etwas besonderes.

Das schöne ist, dass wir bis zum heutigen Tage Freunde geblieben sind. Ich habe Kurtis viel zu verdanken. Ihn zu sehen ist immer eine Freude. Ich bin dankbar dafür, dass wir auch nach so vielen Jahre immer noch gemeinsam spielen und richtige Freunde sind. 

Deine wohl bekanntesten Tracks sind „1, 2, 3 Rhymes Galore“ und „Ich lebe für Hip Hop“. Unterstützt wurdest du damals von Hip-Hop OGs wie Flavor Flav, Jazzy Jeff, Grandmaster Flash und GZA auf der einen sowie Seite, sowie Afrob, den Stiebers und MC Rene auf der anderen. Wie hat sich das damals eigentlich ergeben?

Durch das Touren mit Kurtis lernte ich jede Menge Leute kennen. Als ich dann mit Anfang Zwanzig meine ersten Platten machte, kannten die mich schon und freuten sich, dass sie mitmachen durften. Es war wohl das erste Mal, dass deutsche und Amis zusammen Rap machten und diesen Erfolg dabei hatten. Wegbereitend.

Mir ist wichtig, dass wir einfach nur positiv sein wollten. Das wurde erstmal belächelt, später als spektakulär beschrieben. Ich wünsche mir die Musik von heute wird wieder so motivierend wie damals.

Was denkst du heute über diese Zeit? Welche Gedanken gehen dir durch den Kopf, wenn du an diese Begegnungen zurückdenkst?

Die vielen Reisen und die Zeit im Studio. Ich denke in Bildern. Als Snoop das erste Mal in Las Vegas auf die Bühne gefahren kam – es war kurz bevor der Wu Tang Clan gegründet wurde – das fand ich schon beeindruckend.

Interessant war, das ich damals noch keine 21 war und in vielen Locations, in den wir spielten, noch gar nicht auf die Bühne durfte. Ich durfte eigentlich noch nicht mal rein. So musste ich mich mancherorts durch die Küche hineinschleichen oder die Hintertür nehmen. Das sind schöne Bilder. Die Wüste von Nevada, wow! Oder die vielen halbnackten Frauen, als ich DJ in einer Stripbar in Los Angeles war. Ihre Musikwünsche waren besser als die der Stripperinnen in Deutschland. So kam es dann später zu „Kimnotyze“. 

Was ist eigentlich aus dem Comet geworden, den du 2000 als bester nationaler Newcomer hierzulande erhalten hast?

Den hat meine damalige Freundin beim Putzen ausversehen heruntergeschmissen. Sie wollte ihn mir ersetzten aber hat es bis heute nicht geschafft. Da lobe ich mir die Bravo Ottos – die Sind unkaputtbar. Mit denen kann man auch ganz praktisch mal einen Nagel in die Wand schlagen. Die sind toll.

Mein Lieblingspreis ist allerdings die Auszeichnung der Stadt von Los Angeles aus dem Jahr 1993, die ich für außergewöhnliche Leistung im Bereich Solidarität, Kultur und Völkerverständigung erhielt. Ich wollte ja eigentlich nur eine Platte machen. Dass das etwas so besonderes war, das wurde mir erst viele Jahre später bewusst.

An die Dankesrede vom Comet erinnere ich mich übrigens noch sehr gut. Ich sagte damals, dass ich gerne auflegen möchte. Ich durfte zwar den Preis mitnehmen, aber auf der Afterparty hat einer aufgelegt, der davon keine Ahnung hatte: Es war Til Schweiger. Ich ging dann später zu ihm hin und sagte: „Ich schauspielere ja auch nicht. Warum legst Du auf? Siehst Du nicht, dass die Tanzfläche leer ist?“ 

2008 bist du dann als Kandidat im RTL Dschungelcamp angetreten. Mal ehrlich: Warum hast du dich dazu entschieden dort mitzumachen und wie hast du die spätere mediale Berichterstattung um deine Person wahrgenommen?

Ich zog damals gerade aufs Land. Bezahlter Urlaub war das. Ich klagte im Anschluss gegen die falsche Darstellung und gewann den Prozess. Die gewonnene Gage spendete ich der lokalen Musikschule. Erstaunlich fand ich damals meine Begrüßung am Flughafen: Drei Reihen Paparazzi – deutsche, polnische und amerikanische.

Während die Deutschen irgendwie sauer schauten, waren die Polen und die Amis eher belustigt. Ich dachte „huch, was ist denn hier los. Bin ich jetzt Britney Spears oder was?“ Diese blöden, selbstkreierten Skandale dienen doch nur dazu, den Leser von Sachen abzulenken, die wirklich wichtig sind. Ich denke da im Moment z.B. an das TTIP-Abkommen.

In den Folgejahren ist es etwas ruhiger um dich geworden. Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?

Gut, danke. Ich bin Vater von 3 Kindern und ein leidenschaftlicher Koch und Yogi. Ich toure jedes Wochenende selbst und manchmal auch durch die USA mit Kurtis Blow. Ich arbeite auch am Label und stelle immer wieder fest: Büroarbeit liegt mir nicht. Ich liebe das Singen. Auch als Speaker bin ich immer mal wieder Unterwegs und spreche zu Themen wie: „Lebe Deinen Traum“ und „Techniklösungen“. Außerdem arbeite ich nebenbei auch als Coach. Für DJs und im Bereich persönliche Entwicklung. 

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Aktuell hast du zusammen mit der Sängerin Ena den Track „Niemandskinder“ aufgenommen, mit dessen Erlös Flüchtlinge unterstützt werden sollen. Wie kam es dazu und wann kam dir der Gedanke, dich aktiv für Flüchtlinge einsetzen zu wollen?

Als die ersten Unruhen in Griechenland und Frankreich los gingen, war klar, das sich auch hierzulande etwas verändern wird. Spenden zu sammeln durch Live Shows kenne ich aus den USA – dort wird so die Community zusammengehalten. Als Künstler können und sollten wir hier unsere Stimme für eine gute Sache nutzen. Das ist gut für das Karma.

dj-tomekk-Niemandskinder-Cover„Niemandskinder“ Cover Art

Ich meine, wir müssen alle umdenken. Die Consumer-Mentalität macht uns zu Sklaven. Abhängigkeit ist nicht mein Ding. Sie steht im Gegensatz zur Entfaltung. Wir Künstler müssen kreativ sein. Jeder ist gefragt. Die neuen Medien geben uns allen die Möglichkeit etwas zu bewegen. Im Gegensatz zum Konsumieren. Der Pure Konsum ist unser Tod.  

Die letzten Jahre waren wieder eine sehr gute Zeit für Producer. Nach einer gewissen Durststrecke Mitte der 2000er Jahre erscheinen mittlerweile immer mehr Producer-Alben. Wie hast du diese Entwicklung wahrgenommen und welche Producer feierst du momentan ganz besonders?

Pete Rock, der ist mein Kumpel und ich liebe seine Musik. Diplos Major Lazer fand ich musikalisch cool. Ich machte auch in Jamaica mit Junior Reid gemeinsam Musik. Das Jamaikanische klingt gut. Der beste Producer aller Zeiten ist meiner Meinung nach Quincy Jones. Aus Deutschland fand ich Namika cool und Regy Clasen. Hip-Hop ist dann gut, wenn er sich auf seine Wurzeln besinnt.

Anfang Dezember wird aller Voraussicht nach dein neues Album erscheinen, das in Zusammenarbeit mit dem Wu-Tang-Clan erscheinen soll. Wie verlief der Produktionsprozess und was können wir von dem Longplayer erwarten?

Ich bin noch dabei. Gute Stücke. Imagine all the People. Ich fühle mich im Geiste Verbunden mit John Lennon. 

Die Arbeit am Album geht weiter. Voraussichtliches Release Date: 4.12.2015 #WuTang #OpenHearts „Open Hearts“ von DJ Tomekk & Enahttps://itun.es/de/UDOU9

Posted by Dj Tomekk on Dienstag, 15. September 2015

Wie sieht derzeit ein typischer Produktionsalltag bei dir aus?

Erstmal muss ich mich eingrooven, checken was auf meiner Seele liegt. Dann schließe ich mich ein, mache den Beat, schreibe, singe oder rappe ein. Ich schreibe oftmals Gedichte, die Melodien überfallen mich. Die singe ich in meine Smartphones und spiele sie später ein.

Im Anschluss kommen dann die Leute zu mir, die auf dem Track dabei sind. Um ehrlich zu sein arbeite ich gerne allein. Am spannendsten finde ich die ersten Schritte, die Idee hinter dem Ganzen. Der Rest – also die Umsetzung – ist dann nur noch Handwerk. Deswegen mag ich Bobby McFerrin oder die Prinzen so gerne. Beatbox Musik sozusagen.

Das finale Ausproduzieren dauert lange. Deswegen mache ich so selten Platten. Es soll ja auch gut sein, denn in unserer Zeit geht oftmals alles schnell, schnell. Fatale Entwicklung. Damit es gut ist, braucht es Zeit. Die Platten haben ja die Tomekk Qualität, das braucht seine Zeit. Alle guten Ideen brauchen Zeit.  Früchte brauchen auch Zeit zum reifen. 

Bitte erzähle uns zum Abschluss noch eine Anekdote aus deiner inzwischen gut 20-jährigen Karriere.

Als ich das letzte Mal mit Kurtis Blow tourte, kam eine junge Frau auf mich zu und wollte ein Autogramm haben. Erst danach bemerkte sie, dass ich nicht Kurtis Blow bin, drehte sich um und ging einfach weg.

Ich erinnere mich auch daran, das ich im Sommer in der Bronx in einem Park auflegte. Ich glaube ich war der einzige Weiße dort. Ich dachte mir: Hop oder top und sagte ins Mic „Put Your hands up“ und dachte naja, entweder schmeißen die jetzt mit Bechern nach mir oder machen mit. Gott sei Dank haben sie mitgemacht. 

Zum Abschluss haben wir noch ein paar Sätze zum vervollständigen: Eine Hörspiel-CD über mein Leben sollte gesprochen werden von, …

Ich mag es wenn die Biographien von den Leuten selbst eingesprochen werden. Aber Keith Richards würde es auch tun. 

Fünf Minuten, bevor die Show losgeht, …

Zurückziehen, Ruhe. Ich bin vor Shows aufgeregt, da rede ich nicht gern. Auch Fotos und Autogrammstunden sind mir hinterher lieber. 

Dort, wo ich herkomme, ist das Wichtigste, …

Wasser. Auch wo ich hin gehe. 

Was hast du vor dem Interview gemacht?

Meine Rechnungen bezahlt. 

Der Beitrag Artist Feature #142: DJ Tomekk erschien zuerst auf RAP-N-BLUES.com.


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